BGH zur Vermögensabschöpfung bei Geldwäscheverdacht: Mit Beschluss vom 13. Februar 2025 (Az. 2 StR 419/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine praxisrelevante Entscheidung zur Einziehung von Vermögenswerten im Zusammenhang mit Geldwäschefällen gefällt.
Konkret geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Grundstücke eingezogen werden können, wenn diese teilweise mit legalen Mitteln erworben wurden, zugleich aber auch mit aus Drogengeschäften stammenden Geldern („teilkontaminiert“) finanziert wurden. Die Entscheidung wirft ein scharfes Licht auf die Voraussetzungen der selbständigen Einziehung (§§ 73 ff. StGB) und die Beweismaßstäbe in der Vermögensabschöpfung.
Sachverhalt
Die Einziehungsbeteiligte war Ehefrau eines wegen umfangreichen Betäubungsmittelhandels verurteilten Straftäters. Dieser hatte seit spätestens 2004 über Jahre hinweg erhebliche Gewinne aus dem Kokainhandel erzielt. Teile dieser Gelder wurden zur Finanzierung mehrerer Grundstücke verwendet. Formal wurden diese Grundstücke auf die Ehefrau übertragen – teils vollständig, teils im Rahmen einer Errungenschaftsgemeinschaft nach albanischem Recht. Ziel war es, die Vermögenswerte dem staatlichen Zugriff im Fall einer Verurteilung zu entziehen.
Das Landgericht Aachen hatte die selbständige Einziehung von vier Grundstücken angeordnet. Die Einziehungsbeteiligte legte Revision ein – mit Erfolg.
Rechtliche Analyse
1. Maßstab der Einziehungsentscheidung
Zentral für die rechtliche Würdigung ist die Frage, ob eine vollständige Einziehung auch dann zulässig ist, wenn ein Vermögensgegenstand nur teilweise aus kriminellen Mitteln finanziert wurde. Der BGH hebt hervor, dass die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB voraussetzt, dass der Gegenstand „durch eine rechtswidrige Tat erlangt“ wurde – und zwar vollständig. Eine bloße „Teilkontamination“ reicht nicht aus, um das gesamte Objekt dem Staat zuzuführen.
Dies bedeutet in der Konsequenz: Besteht der Verdacht, dass nur ein Teil des Wertes aus illegalen Quellen stammt, muss differenziert werden. Der konkrete Umfang der „kriminellen Finanzierung“ ist festzustellen. Ein pauschaler Zugriff auf das gesamte Grundstück widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Anforderungen an den Nachweis einer Tatbeute.
2. Anforderungen an die richterliche Beweiswürdigung
Der BGH bemängelt zudem die mangelnde Differenzierung des Landgerichts Aachen hinsichtlich der Herkunft der verwendeten Gelder. Das Tatgericht habe nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Anteile aus Betäubungsmittelgeschäften stammten und welche möglicherweise aus legalen Einnahmen herrührten. Auch eine Aufschlüsselung, inwieweit die Grundstückskosten durch legale Kreditmittel, Ersparnisse oder etwa familiäre Zuwendungen finanziert wurden, sei nicht erfolgt.
Die Beweiswürdigung muss den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens entsprechen. Gerade im Bereich der Vermögensabschöpfung, der in der Praxis weitreichende wirtschaftliche Folgen haben kann, bedarf es präziser Feststellungen.
3. Schutz der Eigentumsrechte Dritter
Die Entscheidung hebt auch den Schutz der Einziehungsbeteiligten als Dritte hervor. Selbst wenn diese Kenntnis von der Herkunft der Gelder hatte, bedeutet das nicht automatisch, dass ihr gesamtes Eigentum durch die Straftat ihres Ehemanns „kontaminiert“ ist. Vielmehr ist im selbständigen Einziehungsverfahren zu prüfen, inwieweit das Eigentum tatsächlich unmittelbar durch die Straftat erlangt wurde – und ob sich die Beteiligte dabei selbst eines Straftatbestands schuldig gemacht hat (z.B. § 261 StGB).
Die Entscheidung des BGH bringt Klarheit in einen komplexen, bislang nicht einheitlich beurteilten Bereich der Vermögensabschöpfung: Die bloße Mitverwendung illegaler Mittel („Teilkontamination“) reicht nicht für eine vollständige Einziehung eines Vermögensgegenstandes. Es ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich, bei der Gerichte die Herkunft der eingesetzten Mittel präzise feststellen und gewichten müssen.
Fazit
Der BGH setzt mit dem Beschluss vom 13. Februar 2025 ein bedeutsames Signal: Ein staatlicher Zugriff auf Vermögenswerte im Rahmen der Einziehung darf nicht auf bloßen Verdacht gestützt werden. Vielmehr muss ein durch rechtswidrige Taten erlangter Vorteil konkret nachgewiesen und von legalem Vermögen abgegrenzt werden. Diese Entscheidung stärkt die Eigentumsrechte Dritter und verpflichtet Gerichte zu einer sorgfältigen Tatsachenaufklärung – ein rechtsstaatlich unverzichtbarer Schritt im Spannungsfeld zwischen effektiver Kriminalitätsbekämpfung und individuellem Rechtsschutz.
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