Vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Karlsruhe fand am 09.04.2024 eine erste Verhandlung statt, bei der das am 01.04.2024 in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) zur Anwendung kam.
Der 32-jährige Angeklagte hatte im Jahr 2023 aus vier selbst angebauten Cannabis-Pflanzen 228,5 g Marihuana gewonnen, das einen Wirkstoffgehalt von insgesamt 40,216 g THC enthielt. Nach der auf der alte Rechtslage basierenden Rechtsprechung lag der Grenzwert für den Besitz einer nicht geringen Menge bei 7,5 g THC (Besitz strafbar gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) und war bei weitem überschritten, so dass nach alter Rechtslage ein Verbrechenstatbestand erfüllt war.
Wie sich die nicht geringe Menge nach neuem Recht definiert, wurde vom Gesetzgeber offengelassen und ist von der Rechtsprechung zu entwickeln. Bereits der Gesetzbegründung ist zu entnehmen, dass die nicht geringe Menge nun deutlich höher als nach alter Rechtslage anzusiedeln ist.
Das Amtsgericht Karlsruhe hat die Frage mit Urteil vom heutigen Tage dahingehend entschieden, dass eine nicht geringe Menge Cannabis dann vorliegt, wenn die gemäß § 3 KCanG erlaubte Menge um mehr als das 10-fache überschritten ist, d.h. wenn man zu Hause mehr als 500 g getrocknetes Cannabis oder außerhalb des Wohnsitzes mehr als 250 g getrocknetes Cannabis besitzt.
Das Gericht hat hierzu ausgeführt: Die Wertung des Gesetzgebers, dass der Besitz von Cannabis nunmehr teilweise legal ist, ist zu respektieren. Daher sollte es Verbrauchern möglichst einfach gemacht werden, die erlaubte Menge, aber auch die nicht geringe Menge, deren Überschreitung zu einer deutlich höheren Strafandrohung von 3 Monaten bis zu 5 Jahren führt, selbst zu bestimmen, d.h. durch eigenes Abwiegen ohne Zuhilfenahme einer Laboruntersuchung mit Wirkstoffbestimmung. Das legt es nahe, nicht mehr wie bisher an den Wirkstoff THC anzuknüpfen, sondern an die (getrocknete) Menge an Cannabis. Um einen ausreichenden Abstand der nicht geringen Menge zu der erlaubten Menge zu gewährleisten, sollte nach Auffassung des Amtsgerichts nicht schon bei geringfügiger Überschreitung die Gefahr bestehen, die nicht geringe Menge zu erreichen. Aus diesem Grund erschien der Faktor 10 zur erlaubten Menge gem. § 3 Abs. 1 und 2 KCanG sinnvoll.
Der Angeklagte im heutigen Verfahren wurde ausgehend von dieser Auffassung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je € 30,00 (somit € 1.800,00) verurteilt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat bereits Rechtsmittel angekündigt.
Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.04.2024, Az. 1 Ls 610 Js 32177/23; Quelle: Pressemitteilung des Gerichts
- Steuerhinterziehung und Einziehung im Kontext von Cum-Ex-Geschäften - 2. Dezember 2024
- Abrechnungsbetrug und Scheingestaltungen - 2. Dezember 2024
- Verwertung der dienstlichen Erklärung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft - 2. Dezember 2024