Unternehmenstradition: Zur „Alterswerbung“ mit Unternehmensgeschichte

Alterswerbung findet im Werberecht ihre Grenzen – eine rechtliche Übersicht zu wichtigen Fragen bei der Alterswerbung.

Werbung mit Unternehmenstradition: „Alterswerbung“ ist beliebt – immer wieder liest man, dass Unternehmen mit Familientradition und „100jähriger Erfahrung“ werben. Das kommt bei den Kunden gut an, schliesslich wird jemand, der in der dritten Generation ein spezielles Handwerk im gleichen Betrieb ausübt, schon gut wissen, was er tut.

Aber: Nicht jeder darf damit werben und gerne gibt es Streit darüber, ob das beworbene Unternehmen wirklich eine so alte wie beworbene Tradition bietet.

Keine Bewerbung mit Unternehmensgeschichte  bei fehlender Unternehmenskontinuität

So hat das Landgericht Arnsberg (8 O 104/11) klar gemacht, dass Alterswerbung bei fehlender Unternehmenskontinuität unzulässig ist. Das LG drückt es so aus:

„Der Hinweis auf das Alter eines Unternehmens suggeriert Kontinuität. Daher muss die wirtschaftliche Fortdauer während der behaupteten Jahre vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können, damit die Werbung mit dessen Gründungsjahr sachlich gerechtfertigt ist. Erforderlich ist dafür grundsätzlich Geschäftskontinuität, während die bloße Namenskontinuität nicht ausreicht (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5, RN 5.58).“.

Übersetzt heisst das: Wenn (wie in dieser Sache) die vielen Bestandsjahr nur zu Stande kommen, weil es vormals einen Betrieb gab, der insolvent wurde und dessen Betriebs- und Geschäftsausstattung von einem anderen Betrieb aufgekauft wurde, reicht das nicht! So etwas ist nicht die ausreichende „Kontinuität“, denn die Erwartungshaltung beim angesprochenen Kunden, wird nicht erfüllt. Andererseits gilt, dass wenn eine wirtschaftliche Kontinuität gegeben ist, es regelmäßig unerheblich ist, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolgen, Änderungen des Firmennamens oder der Rechtsform erfolgt sind (OLG Hamburg, 3 W 16/20).

Bedeutsamkeit von Alterswerbung

Die wettbewerbsrechtliche Relevanz von Alterswerbung sieht auch das OLG München (29 U 1883/13). Dieses führt es recht ausführlich aus – und zudem verständlich:

Eine irreführende Alters- und Traditionswerbung ist in der Regel für die Marktentscheidung von Bedeutung. Dabei muss es sich nicht um den ausschlaggebenden Gesichtspunkt handeln. Es reicht aus, wenn der Hinweis auf Alter und Tradition einen positiven Einfluss auf die Kaufentscheidung hat.

Auch der verständige Verbraucher kann in seiner Kaufentscheidung maßgeblich durch Erwägungen beeinflusst werden, die sich einer rationalen Überprüfung entziehen. So stellt eine lange Geschäftstätigkeit ein verstecktes Qualitätssignal dar, das positive Assoziationen weckt und die Kaufentscheidung positiv beeinflussen kann (…), zumal in einem Bereich, der in besonderem Maße Verlässlichkeit und Seriosität erfordert. Stellt ein Hersteller in seiner Werbung ein Merkmal heraus, deutet die von ihm selbst diesem Merkmale eingeräumte Bedeutung darauf hin, dass dem auch ein korrespondierendes Verbraucherinteresse entspricht (…)

Dies liegt auf einer Linie mit dem BGH (I ZR 276/99) der „positive Assoziationen“ bei Alterswerbung geweckt sieht. Es steht also grundsätzlich eine wettbewerbsrechtliche Relevanz im Raum.

Wann liegt Unternehmenskontinuität vor?

Bei der Unternehmenskontinuität ist nicht auf formale Gesichtspunkte zu achten, sondern auf die faktische Organisationseinheit und deren bestehen. Unschädlich sind also Umfirmierungen, solange die Einheit als solche konstant existiert, wie das Oberlandesgericht Hamm (4 U 129/11) deutlich gemacht hat:

Die Angabe des Alters eines Unternehmens ist nur wahr, wenn das Unternehmen in dem beworbenen Geschäftszweig als sachliche Einheit kontinuierlich fortbestanden hat. Dazu kommt es nicht auf die gesellschaftsrechtliche Identität über den behaupteten Zeitraum an. Entscheidend für die Wahrheit der Behauptung ist daher nicht die Identität des Unternehmensträgers, wohl aber die Kontinuität des Unternehmens selbst als sächliche Organisationseinheit (…)

An einer solchen Kontinuität fehlt es noch nicht, wenn das Unternehmen den Träger wechselt, wohl aber, wenn ein Unternehmen in seinem Kern nicht bis in das behauptete Gründungsjahr zurückzuverfolgen ist. Bei einer Werbung mit einer Altersangabe, die das Unternehmen für die in Anspruch genommene Zeit ungeachtet etwaiger Änderungen im Laufe der Zeit wirtschaftlich als Einheit erscheinen lässt, ist die Unternehmenskontinuität in diesem Sinne gegeben und der wesentliche Charakter eines Unternehmens in der angegebenen Zeit gewahrt. Haben keine dauerhaften Unterbrechungen diese Kontinuität gestört, kann in der Werbung mit dem Alter eines Unternehmens keine Irreführung gesehen werden.

Aufspaltung muss kenntlich gemacht werden

Wichtig ist dann auch, dass eine eventuelle Unternehmensaufspaltung deutlich gemacht wird, so das OLG Frankfurt (6 U 167/14):

Die Werbung mit einer jahrzehntelangen Unternehmensgeschichte kann irreführend sein, wenn es im Laufe dieser Geschichte zu einer Aufspaltung zwischen dem werbenden Unternehmen und einem gleichnamigen anderen Unternehmen gekommen ist und – ohne dass der Umstand der Aufspaltung für den Werbeadressaten hinreichend erkennbar ist – in der Werbung Leistungen aus der Zeit vor der Aufspaltung als Bestandteil der Unternehmensgeschichte dargestellt werden.

Fazit zur Alterswerbung

Das bedeutet, im geschäftlichen Verkehr muss darauf geachtet werden, eine solche Unternehmenskontinuität nicht dann vorzutäuschen, wenn sie nicht vorliegt. Zwar wäre es vielleicht zulässig, auf einen traditionsreichen Namen zu verweisen, aber eben nicht auf ein nicht vorhandenes fortlaufendes Unternehmen mit gleicher kontinuierlicher Wirtschaftstätigkeit.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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