Markenrecht: Zur Verwechslungsgefahr bei Verwendung einer Marke in einem Barcode

Ein markenrechtlicher knüpft an die „“ an, also die Frage, ob zwischen den beiden streitgegenständlichen Zeichen überhaupt eine Verwechslungsgefahr bestehen kann (dazu hier bei uns).

Beim (6 U 185/14) ging es nun um die Frage, ob die Verwendung eines markenrechtlich geschützten Zeichens in einem Barcode einer solchen Verwechslungsgefahr bereits entgegen steht. Das hat das OLG letztlich bejaht, da durch die codierte Wiedergabe des Zeichens letztlich gar nicht so wiedergegeben ist, dass überhaupt eine Zeichenähnlichkeit besteht. Dass dann letztlich eine decodierung über verbreitete Software möglich ist, spielt keine Rolle für das OLG. Das Ergebnis bedeutet eine Entlastung, gerade für den stationären Handel, der sich sonst einem beachtlichen Risiko auf Grund von Fehletikettierungen ausgesetzt sehen würde.

Zur Verwechslungsgefahr

Wann eine solche Verwechslungsgefahr vorliegt hatte ich bereits ausführlich beschrieben, das OLG wiederholt hier nur die allgemeinen Grundsätze nochmals verständlich:

Das Bestehen von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls umfassend zu beurteilen. Dabei hängt das Vorliegen von Verwechslungsgefahr insbesondere von dem Bekanntheitsgrad der auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ab (vgl. BGH GRUR 2005, 427, 429 – Lila-Schokolade; BGHZ 169, 295 Tz. 17 – Goldhase). Die von der Rechtsprechung zum markenrechtlichen Zeichenvergleich angenommenen allgemeinen Erfahrungssätze gelten grundsätzlich auch für geschäftliche Bezeichnungen nach Maßgabe der §§ 5, 15 MarkenG (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rn. 81 m.w.N.).

Bei der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsprüfung sind nur die beiderseitigen Zeichen selbst, nicht aber außerhalb der Kennzeichnung liegende Begleitumstände zu berücksichtigen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 837). Für den markenrechtlichen Vergleich zweier Marken ist demnach nur deren Gesamteindruck maßgeblich; dabei ist eine zergliedernde Betrachtungsweise zu vermeiden; vielmehr ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Auflage, § 9 Rn. 170). Dabei ist die Zeichenähnlichkeit nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen nach dem Grad der Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Bedeutung zu bestimmen, da Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können.

Keine Zeichenähnlichkeit bei Verwendung der Marke im Barcode

Im Weiteren erkennt das OLG dann, dass es bereits an der Zeichenähnlichkeit scheitert:

Danach ist festzustellen, dass zwischen dem Wortzeichen „D“ und dem aus Strichen und Zahlen bestehenden Barcode keine Zeichenähnlichkeit im genannten Sinne besteht. Da eine klangliche oder (schrift)bildliche Ähnlichkeit offensichtlich ausscheidet, kommt allein eine Ähnlichkeit bzw. Identität der Bedeutung in Betracht. Eine solche vermag der Verbraucher jedoch nicht bei dem – allein maßgeblichen – Vergleich der Zeichen selbst, sondern allenfalls und erst durch weitere Ermittlungsschritte und eine Analyse des Bedeutungsgehalts zu erfassen. Denn erst durch den Einsatz einer speziellen Software vermag er den Code zu entschlüsseln und die dahinter stehenden Informationen, namentlich die Herstellerangabe, „auszulesen“. Dabei handelt sich auch nicht um einen Fall, in dem das Zeichen – wie bei der Verwendung fremder Marken als Metatag oder als Keyword für Internetsuchmaschinen (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 306) – verdeckt eingesetzt wird, vielmehr ist das im Streitfall beanstandete Zeichen selbst verschlüsselt und wird in abgewandelter Form verwendet. Ist aber ein Zeichen – und damit auch ein verschlüsselter Code – nicht ohne weitergehenden Denk- und Ermittlungsvorgang, im konkreten Fall mit Hilfe von bestimmten Technologien erfassbar, ist eine markenrechtliche Zeichenähnlichkeit nicht gegeben.

Fazit: Richtige Entscheidung

Die Entscheidung verdient Zustimmung, vor allem wenn man sich den Hintergrund vor Augen hält: Es ging darum, dass Schuhe in Verkaufsgeschäften (versehentlich) mit einem falschen Barcode versehen waren, so dass sie über den Barcode als Herstellerin von Schuhen angegeben war, die sie aber gar nicht herstellte. Es mag nachvollziehbar sein, dass die Herstellerin der Schuhe hiergegen vorgehen wollte, gleichwohl ist es lebensnah, wenn hier nicht gleich wettbewerbsrechtliche oder markenrechtliche Unterlassungsansprüche für eine Fehletikettierung angenommen werden (die das Landgericht übrigens, wie so gerne, zuerst „durchgewunken“ hatte). Das Risiko für den stationären Handel, mit Unterlassungsklagen auf Grund einfacher Etikettierungsversehen überzogen zu werden – die dem Verbraucher nicht mal auffallen – wäre enorm gewesen. Die Alltagstaugliche Entscheidung hat dem einen Riegel vorgeschoben.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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