Tippfehler-Domain: Markenrechtlicher Schutz und Domains

Wieder einmal musste sich ein Gericht (LG Köln, Urteil vom 8.02.2007 – Az. 31 O 439/06) mit der Frage auseinandersetzen wann eine markenrechtliche Verletzung bei „Vertipp-Domains“ vorliegt. Das Urteil ist vielerlei Hinsicht beachtlich. Schon der Satz „Die Frage der ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.“ macht klar, dass hier sehr gewissenhaft vorgegangen wurde und man von schematischen Ausführungen absah:Es ging um die Worte „AIDU“ und „AIDA“ sowie die damit verbundene, erstmal naheliegende Ähnlichtkeit. So wird als allgemeine Regel zur Differenzierung ausgeführt:

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Unterscheidungskraft der prioritätsälteren Kennzeichnung, der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen und/oder eine besondere Bekanntheit der älteren ausgeglichen werden, während umgekehrt ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Angreifermarke nur schwach und/oder der Waren- bzw. Dienstleistungsabstand größer ist (vgl. BGH GRUR 1999, 245, 246 – „LIBERO“; GRUR 1999, 995, 997 – „HONKA“; WRP 2000, 529, 531 – „ARD 1“; WRP 2000, 535, 538 f. „ATTACHÉ/TISSERAND“).

Das Gericht kommt bei konsequenter Anwendung im konkreten Fall dann zu dem Schluss:

Im Falle hochgradiger Zeichenähnlichkeit sind sonderlich hohe Anforderungen an die Dienstleistungsähnlichkeit nicht erforderlich. Liegt neben der Zeichenähnlichkeit auch eine hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit vor, ist schon bei normaler Kennzeichnungskraft der (verletzten) klägerischen Marke eine Verwechslungsgefahr unzweifelhaft.

Der markenrechtliche Schutz ist begrenzt auf die Nutzung einer Kennzeichnung für Dienstleistungen, die infolge ihrer Ähnlichkeit zu den von der Marke erfassten Dienstleistungen zu einer Verwechslungsgefahr führen können. Ein weitergehende Untersagung, etwa im Wege der gänzlichen Löschung einer Domain, ist dagegen nicht begründbar. Denn wird die Domain etwa für unähnliche Dienstleistungen genutzt oder gar als inhaltsleere Homepage, läge mangels einer Verwechslungsgefahr keine rechtsverletzende Nutzung vor.

Bemerkenswert ist aber auch die Ausführung zu „Vertipp-DOmains“. Das LG verlangt hier nicht einfach ähnliche Worte, sondern stellt darauf ab, ob die betreffenden Buchstaben derart nah auf der Tastatur beianander liegen, dass ein Vertippen des Nutzers überhaupt realistisch erscheint, ein lebensnaher Ansatz;

Eine sog. Tippfehlerdomain liegt nicht vor, wenn man sich auf der Tastatur nicht vertippen kann (hier: im Verhältnis zwischen „…A“ und „…U“ jeweils am Ende der kollidierenden Zeichen ). Denn dann lässt sich aus diesem Aspekt und unter dem Gesichtspunkt der Zuordnungsverwirrung oder einer unlauteren Nutzung der Domain das Begehren des Rechteinhabers nach Löschung der Domain nicht begründen.

 

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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