Dass auch beim Vermögensarrest zwischen formeller und materieller Rechtskraft zu unterscheiden ist, betont das LG Nürnberg-Fürth (12 Qs 16/23).
Formelle Rechtskraft liegt vor, wenn eine Entscheidung nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann. Demgegenüber entfaltet die materielle Rechtskraft eine Sperrwirkung in dem Sinne, dass der Gegenstand der getroffenen gerichtlichen Sachentscheidung nicht erneut zum Gegenstand einer neuen Sachentscheidung gemacht werden darf. Die materielle Rechtskraft steht insoweit unter dem Vorbehalt der Abänderbarkeit.
Die auf weitere Beschwerde (§ 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO) ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts über einen Arrest erwächst zwar in formelle, aber nur eingeschränkt in materielle Rechtskraft, wie das Gericht klarstellt: Ändern sich nämlich die zugrundeliegenden Umstände derart, dass der ursprünglichen Entscheidung die Grundlage entzogen ist, kann der Arrest nachträglich aufgehoben werden.
Für den zivilprozessualen Arrest ist dies in § 927 Abs. 1 ZPO ausdrücklich geregelt. Für den strafprozessualen Arrest gilt nichts anderes. Der Annahme einer umfassenden materiellen Rechtskraft stünde der vorläufige Charakter des Arrestes entgegen. Jede Entscheidung über den Arrest ist gewissermaßen eine Momentaufnahme, und die Anforderungen an die Rechtfertigung seiner Aufrechterhaltung steigen mit der Dauer seiner Vollziehung.
Gegenstand der erneut vorzunehmenden Sachprüfung ist daher nicht die Frage der ursprünglichen Rechtmäßigkeit des Arrestes, sondern die Frage, ob der Arrest im Zeitpunkt der nunmehr zu treffenden Entscheidung noch rechtmäßig ist. So ist ein Arrest weiterhin aufzuheben, wenn er nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen ist. Dabei stellt allein der seit einer früheren Entscheidung eingetretene Zeitablauf (hier: mehrere Jahre) eine Neuerung dar, die zu einer neuen Sachentscheidung über den Arrest berechtigt.
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