OLG Frankfurt zur wirksamen Einwilligung in die Nutzung von Cookies

Eine umfangreiche Entscheidung des OLG Frankfurt widmet sich der Frage der Zulässigkeit im Rahmen einer Cookie-Nutzung.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (6 U 30/15) hat sich zur Wirksamkeit der im Rahmen eines Gewinnspiels im Internet eingeholten Einwilligung in die -Nutzung geäußert. Die Entscheidung ist bereits insoweit von Interesse, als dass sie sich mit den Voraussetzungen der Wirksamkeit der Nutzung von Cookies auseinandersetzt, hier insbesondere Tracking-Cookies. Dabei schafft das OLG Frankfurt einen beachtlichen Freiraum, wenn es im Leitsatz ausführt:

Die erforderliche Einwilligung in die Cookie-Nutzung kann auch durch eine vorformulierte Erklärung, der der Nutzer durch Entfernen eines voreingestellten Häkchens widersprechen kann („opt-out“), erteilt werden. Der Wirksamkeit der Einwilligung steht es nicht entgegen, wenn sämtliche erforderliche Informationen über Cookies nicht bereits in der Erklärung selbst, sondern in einem verlinkten Text gegeben werden. Zu den insoweit zu fordernden Informationen gehört nicht die Identität der Dritten, die auf Grund der Einwilligung auf Cookies zugreifen können.

Im Kern kommt das OLG dabei zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Setzung eines Cookies ist auch als „Opt-Out“-Regelung möglich, dies ergebe sich bereits aus §15 Abs.3 TMG
  • Eine ausführliche Erläuterung des „Ankreuz-Kästchens“ ist nicht notwendig, da jeder verständige Internet-Nutzer heute weiss, dass dies ein Optionsfeld ist, dass frei zu bedienen ist. Eine gesonderte Erklärung wäre unnötiger Formalismus.
  • Auch wenn eine Einwilligung deutlich hervorgehoben sein muss können zugehörige erläuternde Informationen separat erfolgen und verlinkt werden.
  • Es ist nicht notwendig, über die Erläuterung der Funktion eines Cookies und der damit verbundenen Folgen hinaus die Identität der Dritten offenzulegen, die mit diesem Cookie arbeiten (diese waren hier nur als „Werbepartner“ bezeichnet).
  • Wichtiger Punkt: Das OLG bemerkt ausdrücklich, dass es nicht notwendig ist, technisch in voller Tiefe alle Hintergründe zu beschreiben! Vielmehr sieht das OLG die Gefahr, dass Nutzer das nicht verstehen und damit gerade in die irre geführt werden könnten, sprich: Der verständliche (richtige) kurze Text darf und soll sogar dem technisch perfekten unverständlichen vorgezogen werden.

Die Entscheidung ist richtig und wichtig, sie stellt einige Aspekte klar, die bei der Gestaltung von Werbemaßnahmen zu beachten sind. Jedenfalls ist es mit dieser OLG Entscheidung sehr gut möglich, ein rechtssicheres und auch nutzerfreundliches Werbesystem mit Cookies einzurichten.


Aus der Entscheidung:

Zwar ist die angegriffene Erklärung zur Einwilligung in die Cookie- Nutzung, die die Beklagte im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem von ihr durchgeführten Gewinnspiel von den Nutzern verlangt, ebenfalls als allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 I 1 BGB) zu qualifizieren (vgl. oben Ziffer 1. c)). Diese allgemeine Geschäftsbedingung hält jedoch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand, da die verlangte Erklärung den Anforderungen an eine Einwilligung in die Cookie-Nutzung nach den insoweit maßgeblichen Vorschriften (§§ 4a, 28 IIIa 2 sowie §§ 13 II, 15 III TMG) gerecht wird. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Vorschriften nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Neuregelung des Art. 5 III der 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation) durch Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2009/136/EG (Privacy- Richtlinie) am 25.5.2011 (vgl. Art. 4 I der Richtlinie 2009/136/EG) richtlinienkonform auszulegen sind.

a)
Die streitgegenständliche Erklärung ist nicht schon deswegen unzureichend, weil der Nutzer der Einwilligung (durch Anklicken des Häkchens zu Beginn der Erklärung) widersprechen muss („opt-out“); denn ein „opt-in“-Erfordernis ist den genannten Vorschriften nicht zu entnehmen. Dies hat der hinsichtlich der Regelung des § 4a BDSG bereits entschieden (vgl. GRUR 2008, 1010 [BGH 16.07.2008 – VIII ZR 348/06] – Payback, juris-Tz. 23 ff.). Die Vorschrift des § 15 III TMG, die dem Nutzer ein Widerspruchsrecht gegen die Verwendung von Nutzungsdaten einräumt, stellt sogar ausdrücklich klar, dass ein „opt-out“-Verfahren ausreichend ist.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, nach Ablauf der Umsetzungsfrist für Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG müsse das nationale Recht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass ein „opt-out“-Verfahren für eine Einwilligung in die Cookie-Nutzung nicht ausreiche. Abgesehen von der Frage, ob insbesondere der insoweit klar entgegenstehende Wortlaut des § 15 III TMG einer solchen Auslegung überhaupt zugänglich ist, enthält Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG jedenfalls keine Regelung, die ein „opt-in“-Verfahren zwingend vorschreibt; dies gilt auch unter Berücksichtigung des Erwägungsgrunds (66) der Richtlinie 2009/136/EG. Dort ist jeweils nur von der klaren und umfassenden bzwverständlichen Information die Rede, die dem Nutzer vor Abgabe der Einwilligungserklärung gegeben werden muss. Dem steht ein „opt-out“-Verfahren nicht generell entgegen. Im Übrigen zeigt etwa das Beispiel der Informationspflicht des Art. 23 I 4 der Verordnung Nr. 1008/2008, dass der Unionsgesetzgeber dann, wenn er ein „opt-in“-Verfahren für erforderlich hält, dies auch klar regelt.

Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus einer Stellungnahme der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“ vom 8.12.2011 (Anlage BE 1; Bl. 341 ff. d.A.) entnehmen. Zunächst handelt es sich ohnehin nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung dieses Beratungsgremiums. Zum andern ist in der Stellungnahme mit der „bejahenden Handlung“, durch die das Setzen des Cookies und die fortdauernde Übermittlung darin enthaltener Informationen akzeptiert werden müsse, nur gemeint, dass allein im Erwerb oder der Nutzung eines Browsers oder einer Anwendung, die die Verwendung von Cookies standardmäßig ermöglicht, noch keine Einwilligung gesehen werden könne. Das hat nichts damit zu tun, ob eine „bejahende Handlung“ in diesem Sinn nicht auch in einer zwar voreingestellten, aber „opt-out- fähigen“ ausdrücklichen Einwilligungserklärung gesehen werden kann.

b)
Die streitgegenständliche Einwilligungserklärung widerspricht den Anforderungen an eine zuvor erfolgte klare, umfassende und verständliche Information auch nicht deswegen, weil der Nutzer die Möglichkeit, seine Einwilligung zu verweigern, etwa nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen könnte. Der Erklärung ist ein Ankreuzfeld vorangestellt, das durch das darin vorhandene Häkchen voreingestellt ist. Der durchschnittliche Internetnutzer weiß heute, dass er ein solches Häkchen durch Anklicken des Ankreuzfeldes entfernen und damit seine Einwilligung verweigern kannEs ist daher nicht erforderlich, auf diese Möglichkeit noch ausdrücklich hinzuweisen. Ebenso wenig geht der Nutzer davon aus, der Versuch eines Widerspruchs gegen die Cookie-Nutzung sei deswegen von vornherein nicht erfolgversprechend, weil er unter diesen Umständen am Gewinnspiel nicht teilnehmen könne. Denn damit wäre die Gestaltung der Erklärung, die einen solchen Widerspruch gerade zulässt, nicht zu vereinbaren.

c)
Die beanstandete Einwilligungserklärung ist auch mit § 28 IIIa 2 BDSG vereinbar, wonach eine nicht in Schriftform abgegebene Einwilligungserklärung nach § 4 BDSG, die zusammen mit anderen Erklärungen abgegeben werden soll, „in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben“ ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht darin gesehen werden, dass wesentliche Informationen nicht schon in der Erklärung selbst, sondern erst in der verlinkten Erläuterung gemäß Anlage K 2 gegeben werden. Das ist keine Frage der „besonderen Hervorhebung in drucktechnisch deutlicher Gestaltung“, für die es ausreicht, wenn die Einwilligungserklärung als solche in ausreichender Weise hervorgehoben ist; dies ist hier der Fall. Dagegen können die erforderlichen Informationen über den Hintergrund und die Tragweite der Einwilligung grundsätzlich durch einen – deutlich gekennzeichneten – Link auf einen weiteren Text gegeben werden. Enthält die Einwilligungserklärung selbst bereits gewisse Erläuterungen, kann es zwar problematisch sein, wenn dabei wichtige Punkte unterschlagen werden, die erst im verlinkten Text angesprochen werden. Das ist aber keine Frage der „besonderen Hervorhebung“, sondern der inhaltlichen Überprüfung der Einwilligung.

d)
Schließlich ist die angegriffene Einwilligungserklärung auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

Die an Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG zu orientierende Auslegung von §§ 4a I, 28 IIIa BDSG, 13 II TMG verlangt, dass der Nutzer vor der Einwilligung in die Setzung von Cookies und in die Übermittlung und Verwertung der dadurch erhaltenen Informationen durch Dritte klar und umfassend über die damit verbundenen Umstände informiert wird.

Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass die in der Einwilligungserklärung erwähnten „Werbepartner“ des Webanalysedienstes … weder in der Erklärung selbst noch in der verlinkten Erläuterung gemäß Anlage K 2 näher bezeichnet werden. Das verlangt das Gesetz nach Auffassung des erkennenden Senats nicht. Weder Art. 5 III der Richtlinie 2002/58/EG noch dem Erwägungsgrund (66) der Richtlinie 2009/136/EG ist zu entnehmen, dass dem Nutzer über die Erläuterung der Funktion eines Cookies und der damit verbundenen Folgen hinaus die Identität der Dritten offengelegt werden müsste, die infolge der Einwilligung auf den Cookie bzwdie in ihm enthaltenen Informationen zugreifen können. Insbesondere lassen sich auf diesen Sachverhalt die zur Einwilligung in Werbeanrufe nach § 7 II Nr. 2 UWG entwickelten Grundsätze nicht übertragen, da es hier nicht um die Abwehr belästigender Werbung geht.

Ansonsten ist die Einwilligungserklärung inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie stellt die Funktion eines Cookies in den Grundzügen richtig heraus; die Einzelheiten werden dann in dem – hinreichend deutlich – verlinkten weiteren Text gemäß Anlage K 2 detailliert erläutert. Der Senat verkennt nicht, dass die technisch nicht einfachen Zusammenhänge bei der Setzung und Nutzung von Cookies in ihren Einzelheiten auch noch eingehender dargestellt werden könnten. Die insoweit zu stellenden Anforderungen an die erforderliche Information des Nutzers müssen jedoch – wenn die Information ihren Sinn erfüllen soll – auch der Fähigkeit und Bereitschaft des Nutzers Rechnung tragen, sich mit diesen Fragen tatsächlich zu befassen. Diesen Anforderungen werden die streitgegenständlichen Informationen gerecht. Der Kläger hat auch nicht konkret dargetan, dass der Nutzer etwa über bestimmte Tatsachen, die für die Einwilligungserklärung von Bedeutung sein können, getäuscht oder im Unklaren gelassen wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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