Markenrecht: Kein einstweiliger Rechtsschutz bei selektiver Verfolgung

Das OLG Frankfurt (6 U 141/14) hat festgestellt, dass in der Regel zwar ein Verfügungsgrund für die Geltendmachung eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs festzustellen ist. Er kann allerdings fehlen, wenn es der Markeninhaber bewusst unterlässt, gegen den Hersteller vorzugehen, und sich auf die Verfolgung der Händler beschränkt. Auch hier gilt es aber das Gesamtbild zu betrachten: Dies gilt nämlich nicht, wenn der Hersteller in den Vereinigten Staaten ansässig ist und der Markeninhaber keine sicheren Anhaltspunkte dafür hat, dass der Hersteller das markenverletzende Angebot im Inland veranlasst hat.

Aus der Entscheidung:

1. Es besteht ein Verfügungsgrund.

a) Aufgrund der von jeder Markenverletzung ausgehenden Gefährdung für die geschützte besteht ein berechtigtes Interesse des Markeninhabers, weitere Verletzungshandlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes alsbald zu unterbinden; insoweit kann der in der Dringlichkeitsvermutung gem. § 12 Abs. 2 UWG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke auch auf das Markenrecht angewendet werden (Senat, WRP 2014, 981 m.w.N.). Die Eilbedürftigkeit entfällt grundsätzlich nur dann, wenn die Antragstellerin längere Zeit untätig geblieben wäre, obwohl sie Kenntnis von Tatsachen hatte, die die Markenverletzung begründen, oder sich bewusst dieser Kenntnis verschlossen hätte. Solche Umstände hat die Antragsgegnerin nicht vorgebracht.

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Verfügungsgrund auch dann nicht bejaht werden, wenn es die Antragstellerin bewusst unterlässt, gegen den – als Hauptverletzer anzusehenden – Hersteller vorzugehen und sich auf die Verfolgung der Händler beschränkt (Senat, Beschl. v. 23.04.2013, 6 W 41/13, juris). Denn in einem solchen Fall geht es der Antragstellerin offensichtlich nicht um eine schnelle und effektive Rechtsdurchsetzung, sondern es müssen andere Motive unterstellt werden. Die Antragsgegnerin hat sich erstinstanzlich darauf berufen, die Antragstellerin gehe nur gegen Händler vor, die Kleidung in der angegriffenen Weise kennzeichnen, nicht jedoch gegen die Herstellerin als Quelle der angeblichen Schutzrechtsverletzung. Zur Glaubhaftmachung hat sie ein Schreiben der Xl LLC vorgelegt, in dem diese bestätigt, nicht abgemahnt worden zu sein (Anlage Ast11, Bl.133 d.A.). Für eine bewusste Schonung der „Quelle“ liegen indessen keine Anhaltspunkte vor. Die von der Antragsgegnerin benannte Herstellerin ist in den USA ansässig. Die Antragstellerin bestreitet, dass sie vor Einleitung des Verfügungsverfahrens wusste, dass die X LLC die Bezeichnung „Wollmantel SAM“ bzw. „Wollblazer SAM“ initiiert haben soll. Dies geht im Übrigen auch aus dem Schreiben (Anlage Ast 11) nicht klar hervor. Aus Sicht der Antragstellerin war es ebenso gut vorstellbar, dass eine Tochtergesellschaft der Herstellerin, ein Importeur oder die Antragsgegnerin selbst erstmals diese Kennzeichnung vornahmen. Selbst wenn die Bezeichnung von der Herstellerin stammte, war nicht ersichtlich, dass die Ware seitens der Herstellerin für den deutschen Markt bestimmt war. Die Klagemarke beansprucht allein Schutz in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Herstellerabmahnung war daher nicht veranlasst.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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