Keine wettbewerbsrechtliche Irreführung bei Kündigung Bausparkassenvertrag durch Bausparkasse

Das (41 O 51/17) hat entschieden, dass die Kündigung eines Bausparkassenvertrages durch die Bausparkasse enthält in der Regel keine nachprüfbare Behauptungen als irreführende Angaben i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG. Die Idee dahinter war, dass man eine Kündigung eines Vertrages als Rechtsauffassung einstuft und jede unwirksame Kündigung dann zugleich ein Wettbewerbsverstoss ist – das Ergebnis hiervon wäre, dass man einen im Allgemeinen gegen solche Kündigungen hat. Doch das LG Aachen stufte die in der Kündigung enthaltene Auffassung der Kündigungsmöglichkeit als Rechtsansicht in Form einer Meinungsäußerung ein, die somit gerade nicht einer inhaltlichen Überprüfung unter Hinzuziehung des § 5 UWG zugänglich ist.

Aus der Entscheidung:

Selbst wenn man nämlich zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass die Auffassung der Beklagten zur Kündigung unzutreffend war, so würde dies der nicht zum Erfolg verhelfen.

Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch wäre nämlich nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG, dass eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen worden ist (so: § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG). Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben und sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 UWG im Einzelnen genannten Umstände enthält.

Bedingung ist jedoch, dass es sich um nachprüfbare Behauptungen als irreführende Angaben handelt, die sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen können, über die man also eigentlich nicht streiten kann (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2012, I ZR 105/11; Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 15.11.2016, 4 O 106/16, Seite 13). Es kommen also nur nachprüfbare Behauptungen als irreführende Angaben in Betracht (vgl. Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 5 Rdnr. 1.18). Keinesfalls kann es einem Unternehmen verwehrt werden, im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten (derselbe, ebenda). Eine als solche Rechtsansicht ist als Meinungsäußerung einer inhaltlichen Überprüfung nicht zugänglich. Ob sie sich als richtig erweist oder nicht, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf dass sich diese Rechtsansicht bezieht (derselbe, ebenda).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze kann im Fall nicht von einer irreführenden Angabe im Sinne des § 5 UWG ausgegangen werden. Die Frage, ob eine Bausparkasse sogenannte Altbausparverträge, für die sie einen hohen Zins zahlen muss, in der jetzigen Zinssituation kündigen darf, ist äußerst umstritten (vgl. nur Haertlein, Kündigung von Bausparverträgen wegen Störung der Geschäftsgrundlage, Betriebswirtschaftsrecht, Betriebs- Berater 2018, 259 ff), so dass von einem eindeutigen Richtig oder Unrichtig nicht ausgegangen werden kann. Hieraus folgt, dass eine irreführende Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG nicht vorliegt und somit ein Anspruch nach den §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG nicht gegeben ist.

Bestätigung durch OLG Köln

Die Entscheidung wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 18.01.2019 – Az. 6 U 74/18 bestätigt. Aus der Pressemitteilung des OLG dazu:

Der für Wettbewerbsrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit Urteil vom 18.01.2019 eine Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen die Aachener Bausparkasse als unzulässig abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens waren Schreiben, in denen die Bausparkasse ihre Sparer mit alten, hochverzinsten Verträgen aufforderte, in einen weniger günstigen Tarif zu wechseln. Anderenfalls könne sie wegen der nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen – gesunkene Marktzinsen – aus wichtigem Grund kündigen. Da der Bausparer dem Wechsel nicht zustimmte, kündigte die Bausparkasse im Anschluss den Vertrag. Die Verbraucherzentrale war der Auffassung, dass dieses Vorgehen wettbewerbsrechtlich unzulässig sei. Sie wollte der Bausparkasse daher generell verbieten, ihre Sparer auf diese Weise anzuschreiben und Kündigungen auszusprechen.

Bereits das Landgericht Aachen hatte die Klage – allerdings als unbegründet – abgewiesen. Auch vor dem hatte die Verbraucherzentrale keinen Erfolg. Der 6. Zivilsenat entschied, dass die Klage bereits unzulässig sei. Im wettbewerbsrechtlichen Verfahren zwischen der Verbraucherzentrale und der Bausparkasse sei nicht die rechtlich umstrittene Frage zu klären, ob die Bausparkasse Altverträge wegen des veränderten Zinsniveaus aus wichtigem Grund kündigen könne. Mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts dürfe der Bausparkasse nicht verboten werden, Vertragskündigungen aus wichtigem Grund auszusprechen. Würde der Bausparkasse untersagt, ihre Rechtsauffassung zu vertreten, wonach Kündigungen zulässig seien, würde damit auf den Ablauf etwaiger Rechtsstreite um die Wirksamkeit der Kündigungen eingewirkt. Auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens dürfe aber nicht dadurch Einfluss genommen und seinem Ergebnis vorgegriffen werden, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt werde. Ob die Ansicht der Bausparkasse richtig ist, sei allein in etwaigen Rechtsstreiten um die Wirksamkeit einer solchen Kündigung zu klären.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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