Das OLG Schleswig (2 U 12/11) hat sich mit Urteil vom 3. Juli 2012 mit zwei durchaus beliebten Streitpunkten bei (Pre-Paid-)Handyverträgen beschäftigt:
- Mit der „Nichtnutzungsgebühr“, die fällig werden soll, wenn man längere Zeit nicht telefoniert hat, sowie
- einem „Rückgabepfand“, das fällig werden soll, wenn nach Vertragsende die SIM-Karte nicht zurückgegeben wird.
Und wieder einmal hat am Ende ein Mobilfunkanbieter sich von einem Gericht erklären lassen müssen, dass nicht alles in AGB möglich ist, was sich für ihn schön liest. Im Ergebnis wurden beide Klauseln gekippt, im Folgenden dazu jeweils im Detail.
Nichtnutzungsgebühr
Das Gericht stellt als erstes klar, dass in einer „Nichtnutzungsgebühr“, die nach einem bestimmten Zeitraum der Inaktivität fällig sein soll, zu sehen ist, dass hier eine Leistung des Kunden stattfinden soll (Geldzahlung), der keine Gegenleistung des Vertragspartners gegenüber steht. Das OLG sieht hier im Ergebnis eine Art „Strafzahlung“, also quasi eine Vertragsstrafe, die in AGB vereinbart werden soll für den Fall, dass der Kunde „zu selten“ telefoniert. Gleich wie man es dreht: Entweder liegt eine Zahlungspflicht vor für den Fall, dass gar keine Leistung durch den Mobilfunkanbieter erfolgte, dann ist es eine einseitig benachteiligende Regelung die nach §307 BGB unwirksam ist; oder es ist tatsächlich eine Art Vertragsstrafe oder pauschalierter Schadensersatz für den Fall der Nichtnutzung, was nach §309 Nr.5a,b BGB unwirksam ist. Eine solche „Nichtnutzungsgebühr“, die faktisch immer eine Strafzahlung ist, wird letztlich wohl keine AGB-Kontrolle überleben.
Dass der Mobilfunkanbieter darauf verweist, dass es Preispolitik ist, das Nutzungsverhalten zu steuern und dadurch die entsprechenden Preise erst geboten werden können, dringt beim OLG nicht durch: „Wenn die Beklagte [Mobilfunkanbieter] das Nutzungsverhalten ihrer Kunden steuern will, mag sie ihre Tarife so kalkulieren und im Wettbewerb anbieten, dass diese für Vielnutzer attraktiv sind.“.
Pfandgebühr
Ja, der Mobilfunkanbieter wollte tatsächlich eine „Pfandgebühr“ erheben. Das lief über diese Klausel:
„7.1 Die zur Verfügung gestellte SIM-Karte bleibt im Eigentum der T… . Für die SIM-Karte wird eine Pfandgebühr wird fällig. Die Höhe der Pfandgebühr richtet sich nach der jeweils bei Vertragsabschluss gültigen Service- und Preisliste. Sie wird dem Kunden nur dann mit der Endabrechnung in Rechnung gestellt, wenn er diese nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsende an T… zurücksendet.“
Alleine das Wort ist dabei schon kritikwürdig, wie das OLG vollkommen korrekt ausführt:
Der von der Beklagten geschaffene Begriff der „Pfandgebühr“ ist in sich widersprüchlich. Ein Pfand ist eine Sicherheit, während eine Gebühr ein Entgelt ist.
An dem Punkt war es schon vorbei, denn wenn das Wort nicht zu verstehen ist, wird kein Verbraucher die dahinter stehende Regelung mehr „klar“ verstehen können. Auch ist es zu Recht vom OLG als widersprüchlich gekennzeichnet worden, wenn mit der Endabrechnung der Betrag in Rechnung gestellt wird bei Nicht-Rücksendung: man muss doch gerade den Eindruck haben, dass der Betrag dann endgültig beim Mobilfunkanbieter verbleibt und eben nicht (wie ein Pfand) noch zurückgezahlt werden kann. Das Gericht geht lebensnah davon aus, dass der durchschnittliche Kunde den Betrag einfach „abschreiben“ und ihm nicht hinterher laufen wird.
Damit aber entsteht nun wieder obige Situation: Man zahlt für etwas, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Wieder einmal sieht es aus wie eine Strafzahlung oder ein pauschalierter Schadensersatz – beides geht, siehe oben, in dieser Form nicht durch. Anders wäre es sicherlich, wenn es sich um ein „echtes Pfand“ handelt, wenn also klar gestellt wird, dass für die SIM-Karte eine Sicherheit zu leisten ist, die bei Rückgabe auch problemlos zurückgezahlt wird.
Fazit
Wieder einmal wurden ungültige AGB bei Mobilfunkanbietern gekippt, wieder einmal werden es nicht die letzten gewesen sein. Es verbleibt die Frage, warum sich Mobilfunkanbieter überhaupt auf diese Peinlichkeiten einlassen – die vorhandenen Gewinnspannen sollten durchaus reichen, den Kunden als solchen zu behandeln – und nicht als Melkkuh, die man noch mit Tricks zu ärgern versucht.
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