Die Werbung mit bequemen Zahlungsmodalitäten wie dem „Kauf auf Rechnung“ ist ein beliebtes Mittel im Online-Handel, um Kunden zu gewinnen. Doch was passiert, wenn die Bedingungen für diese Zahlungsart nicht klar kommuniziert werden? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 11. September 2025 (I ZR 14/23) klargestellt, dass die Bewerbung eines „bequemen Kaufs auf Rechnung“ ohne ausreichende Information über mögliche Vorbehalte – wie eine Kreditwürdigkeitsprüfung – eine irreführende geschäftliche Handlung darstellen kann.
Werbung ohne klare Bedingungen
Die Beklagte, ein Online-Versandhändler, warb auf ihrer Website mit dem Slogan „Bequemer Kauf auf Rechnung“. Ein Verbraucherschutzverein sah darin eine irreführende Werbung, weil die Angabe nicht deutlich machte, dass der Kauf auf Rechnung nur unter dem Vorbehalt einer Kreditwürdigkeitsprüfung möglich war. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, da sie keine Irreführung sahen. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies den Fall zur erneuten Prüfung zurück – mit der Begründung, dass die Werbung möglicherweise gegen Informationspflichten verstößt.
Wann wird Werbung irreführend?
Der BGH prüfte zwei zentrale Fragen: Erstens, ob die Werbung mit „Kauf auf Rechnung“ eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt. Zweitens, ob die Beklagte gegen Informationspflichten nach § 5a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Telemediengesetzes (TMG) beziehungsweise des Digitalen-Dienste-Gesetzes (DDG) verstoßen hat.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Werbung nicht zwingend irreführend im Sinne des § 5 UWG sein muss, da Verbraucher nicht automatisch davon ausgehen, dass ein Kauf auf Rechnung bedingungslos möglich ist. Allerdings könnte die Angabe gegen die Pflicht verstoßen, wesentliche Informationen nicht vorzuenthalten. Hier setzt § 5a UWG an, der verlangt, dass Verbraucher alle Informationen erhalten, die sie für eine informierte Kaufentscheidung benötigen.
„Kauf auf Rechnung“ als Angebot zur Verkaufsförderung
Zentraler Punkt der Entscheidung war die Frage, ob die Bewerbung des „Kaufs auf Rechnung“ als Angebot zur Verkaufsförderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG (bzw. DDG) einzustufen ist. Der BGH folgte hier der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der in einem Parallelverfahren (C-100/24) klargestellt hatte, dass eine solche Zahlungsmodalität einen geldwerten Vorteil darstellt – selbst wenn dieser nur geringfügig ist.
Der Vorteil liegt darin, dass der Kunde den Kaufpreis erst nach Erhalt der Ware zahlen muss und keine sensiblen Zahlungsdaten preisgeben muss. Zudem entfällt bei einer Rückabwicklung das Risiko, eine Vorleistung zurückfordern zu müssen. Diese Aspekte können das Kaufverhalten beeinflussen und sind daher als verkaufsfördernd einzustufen. Folglich müssen die Bedingungen für den „Kauf auf Rechnung“ klar und leicht zugänglich kommuniziert werden.
Pflicht zur transparenten Information
Der BGH betonte, dass die Bedingungen für den „Kauf auf Rechnung“ nicht erst im Bestellprozess, sondern bereits auf der Werbeseite selbst klar und unzweideutig angegeben werden müssen. Ein bloßer Hinweis an späterer Stelle – etwa im Kleingedruckten oder hinter einem Link – reicht nicht aus, wenn die Werbung den Eindruck erweckt, sie sei vollständig.
Das Gericht verwies darauf, dass Verbraucher bei einer scheinbar vollständigen Angabe wie „Bequemer Kauf auf Rechnung“ keinen Anlass sehen, nach weiteren Informationen zu suchen. Fehlt der Hinweis auf eine Kreditwürdigkeitsprüfung, kann dies eine wesentliche Information vorenthalten – und damit gegen § 5a UWG verstoßen.

Praktische Konsequenzen für den Online-Handel
Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für Online-Händler, die mit Zahlungsmodalitäten wie dem „Kauf auf Rechnung“ werben. Sie müssen sicherstellen, dass alle Bedingungen – insbesondere mögliche Vorbehalte wie Bonitätsprüfungen – bereits auf der Werbeseite selbst deutlich sichtbar sind. Ein bloßer Verweis auf spätere Erläuterungen im Bestellprozess genügt nicht.
Für Verbraucherschützer ist das Urteil ein Erfolg, da es die Transparenzpflichten im E-Commerce stärkt. Händler, die ihre Werbung nicht anpassen, riskieren Abmahnungen und Unterlassungsklagen. Es ist wieder einmal zu bemerken, wie selbst scheinbar kleine Details in der Werbung große rechtliche Konsequenzen haben können – und dass Verbraucher ein Recht auf vollständige Information haben, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen.
Klarheit als Pflicht, Transparenz als Standard
Der BGH hat hier die Messlatte für transparente Werbung im Online-Handel höher gelegt. Wer mit Zahlungsmodalitäten wie dem „Kauf auf Rechnung“ wirbt, muss sicherstellen, dass alle relevanten Bedingungen sofort erkennbar sind. Die Entscheidung ist ein klares Signal an Händler, dass Werbung nicht nur anlockend, sondern auch informativ sein muss – und dass Verbraucher nicht durch unvollständige Angaben in die Irre geführt werden dürfen.
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