Urheberrecht in Kindergärten

Der Spiegel hat schon einmal berichtet, dass Kindergärten deutschlandweit Post von der GEMA erhalten hatten. Hintergrund: Man solle doch bitte Lizenzgebühren zahlen, um Kopien aus aktuellen Liedbüchern zu erstellen. Das Thema ist ein Dauerbrenner, immer wieder gab es öffentliche Beachtung, als Kindergärten ermahnt wurden, nicht unerlaubt Kopien anzufertigen und zu verteilen. Dabei geht es vornehmlich darum, dass die Mitarbeiter des Kindergartens gerne aus aktuellen Liedbüchern einzelne Lieder kopieren und zu „Sammelheftchen“ für Eltern und Kinder für die Feier oder den St.Martins-Umzug zusammenstellen.

Nun verstehen viele Kindergärten oder Eltern die Probleme nicht – im Folgenden eine kurze Erklärung der Thematik und der Download freier Liederbücher.

Allgemeine Erläuterungen
Das Problem dabei: Viele Lieder sind uralt, niemand kommt auf die Idee, dass z.B. an dem Lied „Stille Nacht“ noch ein Urheberrecht bestehen könnte. Sehr wohl besteht aber eines an der Art der Bearbeitung und Aufmachung, wie es in dem aktuellen Liederbuch X dargestellt wird. Wer daher aus einem aktuellen Liederbuch eine Kopie ziehen möchte, der braucht dazu eine Genehmigung, eine – und die gibt es u.a., wenn man bei der entsprechenden Verwertungsgesellschaft sich das notwendige Recht einkauft. Kosten dabei beispielsweise: 500 Liederzettel bei 56 Euro zzgl MWSt.

Theoretisch sind Verstösse abmahnfähig, sprich: Ein Kindergarten, der ohne Erlaubnis solche Werke verwendet, könnte eine kostenpflichtige erhalten und bei ausbleibender Reaktion auch durchaus mit einer einstweiligen (Unterlassungs-)Verfügung in Anspruch genommen werden. Ein teures Unterfangen. In der Praxis aber ist nicht mit massenhaften Abmahnungen zu rechnen, da der öffentliche Aufschrei und die damit verbundenen Abstriche beim eigenen Image zu gross sein dürften. Insofern passt ein Kommentar ins Bild, der (zumindest angeblich) von der Pressesprecherin der GEMA abgegeben wurde, hier zu finden. Andererseits kursierte kürzlich in der Presse der Bericht über eine einzelne Autorin (also keine Verwertungsgesellschaft), die einen Kindergarten abmahnen liess, der aus ihrem Buch eine Seite fotokopiert und auf der Kindergarten-Webseite zum Download gestellt hat.

Das Beispiel mit der Abmahnung zeigt dann auch die nächsten Tücken auf: Es ist zu unterscheiden zwischen einem „gemeinfreien“ (alten) Lied und einem aktuellen Lied, das ein aktueller Künstler sich ausgedacht hat. Das Urheberrecht wirkt in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers fort (§64 UrhG). Wer also mit aktuellen Werken arbeiten möchte, muss erhebliche rechtliche Risiken beachten, vom ungenehmigten Kopieren und Verbreiten von Liedtexten bis hin zu Aufführungen, wo entsprechende Werke vorgetragen werden. Vergrössert wird das Problem noch durch das Internet, wo man gerne einmal Kopien einstellt oder Videos von Aufführungen hochgeladen werden.

Lösungsschritte für Kindergärten und Schulen
Wie so oft ist die Erkenntnis dass es sich überhaupt um ein Problem handeln könnte, der erste Schritt zur Lösung. Mit dem richtigen Problembewusstsein bekommen Kindergarten das Risiko und die damit verbundene Unsicherheit in den Griff – jedenfalls ist es nicht nötig, gleich Martinszüge abzusagen. Schon früher wurde sich damit beholfen, dass man die Texte schlicht abschreibt und das abgeschriebene kopiert (die Noten braucht man ja eher selten, da die mitziehende Feuerwehr zur musikalischen Unterstützung eigene Vorlagen hat). Allerdings ist schon dabei darauf zu achten, keine moderne Fassung zu erwischen, die dann doch wieder einem aktuellen Urheberrecht unterfällt.

Sie haben daher die Wahl: Entweder Sie nutzen freie Liedtexte, die im Folgenden erworben werden. Oder Sie zahlen die notwendige Vergütung. Beides sind die letztlich rechtssicheren Lösungswege, wobei freie Liedtexte der günstige weil kostenlose Weg sein werden.

Downloads und Weblinks
Allerdings gibt es inzwischen erste Projekte, die Abhilfe versprechen. Im Internet versucht man derzeit, Liedertexte samt Noten zusammen zu stellen, die ohne urheberrechtliche Problematik genutzt werden können. Zwar herrscht hier noch keine Masse an Liedern, aber der grundsätzliche Bedarf dürfte schon sehr bald gedeckt sein. Zu finden ist dies auf den Webseiten:

Letztere haben inzwischen ein kleines PDF-Booklet herausgebracht, das auch direkt bei uns kopiert werden kann. Die Textblätter dürfen frei kopiert und ausgedruckt werden, so dass man mit minimalem Aufwand z.B. den St. Martins Umzug auf rechtlich sichere Beine stellen kann.

Download einzelner freier Liederbücher:

Im übrigen bleibt Kindergärten zu raten, sich an die zuständigen Rechtsämter ihrer Verwaltungen mit der Problematik zu wenden. Unsicherheit jedenfalls muss in dem Bereich nicht der beherrschende Faktor sein, solange mit dem notwendigen Problembewusstsein die entsprechenden Profis um Rat gefragt werden. Abschliessend kann aber nicht genug betont werden, auch aus diesem Grund als Kindergarten mit Online-Aktivitäten eher zurückhaltend zu agieren, da man letztlich mehr Probleme schafft als löst.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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