Streitwert bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung

Es ist eine besondere Herausforderung für juristische Laien, die beim verkauf an Verbraucher notwendige Widerrufsbelehrung so zu formulieren, dass ein Jurist keinen Fehler findet – regelmässig funktioniert es auch nicht und es folgt die Abmahnung. Die Frage ist dann, bei der Berechnung der Kosten durch eine anwaltliche Inanspruchnahme, welcher Streitwert anzusetzen ist. Unsere Übersicht hilft bei der Orientierung.

Der Streitwert bei Abmahnungen wegen einer fehlerhaften ist immer wieder Gegenstand von Streit – schließlich hängt hier die nicht unbedeutende Frage der gegnerischen Anwaltskosten mit dran. Dabei ist zunehmend festzustellen, dass jedenfalls bei Abmahnungen durch Mitbewerber die OLG-Rechtsprechung zu relativ kleinen Streitwerten neigt, die sich um die 5.000 Euro bewegen (dazu z.B. OLG Karlsruhe, 4 W 19/10, hier vorgestellt – ebenso OLG Hamburg, 3 W 189/07 und OLG Celle, 13 W 112/07, die ebenfalls von 5.000 Euro ausgehen). Das OLG Naumburg (10 W 37/07) sah im einstweiligen Verfügungsverfahren 2.500 Euro pro Fehler in der Widerrufsbelehrung als angemessen an. Da das einstweilige Verfügungsverfahren regelmäßig mit der Hälfte der Hauptsache angesetzt wird, darf man hier wohl von 5.000 Euro in der Hauptsache ausgehen. Anders das OLG Brandenburg (6 W 183/08), das schon im Eilverfahren 4.000 Euro ansetzt.

Das OLG Frankfurt a.M. (6 W 70/11) hat nunmehr geäußert, dass das hinsichtlich von Mitbewerbern zwar zutreffend sei, aber bei Verbraucherschutzverbänden keine Anwendung finden soll. Da diese ein „allgemeines Interesse“ vertreten, sei hier ein höherer Streitwert durchaus angemessen. Jedenfalls 15.000 Euro erschienen dem OLG Frankfurt a.M. keineswegs zu hoch in diesem Fall.

Zu den Landgerichten: Das LG Köln (28 O 304/05) wollte pauschal 2.000 Euro pro Fehler in der Belehrung ansetzen. Beim LG Düsseldorf (12 O 6/04) sieht man 3.000 Euro als angemessen.

Hinweis: Die Rechtsprechung zu dem Thema ist zunehmend diffus und wird für viele Shop-Betreiber schwer nachvollziehbar sein. Das OLG Hamm (4 W 19/07) etwa äusserte hinsichtlich der Problematik in einem konkreten Fall:

Bei der Bemessung des Beschwerdewerts ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier maßgeblichen Verstoß um eine grundsätzlich als durchschnittlich zu bewertende Verletzungshandlung handelt, die vom Senat regelmäßig in der Größenordnung von 30.000,- € bemessen wird, wobei wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens und des Umstandes, dass es hierbei wiederum nur um einen von mehreren Verstößen in einem größeren Gesamtkomplex von beanstandeten Verstößen geht, in der Gesamtbetrachtung eine Bemessung in Höhe von 10.000,- € sach- und interessengerecht erscheint.

Man sieht: Grundsätzlich wären es wohl 30.000 Euro, die aber abgemildert werden auf 10.000 Euro. Ebenso 10.000 Euro übrigens das OLG Schleswig, 6 W 9/08. Der einzige echte Ausreißer ist hier das OLG Düsseldorf, das jedenfalls früher von einem Streitwert unter 1.000 Euro ausging (dazu nur OLG Düsseldorf, I-20 W 15/07).

Im Fazit sollte man davon ausgehen, dass derzeit jedenfalls eine Bemessung von 5.000 Euro insgesamt keinen durchgreifenden Bedenken begegnen wird!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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