ODR-Verordnung: Webseite muss Link zur OS-Plattform anbieten

Wer Waren oder Dienstleistungen im Internet anbietet, der muss auf seiner Webseite einen Link zur OS-Plattform im Sinne der ODR-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 524/2013) bereitstellen. Doch inzwischen gibt es zwei Streitfragen mit divergierender Rechtsprechung zu dieser scheinbar einfachen Thematik:

  • Muss es sich um einen anklickbaren Link handeln?
  • Ist auf einem Marktplatz wie der einzelne Anbieter verpflichtet, selber nochmal auf die Möglichkeit der Schlichtung hinzuweisen?

Die Rechtsprechung geht hier unterschiedliche Wege – eine undankbare Situation, da gerade in diesem Bereich Abmahnungen verbreitet sind.

Muss Link zur OS-Plattform anklickbar sein?

Das LG Hamburg (315 O 189/16) hat entschieden, dass der zu machende Hinweis auf die Möglichkeit der Einschaltung der Schlichtungsstelle gemäß der ODR-Verordnung verlinkt, also anklickbar, sein muss:

In der Sache folgt der Anspruch jedenfalls aus §§ 3, 3a, 8 UWG in Verbindung mit Art. 14 Abs.1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-VO EU) vom 21.05.2013. Der fehlende Hinweis auf die Möglichkeit der Einschaltung der Schlichtungsstelle und die fehlende Verlinkung gemäß Art. 14 Abs.1 ODR-VO EU beeinträchtigen die Verbraucherinteressen spürbar, weil sie die Information über die Möglichkeit der Wahrnehmung von Verbraucherrechten betreffen. Antragsteller hat durch Vorlage der screenshots der Homepage einschließlich der Unterseiten , Kontakt und AGB sowie durch seine eidesstattliche Versicherung ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Verlinkung am 13.05.2016 fehlte. Eine wurde auf die hin nicht abgegeben.

So sah es inhaltlich wohl auch das OLG München (29 U 2498/16). Man sollte also darauf achten, die entsprechenden Angaben „klickbar“ zu halten. Diese Rechtsprechung wurde inzwischen auch vom Oberlandesgericht Hamm (4 U 50/17) bestätigt, dass entschieden hat: „Unter einem „Link“ im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-Verordnung) ist eine „anklickbare“ Verknüpfung zu verstehen; die bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform genügt nicht.“

Muss man in jedem einzelnen Angebot einen Link zur OS-Plattform bereit halten?

Jedenfalls das Oberlandesgericht Hamm (4 U 50/17) sieht die Pflicht, den Hinweis auf die OS-Plattform in jedem einzelnen Angebot auf einer Seite wie eBay aufzunehmen: „Die Verpflichtung zur eines Links zur OS-Plattform nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der ODR-Verordnung besteht auch für die einzelnen Angebote auf einer Internetplattform wie „ebay“.

Anders sah dies das LG Dresden (42 HK O 70/16 EV), dass in seiner Entscheidung davon ausging, dass die in der ODR-Verordnung geregelte Verpflichtung, „auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform“ einzustellen, so zu verstehen ist, dass Unternehmer dem nur auf einer eigenen „Website“, mithin einer „vom Händler selbst gestalteten Seite“, nachkommen müssen, was bei einem Handel über einen Online-Marktplatz nicht der Fall sein soll. Diese Rechtsprechung wurde durch das OLG Dresden (14 U 1462/16 und 14 U 732/17) ausdrücklich gestützt:

Der Wortlaut der Vorschrift stellt entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die Angebote oder Angebotsseite, sondern ausdrücklich auf die zugehörige Website ab. Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR -Verordnung haben die Online-Verträge eingehenden Unternehmer und die Online-Marktplätze den Link auf „ihren Websites“ einzustellen. Die Stelle für die Einbindung des Links ist die eigene Website, nicht das eigene Angebot auf einer fremden Website. Das Possessivpronomen „ihren“ macht abgrenzend deutlich, dass ein Online-Händler, der auf der Website eines Online-Marktplatzes Angebote einstellt, nicht dort, sondern bei sich einen Link bereitstellen muss. Die Website des Online-Marktplatzes und das dort erscheinende Angebot sind nicht die Website des Online-Händlers, so dass der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR -Verordnung das Klagebegehren nicht stützt.

Dieser Auffassung stellte sich das OLG Koblenz (9 W 426/16) dann entgegen:

Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Das LG Dresden stellt allein auf ein bestimmtes technisches Verständnis des Begriffs „Website“ ab, ohne den mit der ODR-Verordnung verfolgten Zweck zu berücksichtigen, der aus Sicht des Senats bei einem rein technischen Verständnis der Norm unterlaufen würde. Der Regelungszweck der ODR-Verordnung gebietet eine weite Auslegung des Begriffs „Website“ dahingehend, dass hierunter auch Angebotsseiten von Online-Unternehmern auf Online-Marktplätzen fallen. Sinn und Zeck der in der EU-Verordnung geregelten Verpflichtung ist es nämlich, das Vertrauen der Verbraucher in den digitalen Binnenmarkt zu stärken, damit der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen auch im Online-Bereich gewährleistet wird. Dies setzt nach Erwägungsgrund 2 der ODR-Verordnung voraus, dass die Verbraucher Zugang zu einem einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Streitbeilegungsverfahren für Streitigkeiten aus Online-Verkäufen oder Online-Dienstleistungen haben. Um ein solches, über die OS-Plattform zur Verfügung gestelltes Streitbeilegungsverfahren überhaupt nutzen und dessen Möglichkeiten bei der Kaufentscheidung berücksichtigen zu können, bedarf es einer einfach zugänglichen Kenntnisnahmemöglichkeit der OS-Plattform bei möglichst vielen Verbrauchern. Der Verzicht auf eine eigene Verlinkung durch die auf Online-Marktplätzen tätigen Online-Unternehmer gewährleistet gerade nicht, dass Verbraucher auf einfache Weise Kenntnis von dem Streitbeilegungsverfahren nehmen können, wenn sie – wie im Regelfall – die sie interessierenden Angebote des Onlinehändlers studieren, ohne nach weiter gehenden Informationen zu einem Vertragsabschluss mit eben diesem Händler auf der Verkaufsplattform eines Online-Marktplatzes zu suchen. Für dieses weite Verständnis der in Art. 14 der ODR-Verordnung geregelten Informationspflichten spricht auch, dass der Verordnungsgeber grundsätzlich alle Online-Unternehmer in die Pflicht nimmt, selbst wenn sie von vornherein nicht zu einer (freiwilligen) Teilnahme an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren bereit sind und die Verlinkung ihren Kunden bei einem mit ihnen abgeschlossenen Online-Vertrag nicht zugutekommt.

Die Pflicht zur Verlinkung gilt deshalb sowohl für Unternehmer, die eine eigene Internetseite betreiben als auch für Unternehmer, die sich einer Verkaufsplattform wie … bedienen.

 

Fazit: Fehlender Link zur OS-Plattform

Im Kern ist es einfach: Wer den Link zur OS-Plattform gar nicht bereit hält begeht einen Wettbewerbsverstoss und kann abgemahnt werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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