Wenn Sie über die Gefahren generativer KI nachdenken, kommen Ihnen sicherlich auch Themen wie Sicherheit und Datenschutz in den Sinn. Doch während diese Aspekte zweifellos wichtig sind, gibt es noch unmittelbarere und tiefgreifendere Gefahren: die Wirkung von KI auf den Menschen selbst und die Umwelt. Die Nutzung generativer KI, insbesondere von Large Language Models wie ChatGPT, hat messbare Auswirkungen auf unsere kognitiven Fähigkeiten, unseren Sprachgebrauch und die ökologische Bilanz unseres Planeten. Diese Effekte sind nicht nur theoretischer Natur, sondern werden durch aktuelle Studien und empirische Analysen belegt.
Kognitive Auswirkungen: Merkfähigkeit und Konzentration
Eine – jedenfalls für mich: erschreckende – Studie des MIT Media Lab hat gezeigt, dass die Nutzung von KI-Tools wie ChatGPT zu einer signifikanten Reduzierung der Gehirnaktivität führt. Besonders betroffen sind die Bereiche, die für Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und Informationsverarbeitung zuständig sind. Die Studie verwendete EEG-Messungen, um die kognitive Aktivität von Personen zu untersuchen, die Texte mit und ohne KI-Unterstützung verfassten.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Nutzer von KI-Tools zeigten eine deutlich geringere Gehirnaktivität und ein reduziertes Erinnerungsvermögen. Bereits nach wenigen Minuten konnten sich die Teilnehmer kaum mehr an ihre eigenen Texte erinnern. Die Forscher sprechen von einer „Akkumulation kognitiver Schulden“, die sich bei wiederholtem KI-Einsatz ansammeln und nicht spontan zurückbilden. Dies deutet darauf hin, dass die häufige Nutzung von KI-Tools unsere Fähigkeit zur Konzentration und Merkfähigkeit langfristig beeinträchtigen kann.
Sprachliche Auswirkungen: Wortschatz und Ausdruckskraft
Neben den kognitiven Auswirkungen hat die Nutzung generativer KI auch erhebliche Konsequenzen für unseren Sprachgebrauch. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung analysierte knapp 280.000 akademische YouTube-Videos und stellte fest, dass sich seit der Markteinführung von ChatGPT der Gebrauch bestimmter, für KI-generierte Sprache typischer Wörter signifikant erhöhte. Wörter wie „delve“, „realm“ und „meticulous“ wurden zwischen 35% und 51% häufiger verwendet.
Dieser Anstieg deutet darauf hin, dass typische KI-Formulierungen und Transparenzvokabular relativ schnell in den normalen aktiven Wortschatz von Menschen übergehen. Die Studienautoren warnen vor einer möglichen Vereinheitlichung des Sprachstils und einem schwindenden Reichtum der individuellen sprachlichen Ausdruckskraft. Wenn wir uns zu sehr auf KI-Tools verlassen, riskieren wir, unsere eigene kreative und individuelle Sprachfähigkeit zu verlieren.

Reflektierter Einsatz von KI
Die beschriebenen Effekte werden in der Forschung bereits kritisch diskutiert. Natürlich bietet KI als Werkzeug in einem reflektierten didaktischen Rahmen enorme Potenziale. Es scheint aber auch auf der Hand zu liegen, dass eine häufige, automatisierte Nutzung von KI insbesondere bei jüngeren oder ungeübten Anwendern messbar Einfluss auf kognitive Leistungen und den Sprachstil nehmen kann. Verbreiteten Empfehlungen zufolge sollten solche Tools daher nur ergänzend genutzt werden, um nachhaltige Lern- und Schreibkompetenz, Konzentration und einen individuellen Wortschatz zu fördern und zu erhalten; ein Beispiel dazu findet sich hier. Und es ist vielleicht genauer zu fragen, ob die erheblichen Umwelteinflüsse, die man erzeugt, in Relation zu dem konkreten Nutzen generativer KI steht.
KI ist längst in unserem Alltag angekommen – daher ist es entscheidend, dass wir uns der potenziellen Risiken bewusst sind und Maßnahmen ergreifen, um unsere kognitiven Fähigkeiten, unsere sprachliche Ausdruckskraft und unsere Umwelt zu schützen. Nur so können wir die Vorteile der KI nutzen, ohne unsere menschliche Einzigartigkeit und die Gesundheit unseres Planeten zu verlieren. Ich kann nur empfehlen, Bücher wie „KI Atlas” (Kate Crawford) oder „Digitaler Kolonialismus” (Ingo Dachwitz und Sven Hilbig) zu lesen – um fernab des Hypes zu verstehen, wo Probleme bestehen.
Umweltbelastung: Der ökologische Fußabdruck von KI
Die Umweltbelastung durch KI ist ein weiterer kritischer Aspekt, der nicht ignoriert werden darf. Eine umfassende Studie von Mistral AI, in Zusammenarbeit mit Carbone 4 und der französischen Agentur für ökologischen Wandel (ADEME), hat die Umweltauswirkungen von Large Language Models (LLMs) untersucht.


Die Studie zeigt, dass die Entwicklung und Nutzung von KI-Modellen erhebliche Umweltauswirkungen hat, darunter:
- Treibhausgasemissionen: Die Studie quantifizierte die Treibhausgasemissionen, die durch die Entwicklung und Nutzung von KI-Modellen entstehen. Beispielsweise erzeugt das Mistral AI Large 2 Modell in drei Monaten Nutzung 20,4 kt CO2e.
- Wasserverbrauch: Der Wasserverbrauch für die Kühlung von Rechenzentren und die Stromerzeugung ist ebenfalls beträchtlich. Die Studie zeigt, dass das Modell 281.000 m³ Wasser verbraucht.
- Ressourcenverbrauch: Der Verbrauch von Materialien, insbesondere für die Herstellung von Hardware wie GPUs, ist ein weiterer kritischer Faktor. Die Studie quantifizierte den Ressourcenverbrauch in Antimon-Äquivalenten (Sb eq), einer standardisierten Einheit für den Ressourcenverbrauch.
Die Studie betont auch die Bedeutung der Standortwahl für Rechenzentren, die Modellgröße und die Effizienz der Nutzung. Durch die Wahl kleinerer, spezifischer Modelle und die Optimierung der Nutzung können die Umweltauswirkungen erheblich reduziert werden.
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