Explodierte Batterie: Haftung des Fahrzeughalters, wenn Batterie während des Aufladens explodiert?

Explodierte Batterie: Die Frage der Haftung bei Batterieschäden findet nur sehr langsam Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung. Nunmehr konnte sich der (VI ZR 1234/20) erstmals zur Reichweite der Haftung des Halters eines Elektrorollers äußern, wenn dessen herausgenommener Akku beim Aufladen explodiert.

Was war der zugrunde liegende Sachverhalt?

Der Halter eines Elektrorollers (laut BGH-Entscheidung ein Kleinkraftrad der Freeliner Lyric A720) brachte diesen zur Inspektion in eine bei der klagenden Versicherung (Klägerin) versicherte Werkstatt. Dort entnahm ein Werkstattmitarbeiter die Batterie des Elektrorollers und begann, sie aufzuladen. Als der Mitarbeiter bemerkte, dass sich die Batterie stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und legte sie zum Abkühlen auf den Boden der Werkstatt. Kurz darauf explodierte die Batterie und setzte das Gebäude in Brand.

Die Besonderheit in diesem Fall: Es geht nicht um eine allgemeine (Produkt-)Haftung, sondern man streitet darum, ob der Halter des Fahrzeugs in Anspruch genommen werden kann. Das macht es für den Anspruchsteller gedanklich etwas leichter, da Halter von Fahrzeugen (Pflicht-)Haftpflichtversicherungen vorhalten und regelmäßig nicht irgendwo im Ausland erst einmal in Anspruch genommen werden müssen. Prozessual ein verlockender Weg – wobei aber das Produktrisiko erheblich auf die Endverbraucher abgewälzt werden würde, in deren Sphäre sich das Risiko vielleicht verwirklicht, die aber ursächlich nicht verknüpft sind mit dem Schaden.

Grundsatz: Halterhaftung beim Ladevorgang von Batterien nicht ausgeschlossen!

Zunächst stellt der BGH klar, dass es – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – für die Frage der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG nicht allein darauf ankommt, dass sich das Elektromobil und die Batterie zur Inspektion in einer Werkstatt befanden.

Denn dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeugs in ihren Rechtsgütern verletzt werden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, vor denen die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schützen will; insoweit hält der BGH an seiner bisherigen, weitreichenden Rechtsprechung zur Halterhaftung fest, die auch schon zu Fahrzeugbränden angewendet wurde:

Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Wollte man die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht worden sind, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich geworden ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist das Schadensgeschehen jedoch auch in diesen Fällen durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden. Hierzu reicht es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht

Bundesgerichtshof, VI ZR 1234/20
Explodierte Batterie: Fachanwalt für IT-Recht Ferner zur Haftung bei einer explodierten Batterie

Die explodierte Batterie wird in den nächsten Jahren im Recht der Haftung, von Halter über Werkstatt bis zum Produzenten, einen erheblichen Anteil in der Rechtsprechung einnehmen.

Explodierte Batterie: Der Einzelfall entscheidet

Mit oben aufgezeigter – und weiterhin geltender – BGH-Rechtsprechung kommt es also darauf an, ob zwischen Schaden bzw. dessen Ursache und dem Betrieb ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang besteht, was in einer wertenden Betrachtung festzustellen ist.

Vorliegend konnte bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht festgestellt werden, dass die Erhitzung und anschließende Explosion der Batterie in einem engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG stand.

Entscheidend war insoweit vorliegend, dass die Batterie zum Zeitpunkt des Aufladens bereits aus dem Elektromobil ausgebaut war und mit diesem in keinem sachlichen Zusammenhang mehr stand. In einem solchen Fall besteht nach Auffassung des BGH kein Unterschied zu der Situation, in der eine zuvor nicht im Elektromobil befindliche Batterie in das Elektromobil eingebaut werden soll und zu diesem Zweck zuvor aufgeladen wird. Für diese Fälle stellt der BGH klar, dass der Akku nicht mehr bzw. noch nicht Teil der Betriebsvorrichtung ist!

Gleiches gilt dann für die eigentliche Explosion der Batterie, für die ebenfalls kein enger örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang festgestellt werden konnte. Hier betont der BGH, dass allein der Umstand, dass sich die Batterie zuvor in einem Elektroroller befand (und dort entladen wurde!), den erforderlichen Zurechnungszusammenhang gerade nicht begründet.

Batterierecht?

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Wenig Klarheit

Die explodierte Batterie und die Haftung

Wenn im fließenden Straßenverkehr in einem Fahrzeug eine Batterie in Flammen aufgeht – mit oder ohne Explosion – wird der Fall im Regelfall in die Halterhaftung fallen. Sobald man dieses Standardszenario verlässt, wird es aber knifflig, die vorliegende Entscheidung macht das gut deutlich.

Dabei entschärft sich erst einmal die Problematik, wenn man sich vor Augen hält, dass es im Regelfall um einen Streit zwischen Versicherern geht. Gleichwohl mutet es seltsam an, dass ein Fahrzeughalter möglicherweise haftet, wenn eine Batterie im Fahrzeug selber aufgeladen wird: Sowohl die Produktion der Batterie als auch die Umstände in der Werkstatt entziehen sich seiner Sphäre und Kontrolle – insbesondere die Frage, ob überhaupt sachgerecht in einer Werkstatt aufgeladen wurde (Stichwort: Billigimport von Ladegerät). Je nachdem, in welche Richtung die Rechtsprechung geht, könnte der Fahrzeughalter sich in der undankbaren Situation wiederfinden, pauschal von der Halterhaftung des §7 StVG zu stecken und bei schlechter Arbeit in der Werkstatt dann diesbezüglich die – mitunter schwer zu erbringende – zu haben.

Die Lehre aus der ersten diesbezüglichen BGH-Entscheidung aus hiesiger Sicht ist, dass man als Fahrzeughalter (derzeit) relativ wenig machen kann. Werkstätten sollten gut überlegen, ob man nicht eigene Dokumentationsabläufe bei Reparaturen solcher eFahrzeuge, speziell Kleinst-eFahrzeuge, etabliert. Dazu gehört sicherlich auch die regelmäßige Inspektion eigener gefahrenträchtiger Werkzeuge wie Ladegeräte, sodass der einmalige Kauf eben nicht ausreichen wird (ich denke hier vor allem an kleine Werkstätten auf dem Land). Es ist durchaus absehbar, dass bei gehäuften Fällen dieser Art von der Rechtsprechung eine diesbezügliche sekundäre Darlegungslast beim Werkstattinhaber gesehen wird – schon allein, weil sich hier alles außerhalb der Sphäre des Halters abspielt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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