Filesharing-Abmahnungen: OLG Köln hebt Hürde für Auskunftsanträge

Das hat sich in drei aktuellen Beschlüssen, die auf Grund der Beschwerde gegen nicht erteile Auskünfte ergangen sind, mit dem Auskunftsverfahren in Filesharing-Sachen nach §101 IX UrhG beschäftigt und dabei die Hürde für Auskünfte bei Singles durchaus angehoben. Anders bei ganzen Alben oder Filmen, hier sieht das OLG Köln grundsätzlich einen als gegeben an.

Allgemein wird in allen drei Beschlüssen (6 W 205/11, 6 W 206/11, 6 W 260/11) festgestellt, dass man beim OLG Köln weiterhin eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß dann sieht, wenn eine besonders umfangreiche Datei vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird. Die Auffassung des OLG München (29 W 1268/11), derzufolge bereits die Teilnahme an einer „Tauschbörse“ ein gewerbliches Ausmaß ohne weitere Berücksichtigung aller Umstände begründet, wird vom OLG Köln ausdrücklich abgelehnt.

In den Beschlüssen 6 W 205/11 und 6 W 206/11 fällt dabei ein Absatz, der in der aktuellen Urheberrechtsdebatte viel Gegenliebe, aber auch viel Kritik, begegnen wird:

Der Senat verkennt nicht, dass in der Konsequenz der Beschränkung des Auskunftsanspruchs eine Verfolgung der Rechte der Anschlussinhaber in vielen Fällen einer Rechtsverletzung nicht möglich ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verlangt es die Verfassung aber nicht, dass der Staat dem Inhaber von Eigentumsrechten Mittel an die Hand geben muss, sämtliche sich daraus ergebenden Ansprüche gegen Dritte durchsetzen zu können.

Beim OLG Köln meint man also ausdrücklich, dass es keine staatliche Pflicht gibt, einen umfassenden Eigentumsschutz zu gewährleisten. Das liest sich wie dünner werdende Luft in Köln.

Im Beschluss 6 W 206/11 wird deutlich, dass das OLG Köln insgesamt bei einer Single geneigt ist, die Erheblichkeit der Rechtsverletzung in Frage zu stellen, wenn man liest

Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass die Rechtsverletzung beim Angebot einer Datei geringen Umfangs und von geringerem Wert weniger schwer wiegt. So werden Singles bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung zu Preisen angeboten, die für ein komplettes Musikalbum nur noch Ausverkaufspreise wären (was nach der Rechtsprechung des Senats eine Beendigung der relevanten Verwertungsphase indiziert mit der Folge, dass eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß nicht vorliegt).

Konkret wird dabei die besondere Bedeutung von Remixen in Frage gestellt:

Im konkreten Fall kommt hinzu, dass es sich lediglich um einen „Remix“ eines bereits anderweitig verwerteten Musiktitels handelt. Die Rechtsverletzung wiegt daher nicht so schwer, dass das Interesse des Rechtsinhabers an ihrer Aufklärung das Interesse des Inhabers des Anschlusses, von dem aus diese Single angeboten worden ist, am Schutz seiner Daten überwöge.

Noch weiter geht man dann im Beschluss 6 W 260/11 wo hinsichtlich einer „im Internet für weniger als 1,00 € zum legalen Abruf bereit gestellten einzelnen mp3-Datei mit einem vier Minuten langen Musikstück“ konkret festgestellt wird:

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tonaufnahme weniger als zwei Monate zuvor erstmals zum entgeltlichen Herunterladen angeboten und so – wie aus der Chartpla­­zierung ersichtlich – mit einigem Erfolg vermarktet wor­den war, wiegen die einzelnen illegalen Angebote einer Datei so geringen Umfangs und so geringen kommerziellen Wertes nicht so schwer, dass das Aufklärungsinteresse der Rechteinhaberin das Interesse der jeweiligen Internetanschlussinhaber am Schutz ihrer Daten überwöge.

Fazit

Im Gerichtsbezirk Köln dürfte es schwierig werden, hinsichtlich einzelner angebotener Lieder noch Auskunft über den Rechtsverletzer zu erhalten. Ausweislich der Beschlüsse ging es hier aber tatsächlich um einzelne Lieder, nicht um die bekannten Chart-Container („German Top 100“ etc.), bei denen weiterhin umfangreiche Dateien angeboten werden. Insofern sollte man mit verallgemeinernden Rückschlüssen vorsichtig sein. Die differenzierende Betrachtung des OLG Köln im Vergleich zur sehr pauschalen Haltung des OLG München überzeugt jedenfalls.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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