Fahrlässige Verletzung der Instandhaltungspflichten bei gefördertem Wohnraum

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Beschluss vom 22. Mai 2025 (Aktenzeichen: 5 ORbs 131/25) wichtige Fragen zur fahrlässigen Verletzung der Instandhaltungspflichten bei gefördertem Wohnraum entschieden. Der Fall betraf eine Betroffene, die wegen fahrlässiger Verletzung der Instandhaltungspflichten nach §§ 21 Abs. 1, 27 Abs. 1 Nr. 5 WFNG NRW zu einer Geldbuße verurteilt wurde. Der Beschluss des Oberlandesgerichts gibt Aufschluss über die rechtlichen Grundlagen und die Voraussetzungen für eine solche Verurteilung.

Sachverhalt

Die Betroffene war durch Änderungsbescheid vom 21. Juni 2004 neue Empfängerin der Förderungszusage nach dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) für das Bauvorhaben K.-straße 00 in J. geworden. Nach außerplanmäßiger, vorzeitiger und vollständiger Rückzahlung der Fördermittel teilte die Stadt J. der Betroffenen mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 mit, dass die Belegungs- und Mietpreisbindung erst mit Ablauf des Jahres 2030 endet.

Am 29. Juli 2021 fand eine Kontrolle der Wohnungen im vorbezeichneten Objekt durch die Stadt J. statt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass der Bodenbelag in den Wohnungen Nr. 1 und 3 im Wohnzimmer und im Schlafzimmer und in der Wohnung Nr. 3 zusätzlich im Flur jeweils nicht (vollständig) vorhanden war. Die Stadt J. forderte die Betroffene auf, die Wohnungen so zu erhalten und wiederherzustellen, dass der ordnungsgemäße Gebrauch zu Wohnzwecken gewährleistet ist. Hierauf blieb die Betroffene untätig.

Das Amtsgericht Siegen hat die Betroffene im angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger Verletzung der Instandhaltungspflichten nach §§ 21 Abs. 1, 27 Abs. 1 Nr. 5 WFNG NRW zu einer Geldbuße von 3.960 € verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit welcher sie unter Erhebung der allgemeinen Sachrüge insbesondere beanstandet, dass keine Pflicht zur Einbringung eines Bodenbelags in die Wohnungen bestehe.

Juristische Analyse

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Beschluss die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Verurteilung wegen fahrlässiger Verletzung der Instandhaltungspflichten bei gefördertem Wohnraum ausführlich dargelegt.

Instandhaltungspflicht bei gefördertem Wohnraum

Entsprechend § 27 Abs. 1 Nr. 5 WFNG NRW handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig seiner Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WFNG NRW nicht nachkommt. § 21 Abs. 1 WFNG NRW ist zum 1. Januar 2010 eingeführt worden und sollte nach der Gesetzesbegründung die Regelungslücke schließen, die nach einer vorzeitigen Mittelrückzahlung durch den Verfügungsberechtigten bestand. Zweck der Regelung ist es, die Instandhaltungspflicht, die der Verfügungsberechtigte während der Laufzeit des Förderdarlehens unterlag, auch bei einer vorzeitigen Abwicklung des Förderdarlehens aufrechtzuerhalten und auf die Phase der hierfür normierten, sogenannten Nachwirkungsfrist zu überleiten.

Somit erstreckt sich die Gewährleistungspflicht des Verfügungsberechtigten nach § 21 Abs. 1 WFNG NRW sowohl auf seine darlehensvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der darlehensverwaltenden Stelle als auch auf seine mietrechtlichen Pflichten zur Instandhaltung. Welche Maßnahmen der Verfügungsberechtigte zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Gebrauchs des geförderten Wohnraums zu Wohnzwecken ergreifen muss, hängt hierbei vom gesetzlich vorgeschriebenen Ausstattungsstandard sowie dem Darlehensvertrag, der Förderungszusage in Verbindung mit den Wohnungsbauförderungsbestimmungen ab.

Anforderungen an die Ausstattung von öffentlich gefördertem Wohnraum

Eine gesetzliche Pflicht zur Ausstattung einer Mietwohnung mit Bodenbelag besteht nicht. Bei nicht gefördertem Wohnraum können die Mietparteien frei vereinbaren, ob die Wohnung mit oder ohne Bodenbelag vermietet wird. Im geförderten Wohnungsbau statuiert § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Stärkung des Wohnungswesens in Nordrhein-Westfalen (WohnStG NRW), welches das Wohnungsaufsichtsgesetz NRW (WAG NRW) abgelöst hat und nach § 3 Abs. 4 WohnStG NRW auf den geförderten Wohnraum anwendbar ist, dass Fußböden ausreichenden Schutz gegen Witterungseinflüsse und gegen Feuchtigkeit bieten müssen. Eine Pflicht zur Einbringung eines Bodenbelages wird hingegen weder durch diese Norm noch durch § 5 WohnStG NRW begründet, welcher die an den Wohnraum zu stellenden Mindestanforderungen regelt.

Eine Verpflichtung der Betroffenen, Bodenbelag in die betroffenen Wohnungen einzubringen, kann sich daher ausschließlich aus dem Darlehensvertrag oder der Förderungszusage in Verbindung mit den Wohnungsbauförderungsbestimmungen ergeben. Dies vermag der Senat indes nicht nach Rechtsbeschwerdegrundsätzen zu überprüfen, da hierzu keine Feststellungen getroffen wurden.

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Der Beschluss macht deutlich, wie Gerichte bei der Entscheidung über die Verurteilung wegen fahrlässiger Verletzung der Instandhaltungspflichten eine sorgfältige Abwägung aller relevanten Umstände vornehmen müssen. Dabei kommt es nicht nur auf die gesetzlichen Vorgaben an, sondern auch auf die vertraglichen Verpflichtungen und die konkreten Umstände des Einzelfalls.

Fazit

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm gibt wichtige Leitlinien über die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldbuße wegen fahrlässiger Verletzung der Instandhaltungspflichten bei gefördertem Wohnraum. Das Gericht hat betont, dass die Instandhaltungspflicht des Verfügungsberechtigten nach § 21 Abs. 1 WFNG NRW sowohl auf seine darlehensvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der darlehensverwaltenden Stelle als auch auf seine mietrechtlichen Pflichten zur Instandhaltung abzielt.

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Rechtsanwalt Jens Ferner ist erfahrener Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht mit über einem Jahrzehnt Berufspraxis und widmet sich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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Rechtsanwalt Jens Ferner ist erfahrener Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht mit über einem Jahrzehnt Berufspraxis und widmet sich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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