Abmahnung von Microsoft – Verkauf von Product Keys oder CoA

Der Verkauf von Software und Lizenzen geht mit vielen Tücken einher, alleine deswegen sind Abmahnungen bei Softwarehäusern und Softwareverkäufern ein dauerndes Thema. Gerade wer zwar geschäftlich aber nicht professionell agiert, begeht schnell Fehler, weil er mit laienhaften Verständnis Dinge falsch interpretiert. So möchte ich einleitend zusammenfassen, was aus meiner Sicht am Ende möglicherweise zu einer von Microsoft führen kann, wie ich derzeit etwa eine – aus Sicht eines Abgemahnten – bearbeiten darf. Hintergrund ist der Verkauf von Produktschlüsseln, doch es gibt häufig auch andere Angriffspunkte, die wohl auch im Zuge von Abmahnungen geltend gemacht werden. Ein Überblick.

Gründe für eine Abmahnung durch Microsoft

Im Hinblick auf vorliegende Rechtsprechung sowie die vorliegende Abmahnung gibt es aus meiner Sicht verschiedene Szenarien für Abmahnungen beim Verkauf von Produktschlüsseln (ohne Bewertung/Aussage was davon schon vorgekommen ist):

  • Es werden Produktschlüssel als Lizenzen verkauft
  • Es werden Lizenzen verkauft, die gar nicht gehandelt werden dürfen im konkreten Fall
  • Es werden Einzelkompenenten zusammen verkauft, die so nie zusammengesetzt waren (etwa ein „Certificate of Authencity“ (CoA) mit einer nicht zugehörigen )
  • Es werden separate CoA angeboten, etwa zu einem Download einer Software

Rechtsprechung zum Thema

Es gibt inzwischen einige gerichtliche Entscheidungen, die auch im Ergebnis die Position von Microsoft sehr stark gestalten.

Product Keys

Die Rechtsprechung zu Productkeys habe ich inzwischen in einen eigenen Artikel ausgelagert. Tatsache ist, dass es mehrere Entscheidungen von Landgerichten gibt, die einen isolierten Verkauf von Produktkeys als urheberrechtlich problematisch betrachten.

Auf Grund der aktuellen Rechtsprechung des BGH, hier speziell „Green IT“, bin ich aber der Auffassung, dass diese Rechtsprechung vollständig überholt ist.

 

Echtheitszertifikate – CoA

Auch hier lohnt sich der Blick in die Entscheidung des Landgerichts München I (33 O 12440/14), das einen beliebten Fehler aufgreift: Es führt aus, dass es (natürlich – und mit dem BGH) egal ist, ob die Zertifikate möglicherweise echt und erschöpft sind. Wenn man solche CoA mit Datenträgern verbindet, die ursprünglich nicht dazu gehörten, dann begründet dies einen . Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (11 W 15/09):

Dabei kann letztlich offen bleiben, ob die COAs– wie der Antragsgegner meint und im Rahmen seiner Beschwerdebegründung umfangreich darzulegen versucht – neben ihrer Funktion, die Echtheit eines bestimmten Softwareprogramms zu bestätigen, zugleich eine Art Lizenzfunktion haben. Entscheidend ist, dass nach dem Vortrag des Antragsgegners mit Hilfe des auf den COAs abgedruckten Product – Keys die streitbefangene Software installiert werden kann. Gerade wenn die COAs in diesem Sinn neben ihrer Funktion, die Authentizität einer bestimmten Software zu bescheinigen, auch (Lizenz-)rechte verkörperten, wären sie nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin an Dritte übertragbar. Denn es ist grds. allein der Antragstellerin als Urheberrechtsinhaberin vorbehalten zu entscheiden, wem sie Nutzungsrechte an den von ihr entwickelten Softwareprogrammen einräumt (§§ 34, 69 c UrhG).

Weiter führt das OLG später (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11 W 34/12) dazu aus

Bei den CoAs handelt es sich um Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der identischen Zeichen versehen sind. Der Beklagte hat auch in der Beschwerde nichts dazu vorgetragen, dass entgegen der Feststellung des Landgerichts nicht die vom Landgericht angenommene Gefahr einer Benutzung für Waren besteht, hinsichtlich derer Dritten die Benutzung nach § 14 Abs. 2, 3 MarkenG untersagt wäre und somit die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 2 MarkenG nicht erfüllt wären. So hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich auf einen konkreten Fall Bezug genommen, in dem ein CoA mit einem nicht von der Klägerin stammenden Datenträger mit dem geschützten Programm der Klägerin verbunden worden war, ohne dass der Beklagte insoweit zu den Voraussetzungen der i.S.d. § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG vorgetragen hätte (s. dazu unten 3).

Verkauf von OEM-Keys

Auch hier lauern erhebliche Fallen. Zwar hatte der BGH den Verkauf von OEM-Versionen grundsätzlich erlaubt, dies aber inhaltlich dann doch wieder beschränkt. Ich verweise dazu auf meinen allgemeinen Artikel zum Thema „OEM-Entscheidungen des BGH“.

Nachweis der Rechte bei Gebrauchter Software

Ich erinnere daran, dass derjenige der verkaufen möchte, die gesamte Rechtekette nachweisen können muss! Viele Entscheidungen zu Lasten Beklagter wurden unnötig provoziert weil man hier die verkannt hat und gar auf CoA etc. abstellen möchte – das funktioniert nicht (so auch Landgericht Frankfurt am Main (2-03 O 118/15)).

Bewertung der Rechtslage bei einer Abmahnung durch Microsoft

Nein, ich schreibe hier ausdrücklich und ganz bewusst nichts dazu, wie man möglicherweise die umfangreiche Rechtsprechung zur Gebrauchtsoftware nutzen könnte, um irgendein Verteidigungspotential zu entwickeln (was speziell hinsichtlich OLG Frankfurt, 11 W 15/09, gelten dürfte): Dies wäre aus meiner Sicht fatal.

Je nach Einzelfall mag es durchaus Diskussionspotential geben, insbesondere ist es meines Erachtens falsch, pauschal von der Unzulässigkeit des Verkaufs von Produktkeys zu sprechen. Allerdings geht es hier um derart vertiefte und miteinander verbundene Fragen des Softwarerechts, Urheberrechts und Markenrechts, dass jedes pauschale Wort eines zu viel wäre. Ein Laie kann dies schlichtweg nicht bewerten oder einschätzen. Wer den inneren Trieb hat, die Abmahnung als „unsinn“ abzutun, für den habe ich oben in aller Kürze ja die entsprechende Rechtsprechung dargestellt, um zu verdeutlichen, welche Risiko hier liegt.

Abmahnung von Microsoft erhalten – Was tun?

Ich erspare an dieser Leier die üblichen Ausführungen zur „zu weit gefassten “ etc., das finden Sie woanders zur Genüge. Aus meiner Sicht sind Abmahnungen in diesem Bereich äusserst gefahrgeneigt: Ein solventer Gegner, der bereit ist zu klagen und inzwischen mehrmals erfolgreich vor Gericht war. Dabei eine umfangreiche verquickung komplexer Rechtsgebiete, wobei jeder Fehler aus meiner Sicht zu einem wieder erheblich gesteigerten Kostenrisiko führt. Es kann daher schon ein Ziel sein, die Angelegenheit sauber und ohne weitere verursachte unnötige Kosten zu beenden; andererseits ist der professionelle Softwarehandel zu sehen: Eine unbedacht abgegebene und/oder unsauber formulierte Unterlassungserklärung kann unweigerlich den eigenen Geschäftsbetrieb enorm belasten – wenn man nicht gar durch einen unsauber aufbereiteten Sachverhalt weitere Folgeabmahnungen – oder gar Vertragsstrafen – provoziert.

Wer es platter formuliert haben möchte: Das ist keine Filesharing-Abmahnung und kein Fotoklau. Seien Sie Umsichtig, sparen Sie nicht an der falschen Stelle und murksen selber rum.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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