Verbraucherinformationsgesetz und Gastro-Ampel – Urteil des VG Düsseldorf

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (26 K 4876/13) hatte sich zur „Gastro-Ampel“ zu äußern und hat hinsichtlich der Übermittlung von Kontrollwerten durch die Behörde an eine Verbraucherzentrale erkannt:

  • Das Verbraucherinformationsgesetz enthält keine Rechtsgrundlage für die Weitergabe des aus einem bloßen Punktwert bestehenden Bewertungsergebnisses einer Kontrolluntersuchung eines Gastronomiebetriebes durch ein Lebensmitteluntersuchungsamt an eine Verbraucherzentrale
  • Das Verbraucherinformationsgesetz erlaubt lediglich die Weitergabe konkreter Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen oder allgemeiner Erkenntnisse aus der Lebensmittelüberwachung

Die Entscheidung steht im Einklang mit früheren Entscheidungen zum Thema, auch wenn es hier nun konkret um die Übermittlung von Punktwerten an die Verbraucherzentrale geht. Neu ist der Aspekt des Verbraucherinformationsgesetzes, das durchaus überraschend nicht weitergeholfen hat. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Gaststätten sollten daran denken, dass die Verbraucherzentralen Verbraucher aktiv dabei unterstützen „auf eigene Faust“ Informationen zu erhalten.

§ 40 Abs. 1 a LFGB

In aller Kürze ist festzustellen, dass sich ein Anspruch auf Übermittlung nicht aus § 40 Abs. 1 a LFGB ergibt, dies ist gefestigte Rechtsprechung, dazu auch unsere weiteren Artikel zum Thema (über das Schlagwort zu diesem Artikel zu finden):

Zunächst ist § 40 Abs. 1 a LFGB nicht einschlägig. Nach dieser Vorschrift informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels … unter Nennung des Lebensmittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel … hergestellt oder behandelt oder in Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben … auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen …….. hinreichend begründete Verdacht besteht, dass 1. in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstwerte oder Höchstmengen überschritten wurden oder 2. gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschungen oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,– Euro zu erwarten ist. – Diese Vorschrift kommt unabhängig von den gegen ihre Vereinbarkeit mit dem erhobenen Bedenken

-vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. April 2013 – 13 B 192/13 – juris, Rdn. 12 ff; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juli 2013, 13 ME 18/13 – , juris; Bay VGH, Beschluss vom 18. März 2013 ‑ 9 CE 12.2755-, juris, Rdn 22, 23-

nicht als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Beigeladenen in Betracht. Sie scheidet als Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beigeladenen bereits deshalb aus, weil sie eine Verpflichtung der zuständigen Behörde begründet und damit objektiv-rechtlicher Natur ist. Der Beigeladene ist weder Normadressat noch als einzelne juristische Person „die Öffentlichkeit“, mag er auch satzungsgemäß die Interessen der Verbraucher vertreten. Die vorliegend allenfalls in Betracht kommende Nr. 2 des § 40 Abs. 1a LFGB erfasst zudem nach ihrem Wortlaut, demzufolge die Information unter Nennung der Bezeichnung des betroffenen Lebensmittels zu erfolgen hat, allein solche Verstöße gegen hygienische Anforderungen, die sich einem (konkreten) Lebensmittel zuordnen lassen. Sie ermächtigt daher nicht zur Information der Öffentlichkeit über Mängel der allgemeinen Betriebshygiene, wie sie vorliegend an den Beigeladenen übermittelt werden sollen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. April 2013 – 13 B 192/13 -, juris Rdn 39; OVG NRW, Beschluss vom 24. April 2013 – 13 B 215/13 -, juris Rdn 41; a.A. offenbar Bay VGH, Beschluss vom 18. März 2013 – 9 CE 12.2755 -, juris, Rdn 24.

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Verbraucherinformationsgesetz

Auch das Verbraucherinformationsgesetz liefert dem Gericht zu Folge aber keine ausreichende Grundlage für eine Übermittlung. Die vorgesehenen Tatbestände im Verbraucherinformationsgesetz sind schlicht nicht passend:

Die Übermittlung der Punktebewertung der Hauptmerkmale II bis IV der Risikobewertung zu den Kontrollen der im Gebiet der Beklagten ansässigen Gaststättenbetriebe an den Beigeladenen findet aber auch keine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen des VIG. Es sind weder die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VIG noch diejenigen der weiter allein noch in Betracht zu ziehenden Nr. 3 des § 2 Abs. 1 S. 1 VIG erfüllt.

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VIG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes – des VIG – Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen a) des Lebensmittelgesetzbuchs …, b) der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, c) unmittelbar geltender Rechtsakte der europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind. – Wenn diese Vorschrift von „Abweichungen von Anforderungen“ spricht, die in gesetzlichen Regelungen enthalten sind, so bedeutet dies zwar nicht, dass sich das Ersuchen des Antragstellers auf konkrete Erzeugnisse beziehen muss. Insbesondere kommt es danach auch nicht darauf an, ob die produzierten Lebensmittel selbst bereits nachteilig beeinflusst sind oder von ihnen eine Gesundheitsgefährdung ausgegangen ist.

Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 18. März 2014 – AN 1 K 13.01466 – , juris, Rdn 172 f.

Wenn § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VIG den Anspruch eines Antragstellers jedoch auf Daten über festgestellte „Abweichungen von Anforderungen“ in den im Einzelnen bezeichneten rechtlichen Vorgaben begrenzt, so bedeutet dies nichts anderes, als dass nur Informationen über tatsächliche Erkenntnisse Anspruchsgegenstand sein können. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass nur konkrete Verstöße überhaupt i.S. des § 6 Abs. 1 S. 4 VIG für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden können. Bei dem anlässlich einer Betriebskontrolle ermittelten Punktwert, der an den Beigeladenen übermittelt werden soll, handelt es sich jedoch nicht um ein Datum in diesem Sinne. Vielmehr werden die Ergebnisse der zum Zwecke der Festlegung der erforderlichen Kontrollhäufigkeit in ein Punktesystem übertragen, wobei dem Beurteiler hinsichtlich der Vergabe der Punkte ein wenn auch begrenzter Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht. Mithin würden im Falle einer Übermittlung der Punktesumme aus den Hauptmerkmarlen II bis IV keine Daten im Sinne der genannten Vorschrift übermittelt, sondern (lediglich) das Ergebnis einer Bewertung, aus der der Verbraucher keinerlei Rückschlüsse auf konkrete Abweichungen von rechtlichen Vorgaben durch den Betreiber einer Gaststätte ziehen kann. Der vorliegend in Rede stehende Punktwert kann mithin auch nicht als Zusammenfassung festgestellter Mängel angesehen werden. Von einer verständlichen Darstellung einer Information, wie sie die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 4 VIG fordert, kann hier noch nicht einmal im Ansatz die Rede sein.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Mai 2014 – OVG 5 S 21.14 – juris, Rdn 25 ff, sowie Beschluss vom 3. Juni 2014 – OVG 5 N 2.13 -, juris, Rdn 9 ff; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 14 L 35.14 – , juris, Rdn 36 ff.

Aber auch die Voraussetzungen der allein noch in Betracht zu ziehenden Nr. 7 des § 2 Abs. 1 S. 1 VIG liegen nicht vor. Danach hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen … Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen. Bereits eine am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung ergibt, dass diese ausschließlich allgemeine Informationen über Überwachungsmaßnahmen und sonstige Tätigkeiten, wie sie beispielsweise in Statistiken und Tätigkeitsberichten enthalten sind und mithin nur generelle dem Verbraucherschutz dienende Maßnahmen erfasst. Nur solche generellen Tätigkeiten und Maßnahmen hinsichtlich einer Mehrzahl von Betrieben können auch Gegenstand von Statistiken i.S. der Nr. 7 des § 2 Abs. 1 S. 1 VIG sein, da nur auf einen einzelnen Betrieb bezogene Werte als Gegenstand einer Statistik untauglich sind. Im Übrigen liefe die Nr. 1 des § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG leer, würde man die Ergebnisse einzelner Betriebsüberprüfungen der Nr. 7 des § 2 Abs. 1 S. 1 VIG zuordnen. Entscheidend ist insoweit aber auch hier, dass es sich bei dem aus der Bewertung der Hauptmerkmale II bis IV der Risikobeurteilung ergebenden Punktwert nicht um eine Überwachungsmaßnahme oder etwa deren Auswertung handelt, sondern vielmehr – wie bereits dargestellt – ausschließlich um eine Bewertung. Eine solche wird von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 VIG aber jedenfalls nicht erfasst.

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 und 3. Juni 2014, a.a.O. sowie VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014, a.a.O. und VG Frankfurt, Urteil vom 25. Januar 2012 ‑ 7 K 2119/11. F -, juris, Rdn 16 ff.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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