Beim OLG Brandenburg (7 U 137/10) ging es um eine Widerrufsbelehrung, die – wie gar nicht so selten – gegeben wurde, obwohl es gar nicht nötig war. Hintergrund war wohl, dass vorgefertigte Vertragsunterlagen eingesetzt wurden, die auf Haustürgeschäfte ausgelegt waren, während es im konkreten Fall um kein Haustürgeschäft ging. Auch war nirgendwo in den AGB oder der Belehrung eine Einschränkung vorgesehen, dass das Widerrufsrecht nur unter den Umständen eines entsprechenden Geschäfts gelten soll.
Hinweis: Jedenfalls hatte das OLG bemängelt, dass eine solche Einschränkung nicht vorgesehen war. Allerdings ist fraglich, ob das wiederum nicht abmahnfähig wäre, ich erinnere nur an die abmahnfähige Beschränkung auf Verbraucher, dazu hier bitte lesen.
Was bedeutete das nun im konkreten Fall? Der Vertragspartner hatte dennoch ein umfassendes Widerrufsrecht, von dem hier auch Gebrauch gemacht wurde. Als Begründung wurde vom Gericht herangezogen, dass zwar keine entsprechende Situation für ein Widerrufsrecht bestand, es aber dann vertraglich vereinbart wurde und somit zur Geltung kommt.
Hinweis: Diese rechtliche Auffassung hat der BGH inzwischen je nach Eizelfall auch in einer Entscheidung aus dem November 2015 ausdrücklich bestätigt: Wer, ohne dazu gezwungen zu sein, durch eine überreichte Widerrufsbelehrung freiwillig ein Widerrufsrecht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben einräumt, der muss sich mitunter auch daran messen lassen! Das kann bedeuten, dass Verstöße gegen die Formulierung der Widerrufsbelehrung trotz freiwilliger Vereinbarung zur Verlängerung der Frist zur Widerrufserklärung führen! So führte der BGH aus:
In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern vertraglich eingeräumt werden kann. Danach können Vertragspartner – als Ausprägung der Vertragsfreiheit – ein Widerrufsrecht vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen grundsätzlich auch auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (…) Wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Wider-rufsrecht entspricht (…)
Auch schön dabei der Hinweis, dass man für den Fall des Widerrufs möglichst verständlich auf die Folgen im Sinne des §357 BGB hinweisen muss, also dass alles zurück abgewickelt wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch nur ausdrücklich darauf verwiesen, dass eine Seite die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren habe, es wurden nur die Pflichten des Verbrauchers aufgezählt. Das ist – im Übrigen mit dem BGH (VII ZR 122/06) – zu wenig. Damit war keine ordentliche Widerrufsbelehrung erteilt mit der Konsequenz, dass die Widerrufsfrist nicht einmal zu laufen begonnen hatte.
- Cyberkriminalität als Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof? - 30. September 2023
- Zeitungsartikel als Sprachwerk - 30. September 2023
- Rechtliche Fragen beim Recycling von Batterien - 24. September 2023