Gefälligkeitsverhältnis bei Investitionen in Krypto-Währungen

Im Gefälligkeitsverhältnis zwischen Freunden haftet ein beklagter Freund nicht für den entgangenen Gewinn bei Investitionen in Krypto-Währungen, wie das OLG Frankfurt entschieden und in einer Pressemitteilung mitgeteilt hat.

Entscheidungsinhalt

Investiert ein Freund Geld eines Freundes mit dessen Zustimmung in verschiedene Krypto-Währungen und kommt es bei Umwechslungen zwischen den Währungen (Ethereum/) zu Kursverlusten, haftet der beklagte Freund nicht auf entgangenen Gewinn, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichter Entscheidung. Es wies die auf Übertragung von Ethereum-Anteilen gerichtete unter Abänderung des überwiegend stattgebenden Urteils des Landgerichts ab. Als Leitsätze formulierte das Gericht:

  1. Bei einem aus Gefälligkeit einem anderen erwiesenen Freundschaftsdienst, mit dessen Kapital in Krypto-Währungen zu investieren, ist eine Haftung des Geschäftsführers ausgeschlossen, wenn er hierbei „freie Hand“ hatte und dem Geschäftsherrn die Risiken des Investments bewusst waren.
  2. Anforderungen an die Erkennbarkeit eines im Widerspruch zum mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn stehenden Handelns durch den .

Sachverhalt

Der Kläger vereinbarte mit dem seinerzeit eng befreundeten Beklagten, dass dieser ihn bei der Investition in Krypto-Währungen unterstützen sollte. Der Beklagte verfügte sowohl über Erfahrungen bei der Anlage in Krypto-Währungen als auch über das hierfür erforderliche technische Know-how. Der Kläger überwies ihm dafür knapp 85.000 €. Der Beklagte erwarb für den Kläger hiermit teilweise Ethereum und teilweise Bitcoin-Anteile. Nachfolgend wechselte der Beklagte über die Plattform Kraken.com die zunächst erworbenen Bitcoin ebenfalls in Ethereum um. Aus den Mitteln des Klägers befanden sich damit im Oktober 2017 309.01954785 Ethereum-Anteile auf dem Krakenkonto des Beklagten.

Im November wechselte der Beklagte einen Teil des Ethereums wieder in Bitcoin um, da er auf eine Wertsteigerung spekulierte. Diese Wertsteigerung blieb aus.

Beim nachfolgenden „Rückwechsel“ dieser Bitcoin in Ethereum erhielt der Beklagte deshalb – und wegen des zwischenzeitlichen Kursanstiegs von Ethereum – die Ethereum-Anteile nicht mehr in voller Höhe zurück. Der Kläger nimmt den Beklagten nunmehr wegen entgangenen Gewinns auf Übertragung von Ethereum-Anteilen in Höhe dieser Differenz (116.5191785 Einheiten) in Anspruch. Das Landgericht hatte der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG Erfolg.

Entscheidung des Gerichts

Der auf „Übertragung“ der Ethereum-Anteile gerichtete Antrag sei zwar zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, führte das OLG aus Da es sich bei Kryptotoken wie Ethereum und Bitcoin um virtuelle, das heißt unkörperliche Gegenstände handele, könne keine Übertragung nach sachenrechtlichen Vorschriften geltend gemacht werden. Es handele sich allein um eine digitale Darstellung eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert werde. Mithin bleibe lediglich die Möglichkeit, einen Anspruch auf Übertragung geltend zu machen.

Freundschaftsdienst

Dem Kläger stehe jedoch kein Anspruch auf Schadensersatz in Form des entgangenen Gewinns durch die vom Beklagten vorgenommene Umwechslung von Teilen des Ethereums in Bitcoin zu.

Der Beklagte habe zwar für den Kläger als „Freundschaftsdienst“ ein fremdes Geschäft geführt. Die Umwandlung von einer Krypto-Währung (Ethereum) in eine andere (Bitcoin) stehe hier aber nicht im Widerspruch zum wirklichen oder hilfsweise mutmaßlichen Willen des Klägers. Der Kläger trage selbst nicht vor, ausdrücklich oder konkludent einen der Umwandlung entgegenstehenden Willen geäußert zu haben. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden mutmaßlichen Willen. Jedenfalls habe der Beklagte einen solchen Willen nicht erkennen können. Zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass der Beklagte für den Kläger in dem „risikoreichen Bereich der Krypto-Währungen investieren sollte“. Dass mit dem Geld etwas Bestimmtes passieren sollte, sei zu keiner Zeit vereinbart worden. Der Kläger habe dem Beklagten vielmehr „freie Hand“ gelassen und jederzeit Einblick und Zugriff auf die Konten gehabt. Beim gemeinsamen Grillen sei zudem zwischen den Parteien auch über eine Aufspaltung der Konten in verschiedene Währungen gesprochen worden. Die anfängliche Investition sowohl in Ethereum als auch in Bitcoin sei in Kenntnis und mit Zustimmung des Klägers erfolgt. Damit erschließe sich bereits denklogisch nicht, „weshalb im weiteren Verlauf der Investitionen eine vom Beklagten erneut vorgenommene Umwechslung dem mutmaßlichen Willen des Klägers widersprochen haben sollte, zumal nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen die Umwälzung dem Beklagten erfolgversprechend erschien“. Die Überweisung der erworbenen Bitcoins auf das Krakenkonto sei vielmehr gerade deshalb erfolgt, um die Möglichkeit von Umwechslungen zwischen den einzelnen Krypto-Währungen vornehmen zu können, was auf dem einfachen LitBit-Konto nicht möglich gewesen wäre. Dem Kläger sei es gerade darum gegangen, durch das vom Beklagten ausgeführte „Trading“ hoch risikoreich zu investieren und Gewinne zu erzielen, was letztlich auch gelungen sei. Denn der Kläger habe durch die vom Beklagten für ihn getätigten Investitionen sein eingesetztes Kapital – nach dem Kurswert der erworbenen und noch vorhandenen Ethereum-Anteile zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts – nahezu vervierfacht.

Fremdgeschäft

Interessant sind auch die Ausführungen zur Einordnung des Geschäfts im Urteil selbst: Zunächst hatte das OLG die vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Anspruchsgrundlage gemäß § 687 Abs. 2 BGB als offensichtlich nicht einschlägig verworfen:

Voraussetzung für eine Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB wäre, dass der Geschäftsführer, also der Beklagte, ausschließlich mit Eigengeschäftsführerwillen gehandelt hätte. Er müsste das Geschäft eigennützig, also durch sein HaKradeln nach außen erkennbar mit der Absicht geführt haben, es als eigenes zu behandeln (BGH, NJW-RR 89, 1254, 1255). Diese Voraussetzungen liegen schon nach dem unstreitigen Parteivorbringen im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Gefälligkeitsverhältnisses und eines Handelns des Beklagten für den Kläger als Geschäftsherrn nicht vor. Denn der Beklagte ist nicht – nicht einmal nach dem Vortrag des Klägers – eigennützig mit der erkennbaren Absicht, die Umwandlung als eigenes Geschäft zu behandeln, tätig geworden.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 19.04.2023, Az. 13 U 82/22 (vorausgehend Landgericht Darmstadt, Urteil vom 09.03.2022, Az. 9 O 209/19)

Quelle: Pressemitteilung des Gerichts, mit eigenen Überschriften strukturiert und teilweise um das Urteil ergänzt

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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