Vertrag über Webseitenerstellung: Die „Detailabstimmung“

Ich habe beim Amtsgericht Köln (116 C 108/16) eine schöne Entscheidung zu einem Vertrag über eine Webseitenerstellung gefunden. Streit gab es um ein Rücktrittsrecht: Laut Angebot konnte der Kunde kostenlos vom Vertrag zurücktreten, wenn er es sich vor einer nicht näher bezeichneten „Detailabstimmung“ bzw. innerhalb von 24 Stunden danach anders überlegt und den erklärt – doch was ist eine Detailabstimmung? Der Anbieter verstand hierunter die Festlegung der Details vor Erstellung der Website; der Kunde verstand hierunter einen Zustand, der erst mit Abnahme der Website beendet sei.

Das Gericht hat festgestellt, dass vorliegend keineswegs erst auf den Zeitpunkt der Abnahme abzustellen ist, wobei die Entscheidung ebenso nachvollziehbar wie wenig überraschend ist – schon die Wortwahl macht deutlich, dass offensichtlich der Zeitpunkt gemeint ist, ab dem Klar ist, was nun konkret umzusetzen ist. Die Entscheidung ist vielmehr ein deutliches Zeichen für klar gefasste Verträge, der Streit hätte vermieden werden können indem deutlich(er) definiert ist, unter welchen Umständen ein Rücktrittsrecht vorliegen soll.


Aus der Entscheidung:

Eine Auslegung der Regelung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass der Begriff „Detailabstimmung“ im vorgenannten Sinne zu verstehen ist. Ausweislich des Angebots sollen im Rahmen der Detailabstimmung das und die Inhalte der Website mit dem Kunden abgestimmt werden. Diese Absprachen müssen vor Erstellung der Website getroffen werden. Die Klägerin kann keinen sinnvollen Website-Entwurf erstellen, ohne zuvor mit dem Kunden das Design und die Inhalte abgestimmt zu haben. Zudem zeigt auch der Umstand, dass das Rücktrittsrecht 24 Stunden nach der Detailabstimmung enden soll, dass mit „Detailabstimmung“ eine an einem konkreten Termin stattfindende Besprechung gemeint ist, und nicht der gesamte Kommunikationsprozess der Parteien während und nach Erstellung der Website bis zur vollständigen Zufriedenheit des Kunden und der Abnahme. Auch die Verwendung des Singulars „Detailabstimmung“ macht deutlich, dass hiermit ein einzelner Besprechungstermin gemeint ist. Im Angebot ist gerade nicht von „Detailabstimmungen“ die Rede. Ferner spricht auch die Interessenlage für eine Auslegung im vorgenannten Sinne. Aus Sicht der Klägerin besteht ein Interesse daran, dass sie den maßgeblichen Teil ihrer Leistung erst dann erbringt, wenn Gewissheit über den Fortbestand des Vertrages besteht. Ein Durchschnittskunde würde daher den Angebotstext nicht so verstehen, dass die Klägerin dem Kunden ein Rücktrittsrecht noch über den Zeitpunkt der vollständigen Leistungserbringung hinaus einräumt. Andererseits wird dem Interesse des Kunden durch die vorstehende Auslegung hinreichend Rechnung getragen. Der Kunde erhält durch das befristete Rücktrittsrecht die Möglichkeit, zunächst den Inhalt und das Design der Website mit der Klägerin zu besprechen. Sollte sich etwa im Rahmen dieser Besprechung herausstellen, dass die Wünsche und Vorstellungen des Kunden nicht umgesetzt werden können oder dem Kunden die von der Klägerin angebotenen Vorlagen nicht gefallen, erhält er die Möglichkeit, vom Vertrag Abstand zu nehmen.(…)

Hingegen kann die Regelung zum Rücktrittsrecht im Angebot nicht so ausgelegt werden, dass mit „Detailabstimmung“ der fortlaufende Abstimmungsprozess der Parteien bis zur Abnahme der Website gemeint ist. Dies ergibt sich schon aus den vorstehenden Ausführungen. Hätte die Klägerin beabsichtigt, dem Kunden ein 24 Stunden nach der Abnahme endendes Rücktrittsrecht einzuräumen, wäre naheliegender Weise die Abnahme der Website als zeitlicher Anknüpfungspunkt in die Regelung aufgenommen worden. Eine Auslegung dahingehend, dass der Kunde bis 24 Stunden nach der Abnahme zurücktreten kann, ist zudem interessenwidrig. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin durch Einräumung eines großzügigen Rücktrittsrechts die Bereitschaft ihrer Kunden zum Vertragsschluss fördert, hat sie kein Interesse daran, dass der Kunde noch zu einem Zeitpunkt zurücktreten kann, zu dem sie ihre Leistung bereits vollständig erbracht hat. Der Kunde hat ebenfalls kein erkennbares Interesse daran, nach Vorlage des Website-Entwurfs noch weitere Abstimmungen mit der Klägerin vorzunehmen und das Werk sogar abzunehmen, um sich sodann noch vom Vertrag zu lösen. Zwar mag der Kunde ggf. ein Interesse daran haben, über den Fortbestand des Vertrages erst zu entscheiden, wenn er den von der Klägerin erstellten Website-Entwurf kennt. Wäre eine solche Regelung beabsichtigt gewesen, wäre dem Kunden allerdings naheliegender Weise ein Rücktrittsrecht bis 24 Stunden nach Übermittlung des Website-Entwurfs eingeräumt worden. Eine solche Regelung enthält das Angebot der Klägerin aber nicht. Der Umstand, dass die Vertragsanbahnung im Wege des Telefonmarketings erfolgte, ändert an der Interessenlage nichts.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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