FBI legt Kryptobetrüger mit gefälschtem Token herein: „Operation Token Mirrors“

In einem bemerkenswerten Schlag gegen die weltweite Krypto-Marktmanipulation hat das FBI im Oktober 2024 eine groß angelegte Operation namens „Token Mirrors“ erfolgreich abgeschlossen.

Diese Ermittlungsaktion war beispiellos – und doch reiht sie sich in eine Vielzahl ähnlicher Ermittlungsvorgänge: Die US-Behörden entwickelten einen eigenen Kryptowährungstoken und nutzten diesen, um ein Netzwerk von Betrügern aufzudecken. Das Projekt zielte auf Marktmanipulation und illegale Handelspraktiken ab, die Investoren auf der ganzen Welt Millionen von US-Dollar kosteten.

Der Fall NexFundAI: Eine Falle für Marktmanipulatoren

Im Zentrum der Ermittlungen stand NexFundAI, ein vom FBI entwickeltes Krypto-Unternehmen, das angeblich innovative Lösungen an der Schnittstelle von Künstlicher Intelligenz und Finanzen anbieten sollte. Offiziell wurde der Token als sichere Wertanlage und treibende Kraft für Fortschritte in der KI-Technologie beworben. Tatsächlich war NexFundAI jedoch Teil einer verdeckten Ermittlung, die darauf abzielte, kriminelle Akteure im Krypto-Sektor zu entlarven.

Kriminelle Organisationen und Einzelpersonen, darunter Firmen wie ZM Quant, CLS Global und MyTrade, wurden von den Behörden gezielt in diese Operation gelockt. Sie führten sogenannte „Wash Trades“ durch, um den Anschein eines regen Handels zu erwecken und den Wert des Tokens künstlich zu steigern. Dies war der erste Fall, in dem US-Behörden nicht nur strafrechtliche Anklagen gegen Einzelpersonen, sondern auch gegen Finanzdienstleister in der Kryptowelt erhoben haben. Das Vorgehen erinnert entfernt an die zuletzt durchgeführte Trickserei mit ANOM, was verdeutlicht, dass jedenfalls in den USA Ermittler bereits sind mitten drin mitzuspielen, statt nur am Rand zu ermitteln.

Was sind „Wash Trades“ und „Pump-and-Dump“-Betrug?

Technisch gesehen handelt es sich bei „Wash Trading“ um eine illegale Handelspraktik, bei der ein Händler Wertpapiere kauft und sofort wieder verkauft, ohne dass sich der Besitz des Wertpapiers tatsächlich ändert. Dies erzeugt den Eindruck eines hohen Handelsvolumens, das Investoren irreführen soll. Es gibt in der Realität jedoch keinen wirtschaftlichen Nutzen, da keine realen Transaktionen stattfinden. „Wash Trades“ sind seit langem im traditionellen Finanzsektor verboten, aber durch die dezentrale und schwer zu regulierende Natur von Kryptowährungen wurde diese Praxis zunehmend im Krypto-Bereich genutzt.

„Pump-and-Dump“ ist eine betrügerische Methode, bei der Kriminelle den Preis eines Vermögenswerts – in diesem Fall eines Krypto-Tokens – künstlich nach oben treiben (pumpen), indem sie falsche Marktaktivität vortäuschen. Sobald der Preis hoch genug ist, verkaufen sie ihre Bestände (dumpen), was zu einem massiven Preissturz führt und die Investoren, die zu hohen Preisen eingestiegen sind, große Verluste erleiden. Diese Manipulation funktioniert besonders gut bei Vermögenswerten mit geringer Liquidität, da bereits wenige Transaktionen große Preisbewegungen auslösen können.

Der Ablauf der Operation: Ein Täuschungsmanöver der Ermittler

Die „Operation Token Mirrors“ war strategisch darauf ausgelegt, genau solche Marktmanipulationen sichtbar zu machen. Nachdem das FBI das NexFundAI-Token auf der erstellt hatte, wurden verdächtige Firmen und Personen dazu gebracht, sich an „Wash Trades“ zu beteiligen. Diese künstlichen Transaktionen sollten das Handelsvolumen erhöhen und den Eindruck erwecken, dass der Token an Wert gewinnt. Dadurch wollten die Kriminellen neue Investoren anlocken und ihre eigenen Gewinne maximieren.

Firmen wie ZM Quant, CLS Global und MyTrade setzten für diese Manipulation spezialisierte Bots ein, die in der Lage waren, hunderte Transaktionen pro Minute durchzuführen, ohne dass ein realer Wert generiert wurde. In Telegram-Gruppen koordinierten die Kriminellen ihre Vorgehensweise und besprachen die nächsten Schritte. Das FBI konnte in diesen Chats unauffällig mitlesen und so wertvolle Beweise sammeln.

Auswirkungen auf Deutschland?

Es liegen bisher nicht allzu viele Informationen vor, doch es drängt sich die Frage auf, ob hier die nach europäischen Maßstäben zu beachtenden Grundsätze der Tatprovokation verletzt wurden – was in Europa und Deutschland ein Verfahrenshindernis darstellen würde. Das wirft umso mehr die Frage auf, ob wir es uns als Rechtsstaat leisten können – wie bei – auf potenziell rechtswidrige Weise im Ausland Beweise generieren zu lassen, um diese dann am Ende in Europa zu verwerten. Dieses Vorgehen wurde in Encrochat-Verfahren quasi zementiert (mit Blick auf die Schwere vieler Verbrechen) und wird nun absehbar ausgebaut werden. Die deutsche Rechtsprechung hat sich hier jedenfalls mittelfristig keinen Gefallen getan.

Internationales Netzwerk von Betrügern zerschlagen

Insgesamt wurden 18 Personen und Unternehmen im Zusammenhang mit diesen betrügerischen Aktivitäten angeklagt. Darunter befinden sich bekannte Akteure wie Gotbit, ein „Market Maker“, der für seine Marktmanipulationen berüchtigt war. In den USA, Großbritannien und Portugal kam es zu mehreren Verhaftungen, und Kryptowährungen im Wert von über 25 Millionen US-Dollar wurden beschlagnahmt.

Die Ermittler stellten zudem fest, dass sich nicht nur NexFundAI, sondern auch die Tokens anderer Unternehmen wie Saitama und Robo Inu in das Netz der Manipulationen verwickelt hatten. Einige dieser Kryptowährungen hatten zwischenzeitlich einen Marktwert von mehreren Milliarden Dollar erreicht, bevor sie zusammenbrachen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die manipulierten Transaktionen das Vertrauen vieler Anleger zerstörten und zu erheblichen finanziellen Verlusten führten.

Die rechtlichen Konsequenzen für die Angeklagten

Die Angeklagten stehen nun vor schweren Anklagen wie Marktmanipulation, Geldwäsche und elektronischem („wire fraud“). In den USA drohen für diese Vergehen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren sowie erhebliche Geldstrafen. Besonders schwerwiegend sind die Anschuldigungen gegen die sogenannten „Market Maker“, die durch gezielte „Wash Trades“ die Preisbildung auf den Märkten manipuliert haben.


Krypto-Märkte stehen unter verstärkter Beobachtung

Der Fall NexFundAI zeigt, dass Kryptowährungen trotz ihrer dezentralen Natur nicht vor staatlichen Eingriffen und Ermittlungen sicher sind. Die „Operation Token Mirrors“ markiert einen Wendepunkt in der Durchsetzung von Marktregeln und die Bekämpfung von Finanzbetrug im Krypto-Bereich. Sie sendet eine klare Botschaft an alle, die glauben, unentdeckt mit illegalen Methoden in Kryptowährungsmärkten operieren zu können: Die Behörden haben – zumindest in den USA – die Geduld und die technischen Fähigkeiten auch in der digitalen Welt effektiv gegen Betrug vorzugehen. Dass man sich dabei derart im Zentrum des Geschehens platziert als Ermittler führt zu krassen Ermittlungserfolgen.

Für Investoren bedeutet dies, dass sie in Zukunft noch vorsichtiger sein müssen. Marktmanipulationen sind nicht nur in traditionellen Finanzmärkten, sondern auch im Kryptomarkt ein großes Problem. Es ist entscheidend, sich eingehend mit dem Hintergrund und der Glaubwürdigkeit von Krypto-Projekten zu beschäftigen, bevor man Investitionen tätigt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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