Informationsfreiheit für amtlichen Quellcode?

Das der Quellcode einer Software keine amtliche Information im Sinne des Informationsfreiheitsrechts ist, hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden (6 K 784/21.WI) klargestellt. Hier hatte jemand einen Anspruch auf Auskunft über den Quellcode sämtlicher im Schulportal des Landes vorhandenen Anwendungen für sich erkannt – was das Gericht zurückgewiesen hat.

So hebt das Gericht hervor, dass es sich bei Quellcode nicht um eine amtliche Information im Sinne des § 80 Abs. 1 S. 1 HDSIG handelt – und es sich damit nicht um einen tauglichen Anspruchsgegenstand handelt:

Amtliche Informationen im Sinne des § 80 Abs. 1 S. 1 HDSIG sind nach § 80 Abs. 1 S. 3 HDSIG alle amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Legaldefinition ist erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahren dem ursprünglichen Entwurf hinzugefügt worden und sollte der Klarstellung dienen (LTDrucks. 19/6300). In der ursprünglichen Begründung des Gesetzes war sie bereits genannt worden (LT-Drucks. 19/5728, S. 126). Sie entspricht dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 IFG. Mit Blick auf den Gesetzeszweck des HDSIG – Verwaltungshandeln zukünftig offener und transparenter zu gestalten, öffentliche Partizipation und Kontrolle staatlichen Handelns sowie die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern (…).

Definition von Quellcode

Das Gericht definiert sogar, wann ein „Quellcode“ vorliegt: „Ein Quellcode ist eine Zeichenfolge, die einem Rechner eine bestimmte Art der Informationsverarbeitung vorgibt und so einen Programmablauf beschreibt. Er ist per se als Rechenbefehl an eine Maschine gerichtet und folgt daher einem binären Schema (1/0, an/aus); zur Bearbeitung durch Menschen wird Quellcode in unterschiedlichen Programmiersprachen verfasst, folgt dabei aber stets logischmathematischen Regeln. Zum Verständnis eines Computerprogramms bzw. einer Anwendung ist, wie der Kläger richtig ausführt, letztlich der Quellcode entscheidend. Aus ihm ergibt sich, auf welche Weise Informationen verarbeitet werden.“

Die Abfassung des Quellcodes in einer Programmiersprache stellt mit dem Gericht zwar eine Aufzeichnung dar. Sie vermittelt zugleich Wissen über den Programmablauf und ist damit eine Information. Insoweit mag der Quellcode eine Aufzeichnung im Sinne des hier betroffenen Informationsfreiheitrecht sein sein. Die Aufzeichnung von Quellcode dient allerdings mit dem VG nicht amtlichen Zwecken:

Diese Finalität ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, um von einer amtlichen Information auszugehen (…). Der Grund liegt darin, dass die mit der durch das Informationsfreiheitsrecht verfolgten Verbesserung der Kontrolle von Verwaltungshandeln durch die Bürger es nicht erforderlich macht, außerhalb des Verwaltungshandelns liegende Bereiche in den Anwendungsbereich des Gesetzes einzubeziehen.

Die Aufzeichnung von Quellcode durch den Programmierer ist ein notwendiger Arbeitsschritt bei der Erstellung eines Programms. Selbst wenn der Programmierer hierbei Mitarbeiter des Beklagten, etwa der HZD oder der Lehrkräfteakademie ist, übt er hierbei keine Hoheitsgewalt aus, sondern handelt letztlich fiskalisch. Der Besitz der Aufzeichnung des Quellcodes ist für die staatliche Aufgabenerfüllung, selbst für die Arbeit mit einem hierauf beruhenden Programm, nicht erforderlich. So verfügt das Land Hessen nicht über den Quellcode des Betriebssystems Windows, obwohl seine Mitarbeiter-IT ganz wesentlich auf diesem Produkt aufbaut.

Die Information ist, mit anderen Worten, für Verwaltungshandeln nicht erforderlich, ebensowenig, wie Angaben über die Beschaffenheit von Kugelschreibern, Zimmertüren oder Dienstwagenkarosserien eine amtliche Information sind (…). Demnach ist der Zweck der Aufzeichnung auch kein amtlicher Zweck.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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