Entfernung von Tätowierungen per Laser bedarf Heilpraktikererlaubnis

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 3157/17, stellte fest, dass gewichtige Gründe dafür sprechen, dass in der Anwendung eines Lasergerätes zur Entfernung von Tätowierungen ohne Heilpraktikererlaubnis ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 HPG zu sehen ist:

Gem. § 1 Abs. 1 HPG bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. Nach § 1 Abs. 2 HPG ist Ausübung der Heilkunde im Sinne des Gesetzes jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei den Krankheiten und Leiden um rein körperliche oder um solche seelischer Natur handelt. Ebenso wenig stellt es auf die Behandlungsweise und -methode ab. Vielmehr liegt in verfassungskonformer Auslegung der Vorschriften stets dann Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes vor, wenn (erstens) die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung medizinische Fachkenntnisse voraussetzt, und wenn (zweitens) die Behandlung – bei generalisierender und typisierender Betrachtung der in Rede stehenden Tätigkeit – nennenswerte gesundheitliche Schädigungen verursachen kann. Die medizinischen Fähigkeiten können notwendig sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit selbst, die, ohne Kenntnisse durchgeführt, den Patienten zu schädigen geeignet ist, oder im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt. Dabei fallen auch solche Verrichtungen unter die Erlaubnispflicht, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, die aber Gesundheitsgefährdungen mittelbar dadurch zur Folge haben können, dass die Behandelten die Anwendung gebotener medizinischer Heilmethoden unterlassen oder verzögern, weil der Heilbehandler nicht über das medizinische Fachwissen verfügt, um entscheiden zu können, wann medizinische Heilbehandlung notwendig ist.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 24. August 2000 ‑ 13 A 4790/97 ‑ und Beschluss vom 28. April 2006 ‑ 13 A 2495/03 ‑ m.w.N., juris; hierzu insgesamt: VG Arnsberg, Beschluss vom 8. Mai 2012 ‑ 3 L 247/12 ‑ juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 2. September 2008 ‑ 7 L 889/08 ‑ juris.

Nach diesen Kriterien sprechen bei der summarischen Prüfung viele Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller das Lasergerät zur Ausübung der Heilkunde einsetzt. Es erscheint naheliegend, dass der Einsatz des in Rede stehenden Lasergerätes für die Entfernung von Tätowierungen auch (ärztliche) medizinische Kenntnisse erfordert. Der Antragsteller setzt zur Entfernung von Tätowierungen nach den unbestrittenen Ausführungen im angegriffenen Bescheid ein Lasergerät (Keylasere SCI-Tech, Model Key 620, Typ: Nd Yag Treatment System) der Klasse 4 im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 5 der Unfallverhütungsvorschriften BGV B2 „Laserstrahlung“ ein. Bei Lasergeräten der Klasse 4 ist die zugängliche Laserstrahlung „sehr gefährlich“ für das Auge und „gefährlich“ für die Haut. Auch diffus gestreute Strahlung kann gefährlich sein. Die Laserstrahlung kann Brand- und Explosionsgefahr verursachen. Zudem ergibt sich aus den Anmerkungen zu dieser Laserklasse in den genannten Vorschriften, dass die Laserstrahlung von Lasereinrichtungen der Klasse 4 so intensiv ist, dass bei jeglicher Art von Exposition der Augen oder der Haut mit Schädigungen zu rechnen ist.

Insbesondere mit Blick auf die menschliche Haut ist zu beachten, dass die emittierten Wellen in das Unterhautfettgewebe eindringen und unterschiedliche biologische Wirkungen auslösen können. Da der Einsatz solcher Laser mit erheblichen Einwirkungen auf das menschliche Gewebe verbunden ist, die mit einer Operation vergleichbar sind, spricht Überwiegendes dafür, dass es zur Beurteilung, ob eine Laserbehandlung im Einzelfall überhaupt angezeigt ist und welche Risiken und Nebenwirkungen beim Einsatz des Gerätes bestehen, umfangreicher medizinischer Kenntnisse bedarf.

Vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 8. Mai 2012 ‑ 3 L 247/12 ‑ juris, Rn. 14.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 3157/17
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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