Provozierter Wettbewerbsverstoß: Kein Unterlassungsanspruch

Wie geht man eigentlich damit um, wenn eine wegen eines Wettbewerbsverstosses eingeht, der auch stattgefunden hat – aber durch den Abmahner provoziert wurde? Diese Frage ist im Wettbewerbsrecht keineswegs selten. Hintergrund ist, dass im Wettbewerbsrecht häufig mit Testkäufen bzw. Testkäufern agiert wird, die manchmal auch schlicht zu weit gehen. Wenn dann ein wettbewerbswidriges Verhalten stattfindet und durch den Testkäufer dokumentiert wird, wird gerne darauf verwiesen, dass der verschuldensunabhängig entsteht. Dies ist soweit auch korrekt.

Andererseits soll der abmahnende Mitbewerber nicht von seinem eigenen rechtswidrigen Verhalten profitieren. Insoweit ist anerkannt, dass jedenfalls bei einer unlauteren Veranlassung durch den Testkäufer oder Mitbewerber ein rechtsmissbräuchliches Handeln vorliegt (Köhler/Bornkamm, §11, Rn.2.41). Mit ständiger Rechtsprechung des BGH ist damit einmal zu fragen, ob gezielt „hereingelegt“ wurde und andererseits zu prüfen, ob die Provokation überhaupt ursächlich war für den Wettbewerbsverstoß (oder dieser nicht sonst auch begangen worden wäre). Der BGH (beispielhaft in I ZR 231/86) fasst das so zusammen:

Danach sind Testgeschäfte zwar grundsätzlich zulässig; bei Vorliegen besonderer Umstände sind sie jedoch als sittenwidrig anzusehen, insbesondere wenn mit ihnen lediglich die Absicht verfolgt wird, den Mitbewerber „hineinzulegen“, oder wenn besondere Mittel angewendet werden, um ein unzulässiges Geschäft herbeizuführen. Hierunter fallen insbesondere die in den Bereich der Strafbarkeit reichenden oder anderweit verwerflichen Mittel, unter anderem auch die Anwendung besonderer Verführungskünste […]

Als verwerfliche Mittel in diesem Sinne sind insbesondere rechtswidrige Handlungen des testenden Mitbewerbers anzusehen, und zwar nicht nur Straftaten, sondern auch sonstige von der Rechtsordnung verbotene Handlungen; denn grundsätzlich können nicht deshalb Rechtsverletzungen hingenommen werden, damit konkurrierende Unternehmen ihre wettbewerblichen Interessen besser verfolgen können.

Wenn dies vorliegt, bestehen letztlich keine Ansprüche des abmahnenden Mitbewerbers: Weder auf Unterlassung, noch Zahlung.

Das Ergebnis ist zugleich das Problem: Einmal muss die Provokation vor Gericht beweiskräftig vorgetragen werden, was aber durchaus möglich ist. Andererseits gibt es keine klare „Formel“ des BGH hinsichtlich der unlauterkeit des Provozierens. Mit vorschnellen Zurückweisungen von Abmahnungen sollte man damit vorsichtig sein und immer einen Wettbewerbsrechtler zu Rate ziehen bevor etwas unternommen wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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