EuGH hebt Urteil zu Apples Steuervergünstigungen in Irland auf

Am 10. September 2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-465/20 P eine bedeutende Entscheidung getroffen: Er hob das Urteil des Gerichts der Europäischen Union auf, das sich mit den Steuervorbescheiden beschäftigt, die Irland dem Technologieriesen Apple erteilt hatte. Diese Entscheidung bestätigt den Beschluss der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016, wonach Irland Apple eine rechtswidrige gewährt hatte, die zurückzufordern ist.

Hintergrund des Falls

Zwischen 1991 und 2014 gewährte Irland Apple über Steuervorbescheide erhebliche Steuervergünstigungen, die es dem Unternehmen ermöglichten, den Großteil seiner Gewinne aus außerhalb der USA generierten Verkäufen steuerfrei zu halten. Diese Vorbescheide betrafen die steuerliche Behandlung von durch die Nutzung von geistigem Eigentum erzielten Gewinnen, die von Apples irischen Gesellschaften Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe (AOE) gehalten wurden. Die Europäische Kommission entschied 2016, dass diese Steuervergünstigungen eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellen, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Die Kommission schätzte den Betrag der rechtswidrigen Beihilfe auf rund 13 Milliarden Euro und forderte deren Rückzahlung.

Das Urteil des Gerichts und die Entscheidung des EuGH

Im Jahr 2020 erklärte das Gericht der Europäischen Union den Beschluss der Kommission für nichtig. Es argumentierte, dass die Kommission nicht ausreichend nachgewiesen habe, dass die Steuervorbescheide den betreffenden Gesellschaften einen selektiven Vorteil verschafft hätten. Nach Ansicht des Gerichts war es der Kommission nicht gelungen, darzulegen, dass die Bemessungsgrundlage für die Steuer in Irland durch die Vorbescheide gegenüber der normalen Besteuerung verringert wurde.

Auf das Rechtsmittel der Kommission hin hob der EuGH nun das Urteil des Gerichts auf und entschied endgültig über den Rechtsstreit. Der EuGH stellte fest, dass das Gericht die Beurteilungen der Kommission hinsichtlich der Zuweisung von Gewinnen und der Anwendung des irischen Steuerrechts falsch interpretiert habe. Insbesondere seien die Gewinne, die durch die Nutzung der von ASI und AOE gehaltenen geistigen Eigentumsrechte erzielt wurden, steuerlich den irischen Zweigniederlassungen zuzurechnen gewesen, und nicht den außerhalb Irlands ansässigen Verwaltungssitzen der Gesellschaften.

Der Gerichtshof bestätigte die Auffassung der Kommission, dass die Tätigkeiten der irischen Zweigniederlassungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern im Kontext ihrer Funktion innerhalb des gesamten Apple-Konzerns gesehen werden müssen. Der Vergleich müsse daher zwischen den Tätigkeiten der Zweigniederlassungen und den anderen Einheiten von ASI und AOE erfolgen, insbesondere den außerhalb Irlands befindlichen Verwaltungssitzen.


Pressespiegel

  1. The Tech Portal berichtet, dass der EuGH Apple dazu verpflichtet hat, 13 Milliarden Euro an Irland zurückzuzahlen, was einen erheblichen finanziellen Druck auf das Unternehmen ausübt. Apple plant, eine einmalige Steuerbelastung von etwa 10 Milliarden Dollar im vierten Quartal zu verbuchen. Die Aktien des Unternehmens fielen nach der Ankündigung um etwa 1 %.
  2. Politico beschreibt die Entscheidung als einen großen Sieg für die Europäische Kommission, insbesondere für Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Sie betonte, dass die Entscheidung zeigt, dass Steuerfairness durchgesetzt werden kann. Der EuGH hob ein früheres Urteil des Gerichts auf und bestätigte, dass Irland Apple unrechtmäßige staatliche Beihilfen gewährt hat, die zurückgefordert werden müssen.
  3. Dublin People hebt hervor, dass die Entscheidung zeigt, wie multinationale Konzerne durch komplexe Steuerstrukturen erhebliche Steuerzahlungen vermeiden können, oft im Einklang mit nationalen Gesetzen. Es wurde geschätzt, dass multinationale Unternehmen jährlich bis zu 240 Milliarden Dollar an Steuern vermeiden können. Irische Politiker kritisieren die Regierung dafür, dass sie hohe Summen ausgab, um gegen die EU-Entscheidung zu kämpfen, anstatt die Steuergelder für das eigene Land zu sichern.

Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung des EuGH ist von großer Tragweite, da sie die Verpflichtung von EU-Mitgliedstaaten unterstreicht, Unternehmen keine unzulässigen staatlichen Beihilfen in Form von Steuervorbescheiden zu gewähren. Sie stellt klar, dass steuerliche Regelungen, die es multinationalen Konzernen ermöglichen, große Teile ihrer Gewinne steuerfrei zu halten, gegen die Beihilfevorschriften der EU verstoßen können.

Für Apple bedeutet die Entscheidung, dass es die geforderten 13 Milliarden Euro an Irland zurückzahlen muss, sofern keine weiteren Rechtsmittel erfolgreich sind. Für die EU und ihre Mitgliedstaaten ist dies ein starkes Signal, dass die Kommission die Durchsetzung von Beihilferegeln ernst nimmt und auch vor großen, international agierenden Unternehmen nicht zurückschreckt.


Fazit

Die Entscheidung des EuGH ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines faireren Wettbewerbs innerhalb der Europäischen Union. Sie zeigt, dass auch große Konzerne wie Apple nicht über dem Gesetz stehen und dass die EU bereit ist, konsequent gegen unzulässige staatliche Beihilfen vorzugehen. Die endgültige Bestätigung der Rückforderung durch den EuGH wird weitreichende Auswirkungen auf die Steuerpolitik innerhalb der EU haben und könnte dazu führen, dass andere Länder ähnliche Steuervereinbarungen mit multinationalen Unternehmen überdenken.

Diese Entscheidung wird nicht nur die Steuerpraktiken großer Unternehmen beeinflussen, sondern könnte auch die Debatte um Steuergerechtigkeit und die Bekämpfung von Steuervermeidung weiter anheizen. Sie stellt sicher, dass der Binnenmarkt der EU nicht durch unzulässige Beihilfen verzerrt wird und alle Unternehmen auf einem gleichberechtigten Spielfeld konkurrieren können.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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