Werbung mit „Made in Germany“

Made in Germany: Wann darf ein Produkt als „Made in Germany“ beworben werden, wie sieht es bei „made in germany“ mit der rechtlichen Grundlage aus?

Diese Frage ist durchaus berechtigt, denn in der heutigen Zeit werden Produkte mitunter an verschiedenen Orten gefertigt – und zugleich ist das Qualitätsmerkmal „Made in germany“ beliebt. Schnell kommt dann die Diskussion auf, welche Fertigungsschritte in Deutschland notwendig sind, damit das Produkt auch als „Made in Germany“ beworben werden darf. Denn wer sich hier unlauter verhält kann vollkommen zu Recht von Wettbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Rechtliche Grundlage bei „made in germany“: Notwendige Herstellungsschritte in Deutschland zur Bewerbung mit „made in germany“

Einleitend sei darauf hingewiesen, dass ein Produkt „Made in Germany“ ist, wenn es zum einen in Deutschland hergestellt wurde. Denn eine Werbung mit „Made in Germany“ wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in Übereinstimmung mit der deutschen Rechtsprechung stets dahingehend verstanden, dass die so beworbene Ware in Deutschland hergestellt wurde. Im Übrigen kann auch die Bezeichnung „Deutsche Markenware“ vom Verbraucher in diesem Sinne verstanden werden.

Allerdings ist es für die Bezeichnung „Made in Germany“ nicht erforderlich, dass das betreffende Produkt von der Idee bis zur endgültigen Fertigstellung zu 100 % in Deutschland hergestellt wird. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der zentrale Produktionsvorgang, durch den die Ware ihre nach der Verkehrsauffassung wesentlichen Bestandteile oder bestimmenden Merkmale erhält, im Inland erfolgt oder auf einer deutschen Leistung beruht (dazu OLG Köln, 6 U 156/13). Mit anderen Worten: Für „Made in Germany“ ist zu fordern, dass zwar nicht ausnahmslos alle, aber doch alle wesentlichen Herstellungsschritte des betreffenden Industrieprodukts in Deutschland erfolgen (Oberlandesgericht Hamm, 4 U 121/13).

Neben diesem qualitativen Beurteilungskriterium wird jedenfalls in der Literatur teilweise auch quantitativ auf den Wertschöpfungsanteil abgestellt und angeregt, Art. 60 des Zollkodex der Union VO-EU 952/2013 (vormals: Art. 24 Zollkodex-VO 2913/92/EWG) und/oder die Praxishinweise der Industrie- und Handelskammern als Indizien heranzuziehen. Für die Frage, ob eine irreführende Verwendung der Bezeichnung „Made in Germany“ vorliegt, kommt es danach in erster Linie auf die Verkehrsauffassung der durch das Verkaufsangebot angesprochenen Interessenten an.

Wortsinn der Wendung „Made in …“, die nach der Bewertung des Berufungsgerichts vom Verkehr als geläufiger Anglizismus für „hergestellt in …“ verstanden wird und üblicherweise auf den Fertigungsprozess in Deutschland hinweist

BGH zu „Made in Germany“

Das OLG Düsseldorf (I-20 U 110/10 – im Nachgang zu LG Düsseldorf, 2a O 12/10) hat sich mit der beliebten Produktaussage „Made in Germany“ beschäftigt und festgestellt, dass es zur Werbung mit „Made in Germany“ notwendig ist, dass „alle notwendigen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind“. Bei Artikeln, die – wie in diesem Fall – vornehmlich in gefertigt werden, kann das nicht mehr angenommen werden.

Da hilft es dann auch nicht, dass in China lediglich die Produktion der „Rohmesser“ erfolgt, zumal auch noch mit aus Deutschland exportierten Maschinen (die wohl ihrerseits tatsächlich „Made in Germany“ waren). Auch dass die „Idee“ zum Produkt in Deutschland entstand und ausgearbeitet wurde, hilft nicht.

Regionale Bezeichnungen und Lebensmittel


Es muss nicht immer „made in Germany“ sein, auch regionale Bezeichnungen können spannend werden, speziell bei Lebensmitteln. Dabei zeigt der Blick in die juristische Literatur, dass hier vieles unklar ist und der Einzelfall bewertet werden muss (dazu etwa in der Zeitschrift Lebensmittel und Recht 2012, 225). Geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten können nach EU-Recht für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel geschützt werden. Folgendes sollten Sie wissen:

Das Unionszeichen „g.U.“ garantiert, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Erzeugnisses in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgt. Alle Produktionsschritte müssen also in dem betreffenden Gebiet erfolgen. Zwischen den Eigenschaften des Erzeugnisses und seinem geografischen Ursprung muss ein enger objektiver Zusammenhang bestehen.

Das Unionszeichen „g.g.A.“ soll die Verbindung der Agrarerzeugnisse und Lebensmittel mit dem Herkunftsgebiet dokumentieren, wobei nur eine der Produktionsstufen – Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – im Herkunftsgebiet durchlaufen werden muss. Die zur Herstellung verwendeten können jedoch auch aus einer anderen Region stammen. Erzeugnisse mit g.g.A. besitzen somit eine besondere Eigenschaft oder ein besonderes Ansehen, das sie mit einer bestimmten Region verbindet.

Das Unionszeichen „g.t.S.“ bezieht sich nicht auf einen geografischen Ursprung, sondern hebt die traditionelle Zusammensetzung des Erzeugnisses oder ein traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren hervor. Das Herstellungsverfahren ist nicht an ein bestimmtes Gebiet gebunden, entscheidend ist, dass das traditionelle Rezept oder Herstellungsverfahren befolgt wird.

Irreführend ist die Bezeichnung „aus Berlin“ für ein Produkt, das ausschließlich von Drittunternehmen außerhalb Berlins hergestellt und dort auch abgefüllt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Unternehmen, das die Produkte vertreibt, seinen Sitz in Berlin hat. Bei einem industriellen Produkt bezieht sich die Herkunftsangabe grundsätzlich auf den Ort der Herstellung, an dem das Produkt seine maßgebliche Qualität und seine charakteristischen Eigenschaften erhält.

Die Irreführung ist auch wettbewerblich relevant, da sich Verbraucher aufgrund des gestiegenen Umweltbewusstseins teilweise für den Kauf regionaler Produkte entscheiden, um lange Transportwege zu vermeiden. Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn die Flaschen über weite Strecken nach Berlin transportiert werden müssen (LG Berlin, 102 O 5/19).

„made in germany“: Auch Qualitätssicherung in Deutschland reicht nicht aus

Bei Kondomen reicht es nicht aus, wenn diese in Deutschland befeuchtet und getestet werden (OLG Hamm, 4 U 95/12). Das OLG Hamm insoweit:

Hierdurch wird die Erwartung des Verbrauchers begründet, dass wenn auch nicht ausnahmslos sämtliche, jedoch alle wesentlichen Fertigungsschritte des in Rede stehenden Industrieproduktes in Deutschland erfolgen (…), zumindest habe der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware die bestimmenden Eigenschaften erhält, die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen, in Deutschland stattgefunden (…) 

Der angesprochene Verkehr versteht den Slogan „Made in Germany“ auch nicht etwa dahin, dass die maßgeblichen deutschen Sicherheitsstandards erfüllt sind. Dies darf er bedenkenlos als selbstverständlich voraussetzen; andernfalls dürften die beworbenen Kondome ohnehin nicht in Deutschland in den Verkehr gebracht werden. Im Übrigen wird man auch nicht davon ausgehen können, dass die Beklagten solchermaßen wettbewerbswidrig mit einer Selbstverständlichkeit werben wollen.

„made in Germany“: Klarstellung des BGH zur Rechtsgrundlage

Die oben benannte Entscheidung des OLG Hamm lag später dem BGH (I ZR 16/14) vor, der sich dann deutlich zu der Frage postieren konnte und feststellte:

Für die Frage, ob ein Produkt die Angabe „Made in Germany“ verdient, wird im Schrifttum allerdings teilweise abweichend (…) herangezogen, wonach Ursprungsland dasjenige Land ist, in dem die Ware der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist (…) Teilweise wird auch der Anteil der im jeweiligen Land erfolgenden Wertschöpfung berücksichtigt (…)

Solchen Maßstäben kann jedoch keine entscheidende Bedeutung für den Irreführungscharakter der Angabe „Made in Germany“ zukommen, weil dafür auf das Begriffsverständnis der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen ist (…) Die vorgenannten Kriterien sind deshalb in der Rechtsprechung – und mit Recht auch vom Berufungsgericht – nicht als ausschlaggebend erachtet worden.

Vereinzelt wird die Angabe „Made in Germany“ wegen der damit regelmäßig verbundenen Verkehrserwartungen an die Qualität und Zuverlässigkeit des beworbenen Produkts (…) als Garantie der Einhaltung deutscher Qualitätsstandards, etwa durch die Gewährleistung von Qualitätssicherungsmechanismen oder deutschen Produktsicherheitsvorschriften, angesehen (…) 

Auch die Nichtzulassungsbeschwerde vertritt die Ansicht, angesichts der für den Verbraucher maßgeblichen Qualitätsaussage und Produktverantwortung erwarte er von einem Produkt „Made in Germany“, dass der damit werbende Unternehmer nach inländischen Maßstäben die Qualität sichere und dafür einstehe.

Eine solche Deutung entfernt sich allerdings vom Wortsinn der Wendung „Made in …“, die nach der Bewertung des Berufungsgerichts vom Verkehr als geläufiger Anglizismus für „hergestellt in …“ verstanden wird und üblicherweise auf den Fertigungsprozess in Deutschland hinweist. Die tatrichterliche Beurteilung der Verkehrsauffassung ist weder erfahrungswidrig noch sonst rechtsfehlerhaft. Sie entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, die in der Angabe „Made in Germany“ einen Hinweis auf die mit der Warenfertigung zusammenhängenden Produktionsschritte sieht (…)

Das bedeutet: Der maßgebliche Fertigungsschritt, man könnte auch sagen, das was das Produkt als solches entstehen lässt, muss in Deutschland stattfinden. Es genügt nicht alleine der Verweis auf Sicherheitsstandards, entsprechende Tests oder „abschliessende“ Fertigungsschritte – die Rechtsprechung spielt bei einer künstlichen Aufspaltung des Fertigungsprozesses schlicht nicht mit.

Werbung mit "Made in Germany" - Rechtsanwalt Ferner

Jens Ferner

Rechtsanwalt, IT-Fachanwalt

Werbung mit „made in Germany“: Betroffen von Verstößen ist auch der Handel

Es muss nicht immer gegen den Hersteller gehen, wie etwa beim OLG Köln (6 U 71/10, „Himalaya-Salz“). In dieser Sache hatte ein Kaufhaus ein Salz als „Himalaya-Salz“ beworben. Gewonnen wurde das Salz allerdings nicht „am Fuße des Hochgebirgsmassivs“, sondern vielmehr in einer Hügellandschaft, die zwar geographisch noch zum Himalaya gehörte, letztlich von dem markanten Gebirge aber deutlich entfernt war (200km Entfernung, wobei eine „dicht besiedelte Ebene“ zwischen Gebirgsmassiv und Hügellandschaft lag). Trotz objektiver Stimmigkeit der Bezeichnung sah das OLG Köln einen .

Man sieht somit, dass sich auch Kaufhäuser und Shop-Betreiber im Rahmen ihrer Werbung mit dem Thema geographischer Angaben auseinandersetzen müssen. Jedenfalls birgt die ungeprüfte Übernahme von diesbezüglichen Angaben des Herstellers in eigene Werbeanzeigen gewisse Risiken.

"made in germany": Rechtsanwalt Ferner zur Zulässigkeit der Werbung mit dem Slogan "Made in Germany"

Der Slogan „Made in Germany“ weckt Vertrauen von Verbrauchern – nicht ohne Grund. Aber dann darf man auch nicht mit faktisch nicht in Deutschland hergestellten Artikeln derart werben!

Vorsicht: Zusatz von „Germany“ im Firmennamen

Zumindest am Rande sollte Erwähnung finden, dass auch der Zusatz „Germany“ in Produkt- oder Firmennamen problematisch sein kann. Das OLG Frankfurt am Main (6 U 161/14) führte hierzu etwa aus:

Der innerhalb eines Gesamtzeichens einem bürgerlichen Namen hinzugefügte Begriff „Germany“ stellt eine Angabe über die geographische Herkunft der Ware dar, wenn das Zeichen vom angesprochenen Verkehr nicht als Unternehmenskennzeichen, sondern als aufgefasst wird. Letzteres ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Zeichen einer bestimmten Ware zugeordnet sowie mit einem Registrierungshinweis („R im Kreis“) versehen ist und keine auf einen Unternehmensnamen hindeutenden Zusätze enthält.

Es gibt aber auch Ausnahmen, letztlich kommt es auf den Einzelfall an: Der Vertrieb eines in China hergestellten Werkzeugs mit der angebrachten Bezeichnung „K. Germany “ ist nicht irreführend und damit wettbewerbswidrig, da in der Führung dieser Bezeichnung keine Benutzung eines Unternehmenskennzeichens liegt und der verständige Verbraucher diese Angabe nicht als Hinweis auf den Herstellungsort, sondern auf den Sitz des Unternehmens versteht – so das Oberlandesgericht Braunschweig, 2 U 22/18.

Maßgeblich für das Verständnis ist das für das gesamte Marken- und Wettbewerbsrecht verbindliche Verbraucherleitbild des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Der Zusatz „GmbH“ ist dem (deutschen) Verkehr als Bezeichnung der Rechtsform eines Unternehmens und insbesondere als allgegenwärtiger Firmenbestandteil bekannt. Gerade ein solcher die Rechtsform des Unternehmens angebender Zusatz spricht aus Sicht des Oberlandesgerichts aber deutlich für die Verwendung eines Unternehmenskennzeichens, das hier lediglich besonders hervorgehoben wird. Der Verkehr weiß daher, dass er den vollständigen Firmennamen und nicht eine Marke vor sich hat.


„Made in Germany“ nur bei wesentlicher Fertigung in Deutschland

Die Werbung „deutsches Unternehmen – wir bürgen für die Qualität der von uns her­ gestellten Module“ erzeugt bei Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutsch­ land hergestellt. Es besteht zwar nicht die Erwartungshaltung, dass alle Produktionsvorgänge einer Industrieproduktion am selben Ort stattfinden, aber das Bewusstsein, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre Qualität ganz überwiegend der Güte und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Es kommt damit maßgeblich auf den Ort der Herstellung und nicht der konzepti­onellen Planung an. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.8.2020, 6 W 84/20) untersagte in einem Eilverfahren die angegriffenen Werbeangaben.

Die Parteien waren Wettbewerber auf dem Markt der Herstellung von Solarmodulen. Im Einzelnen ging es um die Aussagen: „Solarmodul­Hersteller…“ in Verbindung mit einer stili­ sierten Deutschlandflagge, „German Luxor Quality Standard“ und „Deutsches Unternehmen – wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“.

Das Landgericht (LG) Frankfurt hatte zunächst den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Der Antragstellerin stehe ein Unterlassungsanspruch zu, so das OLG. Der Durchschnitts­ verbraucher verstehe die angegriffenen Angaben als Hinweis, dass die angebotenen Module der Antragsgegnerin in Deutschland produziert würden. Die Angaben seien nicht lediglich als Hinweis auf den Unternehmenssitz der Antragsgegnerin aufzufassen.

Die siegelartige Gestaltung der Angabe „Solarmodule­-Hersteller …“ in Verbindung mit einer stilisierten Deutschland-­Flagge erzeuge bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Der Verbraucher beziehe den Flaggenhinweis auf die Angabe „Hersteller“. Es sei zwar bekannt, dass zahlreiche inländische Industrieunternehmen in Fernost produzierten. Der Verbraucher gehe davon jedoch nicht allgemein aus, sondern achte auf Angaben, die auf den Herstellungsort hinwiesen. Auch die siegelartige Darstellung auf der Produktbroschüre „German Luxor Quality Standard“ erzeuge im Kontext der Werbung bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Gleiches gelte für die Angabe „deutsches Unternehmen ­ wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“.

Die so erzeugte Vorstellung entspreche nicht der Wahrheit. Die Antragsgegnerin lasse die Module im inner­ und außereuropäischen Ausland fertigen. Da sie mit den genannten Angaben alle ihre Module bewerbe, also auch solche, die im Ausland produziert würden, komme es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin wenigstens einen Teil ihrer Module in Deutschland fertigen lasse.

Eine Angabe, mit der Deutschland als Herstellungsort bezeichnet werde, sei nur richtig, wenn diejenigen „Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält,“ erläutert das OLG. Bei einem Industrieprodukt komme es dabei aus Sicht der Verbraucher auf die Verarbeitungs­ vorgänge an. Der Ort der planerischen und konzeptionellen Leistungen sei weniger prägend.

Kein Rückschluss aus EAN auf Produktionsstandort

In Deutschland kann man wirklich über alles streiten: Es stellte sich die Frage, ob ein Strichcode auf der Rückseite einer Verpackung, also der dortige EAN-Code, aufgrund der Kennziffer einen Bezug zu Deutschland herstellt. Aber: Der Verkehr kennt diesen Strichcode als Barcode, der von Scannerkassen decodiert und gelesen werden kann. Demgegenüber ist nicht anzunehmen, dass der Durchschnittsverbraucher der darunter stehenden Nummer einen Sachinhalt, geschweige denn einen Herkunftshinweis entnimmt, so das OLG Braunschweig, 2 U 22/18.

Insbesondere lässt sich nach Auffassung des OLG aus den ersten drei Ziffern „400“ nicht auf einen in Deutschland gelegenen Produktionsort schließen. Ein solches Verständnis wäre auch unzutreffend, denn: Die ersten drei Ziffern stellen das sog. Länderpräfix dar, das jedoch nicht auf das Herstellungsland hinweist, sondern zwar für Deutschland steht, aber der zuständigen GS1 Organisation zugeordnet ist, bei der der GS1 Kunde die jeweilige Firmennummer erworben hat. Der GS1 Kunde erhält eine Firmenidentifikation, die sich aus dem GS1 Präfix und der nachgestellten Firmennummer zusammensetzt.


Fazit: Rechtliche Grundlage zu Werbung mit „Made in Germany“

Die Aussage „made in germany“ ist beliebt – und die Rechtsprechung macht hier keine „Spielchen“. Dass Teile der Produktion ausgelagert sind, muss nicht zwingend problematisch sein, umgekehrt wird man den Werbeslogan aber dort nicht verwenden können, wo der Kern des Produkts im Ausland hergestellt wird und die Endfertigung nur noch „pro forma“ in Deutschland anzunehmen ist. Wann dies im konkreten Fall anzunehmen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und der Würdigung aller Umstände, eine klare Formel für Produktionen mit ins Ausland verlagerten Produktionsschritten gibt es nicht.

Wettbewerber können sich dagegen wehren: Wer mit „made in Germany“ wirbt, das Produkt aber tatsächlich nicht „made in Germany“ ist, begeht einen Wettbewerbsverstoß und kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Es gilt: Eine eindeutige Grenzziehung zwischen zulässiger und unzulässiger Verwendung der Bezeichnung „Made in Germany“ ist kaum denkbar und nur im Einzelfall möglich. Wirklich auf der sicheren Seite ist man wohl nur, wenn ein Produkt zu 100 Prozent aus Deutschland stammt oder nur ganz unwesentliche Vorarbeiten im Ausland geleistet wurden – was man kritisieren kann, weil es weder zwingend ist noch vom verlangt wird. Wer auch in Zweifelsfällen mit der Herstellung in Deutschland werben und gleichzeitig die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs minimieren möchte, sollte zumindest aufklärende Hinweise in der Werbung verwenden, etwa durch eine Fußnote zu der entsprechenden Aussage. Allerdings muss auch diese Fußnote, ein sogenannter „Sternchenhinweis“, den strengen Anforderungen der deutschen Rechtsprechung genügen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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