OLG Düsseldorf: Keine Werbung mit CE-Kennzeichen als Prüfsiegel

In aller Kürze ist erst einmal festzuhalten, dass das OLG Düsseldorf (15 U 58/15) erneut und nicht überraschend die Rechtsprechung bestätigt hat, dass etwaige Werbehinweise auf das CE-Zeichen so erfolgen müssen, dass die Suggestion einer Ähnlichkeit des CE-Zeichens mit echten Prüfsiegeln vermieden wird. Dies ist gefestigt und darf niemanden mehr überraschen: Das Konformitätskennzeichen darf nicht dazu gebraucht werden, um zu behaupten, es gäbe ein (amtliches) Prüfsiegel.

Die Entscheidung des OLG ist aber aus einem anderen Grund für mich von Interesse gewesen: Es wird nochmals sehr umfassend und ausführlich die bisherige rechtliche Lage zum dargestellt und aufgearbeitet. Aus dem Grund habe ich den entsprechenden langen Teil der Entscheidung hier aufgenommen.

Aus der Entscheidung:

Die Anwendung vorstehender Grundsätze führt zu der Feststellung, dass die Art und Weise der hier in Rede stehenden Werbungsgestaltung der Beklagten die erforderliche Eignung aufweist, relevante Teile der Verkehrskreise in die Irre zu führen. Hinweise auf eine (amtliche) Prüfung bzw. Zulassung eines Produkts sind irreführend, wenn diese in Wirklichkeit nicht oder nicht in der behaupteten Form vorliegt, was insbesondere bei einer verfehlten Verwendung des TÜV-Prüfzeichens, des GS-Zeichens oder des CE-Zeichens gegeben sein kann (Busche, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2. A., 2014, § 5 Rn. 346).

(1)

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu vergegenwärtigen, dass CE-Zeichen (mögen sie nach Europäischen Richtlinien oder nach Maßgabe des nationalen Rechts gefordert sein) vom Hersteller auf bestimmten Produkten anzubringen sind, wobei Art. 30 Verordnung (EG) Nr. 765/2008 vom 09.07.2008 die allgemeinen Grundsätze zur CE-Kennzeichnung festlegt. Mit der Anbringung einer CE-Kennzeichnung bringt der Hersteller des Produkts zum Ausdruck, dass er die Verantwortung für die Konformität des Produkts mit allen in den einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft enthaltenen und für deren Anbringung geltenden Anforderungen übernimmt (Art. 30 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 765/2008). Demnach ist das CE-Kennzeichen gerade kein Prüfzeichen im klassischen Sinne, sondern eine reine Herstellererklärung in Bezug auf die Einhaltung der relevanten Sicherheitsstandards, die nicht der Regelung der Nr. 2 im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG unterfällt (Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 3. A., 2013, § 3 Rn. 7, § 5 Rn. 267; Ohly/Sosnitza, UWG, 6. A., 2014, Kommentar Anhang (zu § 3 Abs. 3) Rn. 9). Nur wenn ausnahmsweise (was in Bezug auf das Produkt der Beklagten unstreitig nicht der Fall ist) eine unabhängige Prüfung durch eine behördlich anerkannte Stelle stattgefunden hat und darauf mittels einer entsprechenden Prüfnummer hingewiesen wird, stellt selbst das „CE“-Zeichen ein Prüfsiegel dar (Busche, a.a.O., § 5 Rn. 346). Im Gegensatz dazu stellt das amtlich bekannt gemachte GS-Zeichen („Geprüfte Sicherheit“) stets ein echtes Gütesiegel dar, weil es durch einen Dritten (scil.: die sog. GS-Stelle) zuerkannt wird, der zuvor eine Prüfung durchgeführt hat (Hoeren/Ernstscheider MMR 2004, 507, 512; Weidert, a.a.O., § 5 Rn. 269).

Hinsichtlich des CE-Zeichens, dessen zutreffende Bedeutung in Verbraucherkreisen weithin (selbst unter Juristen) unklar ist (vgl. dazu Klindt, in: Anm. zu OLG Frankfurt EWiR 2000, 1171 [LS], a.a.O, S. 1171 f.), besteht daher eine besonders hohe Gefahr der Irreführung des Durchschnittsverbrauchers, weil mit derartigen Werbeangaben eine – objektiv nicht vorhandene – (ggf. staatliche) Autorität in Anspruch genommen zu werden droht, die beim Durchschnittsverbraucher regelmäßig „Eindruck schindet“ (vgl. Busche, a.a.O., § 5 Rn. 346). Diese grundsätzliche Gefahr hat auch die Europäische Kommission ausweislich S. 49 der über die CE-Kennzeichnung (Anlage K 15) erkannt, wo betont wird, dass die (für alle Produkte gleichermaßen geltende) Kennzeichnung gerade nicht kommerziellen Zwecken dienen soll.

Zwar darf selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Anbringung eines CE-Zeichens einer gesetzlichen Verpflichtung (hier: aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 ProdSG) entspricht. Demzufolge darf allein aus der Anbringung des CE-Zeichens als solcher keine Irreführung unter dem Aspekt des „Werbens mit einer Selbstverständlichkeit“ hergeleitet werden (vgl. OLG Frankfurt EWiR 2000, 1171 [LS] mit Anm Klindt; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn. 2.120). Von dieser das „ob“ betreffenden Frage ist allerdings jene nach dem „wie“ der Kennzeichnung strikt zu unterscheiden. In Bezug auf die Art und Weise der Anbringung sind in Anbetracht der zuvor geschilderten gesteigerten Irreführungsgefahr im Zusammenhang mit dem CE-Zeichen höchste Anforderungen zu stellen. Der Hersteller bzw. Werbende hat tunlichst alles zu unterlassen, was über den rein gesetzlich geschuldeten Hinweis hinausgeht.

Zweifelsohne wird der Bereich der zulässigen Art und Weise der Anbringung des CE-Zeichens jedenfalls dann verlassen, wenn mit der ausdrücklichen Aussage „CE-geprüft“ geworben wird (vgl. OLG Frankfurt, Urteil v. 21.06.2012, Az. 6 U 24/11 (Anlage K 10); LG Darmstadt, Urteil v. 19.02.2010, Az. 15 O 327/09 = WRP 2010, 1190 (LS); LG Landau, Urteil v. 06.11.2013 – HK O 16/13 = BeckRS 2014, 00569). Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats allerdings mit Blick auf die erwähnten besonderen Irreführungsgefahren jedwedes „Beiwerk“ zur allein geforderten „neutralen“ Anbringung des CE-Zeichens zu unterlassen, das geeignet ist, irrige Vorstellungen des Durchschnittsverbrauchers betreffend die Natur des CE-Zeichens hervorzurufen bzw. noch zu verstärken. Vorstehende Maxime wird jedenfalls auch dann missachtet, wenn in einer Werbung das CE-Zeichen in unmittelbarem textlichem, graphischen pp. Zusammenhang mit echten Prüfsiegeln abgedruckt wird. Denn eine solche Darstellungsform insinuiert, dass auch das CE-Zeichen ein Beleg für durch Dritte geprüfte Qualität sei. Zwar ist dem Publikum bekannt, dass bei der Prüfung von Gütesiegeln nicht notwendig eine staatliche Überwachung erfolgt, sondern diese vielfach auch von privaten Institutionen vergeben werden (vgl. BGH, GRUR 2013, 401 Rn. 45 – Biomineralwasser). Die Eignung zur Irreführung folgt daher vorliegend zwar nicht aus der konkludenten Vorspiegelung einer amtlichen Prüfung, jedoch aus dem Umstand, dass vom Durchschnittsverbraucher aufgrund der engen räumlichen Nähe zu den echten Prüfsiegeln „GS“ und „TÜV“ auch in Bezug auf das CE-Zeichen eine objektiv nicht gegebene Prüfung durch (mehr oder weniger unabhängige) Dritte vorausgesetzt wird.

Gemäß § 7 Abs. 5 ProdSG darf nach der CE-Kennzeichnung (und gegebenenfalls nach der Kennnummer) zwar ein Piktogramm oder ein anderes Zeichen stehen, das auf ein besonderes Risiko oder eine besondere Verwendung hinweist. Um solche Risikohinweise handelt es sich bei „TÜV“ und „GS“ indes eindeutig nicht.

(2)

Aus dem zuvor Ausgeführten folgt, dass es bereits aus grundsätzlichen Erwägungen irreführend ist, eine CE-Kennzeichnung in unmittelbarer Nähe zu in der Werbung enthaltenen Hinweisen auf echte Prüfsiegel anzubringen. Damit ist einer Differenzierung danach, ob zwischen dem CE-Zeichen und den in derselben Textzeile erwähnten echten Prüfsiegeln überhaupt kein (z.B. „CE TÜV GS“) Trennungszeichen oder ein Punkt oder – wie hier – ein Schrägstrich befindlich ist, von vornherein die Grundlage entzogen. Dies gilt bereits vor dem Hintergrund, dass der Durchschnittsverbraucher beim Betrachten der Werbung derart analysierende Überlegungen gar nicht anstellen wird. Die Werbeangaben einschließlich der hier streitgegenständlichen Textzeile (letztere bestehend aus bloß drei Worten und drei Buchstabenkombinationen) sind überschaubar, so dass der Verbraucher diese bei einmaliger Lektüre schnell erfasst und sich daher nur kurzzeitig mit ihnen beschäftigt, ohne tiefgehende grammatikalische und/oder orthographische Überlegungen anzustellen. Eine solche Darstellungsweise begründet daher die hohe und nicht hinzunehmende Gefahr, dass der Verbraucher irrig annimmt, (auch) das CE-Zeichen belege eine besondere, durch fachkundige Dritte bestätigte Produkteigenschaft im Vergleich zu Konkurrenzprodukten. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob das „CE“ in der streitgegenständlichen Werbung mit der ausdrücklich abgedruckten Vokabel „geprüft“ (bei korrekter grammatikalischer / orthographischer Interpretation) sprachlich verknüpft ist oder nicht.

Soweit das Landgericht demgegenüber befunden hat, es entlaste die Beklagte, dass das „-geprüft“ (nur) bei „GS“ hinzugefügt sei, so dass der Verbraucher den Umkehrschluss ziehe, dem CE-Zeichen liege keine Prüfung zugrunde, überzeugt dies (abgesehen von den zuvor erläuterten grundsätzlichen Erwägungen) nicht. Bei dieser Lesart wäre der Zusatz „-geprüft“ (die Ansicht des Landgerichts zugrunde gelegt) dann auch nicht auf „TÜV“ bezogen, obwohl der Verbraucher davon ausgeht, dass einer „Zulassung durch den TÜV“ eine wie auch immer geartete Prüfung vorausgeht. Zweitens bedeutet „GS“ ausformuliert „Geprüfte Sicherheit“, so dass der Zusatz in Bezug auf „GS“ redundant wäre.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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