Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. September 2024 (KRB 101/23) behandelt zentrale Fragen im Zusammenhang mit Submissionsabsprachen und ihrer rechtlichen Bewertung im Rahmen des Kartellrechts. Insbesondere wurde klargestellt, wann die Verjährung solcher Verstöße beginnt und wie die Umstände einer Absprache bei der Sanktionierung zu bewerten sind.
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war eine Submissionsabsprache, die zwischen 2006 und 2011 im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung von Kraftwerken stattfand. Der Geschäftsführer der Nebenbetroffenen hatte mit mehreren Wettbewerbern vereinbart, wer jeweils den Zuschlag für bestimmte Aufträge erhalten sollte, indem gezielt Angebote koordiniert wurden. Diese Absprachen betrafen insgesamt 24 Projekte, wovon 18 erfolgreich umgesetzt wurden.
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte in seinem Urteil zwei Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festgestellt und Bußgelder verhängt, das Verfahren jedoch teilweise eingestellt. Der BGH hob diese Entscheidung in Teilen auf und verwies den Fall zurück.
Rechtliche Analyse
1. Verjährung
Eine zentrale rechtliche Frage betraf den Beginn der Verfolgungsverjährung. Der BGH stellte klar, dass diese nicht mit dem Vertragsschluss aufgrund der Absprache beginnt, sondern erst mit der vollständigen Abwicklung des letzten betroffenen Vertrags. Diese Auslegung bestätigt die frühere Rechtsprechung des BGH (z. B. Beschluss vom 25. August 2020, KRB 25/20) und widerspricht nicht der Entscheidung des EuGH in der Sache Eltel (C-450/19), da die nationale Prozessordnung maßgeblich bleibt.
2. Bewertung der Submissionsabsprachen
Der BGH bestätigte, dass Submissionsabsprachen einen klaren Verstoß gegen § 1 GWB und Art. 101 AEUV darstellen. Solche Absprachen schränken den Wettbewerb erheblich ein, indem sie die Angebotsvielfalt und die Preisgestaltung im Markt manipulieren. Die Tatsache, dass die Absprachen regelmäßig erfolgreich umgesetzt wurden, unterstreicht die Schwere der Verstöße.
3. Bemessung der Bußgelder
Die festgesetzten Bußgelder von 20 Millionen und 1 Million Euro tragen der Schwere und Dauer der Verstöße Rechnung. Gleichzeitig war die Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer durch das OLG ein Aspekt, den der BGH akzeptierte, jedoch nicht als hinreichenden Grund für die teilweise Einstellung des Verfahrens sah.
4. Verfahrensrechtliche Aspekte
Der BGH betonte, dass bei komplexen Kartellverfahren eine sorgfältige Abwägung zwischen Verfahrensökonomie und den Interessen an einer effektiven Sanktionierung erfolgen muss. Eine Einstellung des Verfahrens bei festgestelltem schwerem Kartellverstoß sei nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.
Fazit
Die Entscheidung des BGH setzt klare Maßstäbe für den Umgang mit Submissionsabsprachen und die Verfolgungsverjährung. Sie zeigt, dass der Schutz des Wettbewerbs nicht durch prozessuale Erwägungen ausgehöhlt werden darf. Für Unternehmen und ihre Führungskräfte verdeutlicht die Entscheidung die erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken, die aus der Teilnahme an wettbewerbswidrigen Absprachen resultieren können.
Die Kernaussage dieser Entscheidung liegt in der Betonung einer konsequenten Anwendung des Kartellrechts zur Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs.
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