Wenn man sich auf Facebook über seinen Arbeitgeber oder Kollegen zu stark auslässt, droht die Kündigung – das ist bekannt, zahlreich ausgeurteilt und bei uns schon mehrfach thematisiert wurden (siehe hier). Nun gibt es weiteren Streit: Ein Beamter (Feuerwehrbeamter) hatte sich wohl auf Facebook angesichts angekündigter Sparmaßnahmen recht kritisch geäußert (dazu hier und hier). Nun wurde er suspendiert, zusammen mit seinen 9 Kollegen, die auf „Gefällt mir“ geklickt hatten. Zu Recht?
Nun lässt sich die Sache schwerlich beurteilen, wenn die Äußerungen und die Umstände nicht konkret bekannt sind. Tatsächlich gibt es eine Solidaritätspflicht im Arbeitsverhältnis ebenso wie im Beamtenverhältnis, man hat also mit eventuell zustehender Kritik erst einmal vorsichtig umzugehen – ohne dass sie untersagt ist. Doch wie weit geht die Meinungsfreiheit des Beamten? Das BVerfG (2 BvR 1047/06) hat dies 2007 grundsätzlich geklärt und festgestellt, dass Beamte zwar ein grundsätzliches Recht auf eine freie Meinungsäußerung haben (natürlich), aber tatsächlich die beamtenrechtlichen Grundsätze mit hineinspielen und dieses Begrenzen! Insofern verwies das BVerfG darauf, dass Art. 33 V GG i.V.m. dem damaligen §54 Satz 3 BBG eine Grenze der freien Meinungsäußerung ziehen. Dies bedeutet, dass die Meinungsäußerungsfreiheit so lange offen ist, wie für Außenstehende kein Zweifel an der Objektivität und Unparteilichkeit des Beamten aufkommen. Dies gilt mit dem BVerfG ausdrücklich nicht nur für (allgemeine) politische Äußerungen, sondern gerade auch im innerdienstlichen Verhältnis zum Dienstherrn. Insofern gilt der eherne Grundsatz, dass sich der Beamte gegenüber dem Dienstherrn Achtungs- und Verantwortungsvoll verhalten muss – gleichwohl dürfen auch sehr kritische Worte genutzt werden, solange keine Diffamierung, Verleumdung oder Beleidigung vorliegt.
Wie die Rechtsprechung damit umgeht, verdeutlicht das VG Münster (4 K 1765/08) ganz gut:
Nur soweit politische Themen, für die sich der Beamte einsetzt, keinen Bezug zu seinen dienstlichen Aufgaben haben, wird die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung in erster Linie berührt sein, wenn der Beamte die jedem Bürger gezogenen Grenzen überschreitet, etwa Strafgesetze zum Schutze der Ehre verletzt. Der Beamte muss sich darüber hinaus aber bei politischer Betätigung generell so verhalten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit auf strikte Sachlichkeit und Objektivität seiner Amtsführung nicht gefährdet wird. Er darf sich somit, wenn kein unmittelbarer Bezug zu dem dienstlichen Aufgabenbereich besteht, zu jedem Thema äußern. Dabei darf er auch deutlich und plakativ vereinfachend argumentieren, er muss sich aber mit der gebotenen Sachlichkeit und Distanz in Wort und Schrift äußern. Nur wenn der Beamte einer ihrerseits in Wortwahl und Darstellung überzogenen Äußerung entgegentritt, darf er dies in entsprechender Art und Weise ohne die sonst gebotene Zurückhaltung tun.
Im Ergebnis bin ich vorliegend skeptisch, ob die Äußerungen, die angeblich angedeutet haben sollen einen Brand im Rathaus weniger engagiert bekämpfen zu wollen, dem noch genügen können: Es besteht einmal ein unmittelbarer Bezug zur Diensttätigkeit, zum anderen wird gerade der Glaube der Bevölkerung an die Unparteilichkeit erschüttert, wenn ausgerechnet ein Feuerwehrmann erklärt, vielleicht nicht immer gleich ordentlich löschen zu wollen. Ein kritisch zu sehender Standpunkt angesichts oben dargestellter Rechtsprechung.
Gleichwohl bin ich hinsichtlich der Suspendierung skeptisch, denn Disziplinarmaßnahmen im Beamtenrecht folgen dem Grundsatz, dass die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen ist. Vorliegend kämen insofern wohl eher Verweis oder maximal Geldbuße in Betracht. Nach §38 Disziplinargesetz NW kämme eine Suspendierung etwa nur in Betracht, „wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden“ würde. Dies erscheint mir vorliegend vollkommen abwegig, ganz besonders hinsichtlich der 9 Feuerwehrleute die nur auf „Gefällt mir“ geklickt haben. Die Suspendierung ist insofern alleine aus dem Grund kritisch zu sehen, peinlich ist sie allemal.
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