Wer einen Vollstreckungsbeamten als „Verbrecher“ tituliert und androht, ihn zukünftig von seinem Grundstück zu werfen, macht sich nicht nur wegen Beleidigung, sondern auch wegen einer versuchten Nötigung strafbar. Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat daher in einer aktuellen Entscheidung die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung durch das Amtsgericht Schwerte wegen Beleidigung verworfen und den Angeklagten zusätzlich wegen einer versuchten Nötigung verurteilt. (Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.02.2007 – 2 Ss 589/06)
Im Rahmen eines Streits zwischen dem Angeklagten und der Bauaufsichtsbehörde hatte die Stadt einen Vollstreckungsbeamten beauftragt, der bei dem Angeklagten einen Betrag in Höhe von 150,00 € eintreiben sollte. Der Angeklagte wies gegenüber dem Beamten wohl zu Recht darauf hin, dass er den Betrag jedenfalls derzeit nicht schulde. Der Vollstreckungsbeamte führte daraufhin die Vollstreckung nicht aus. Er bestand allerdings darauf, in der Folge Zutritt zur Wohnung des Angeklagten zu erhalten. Hierauf reagierte der Angeklagte mit einer an die Staatsanwaltschaft gerichteten Strafanzeige sowie einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber der Stadt, in welcher er den Beamten als „Verbrecher“ bezeichnete und ankündigte, ihn in Zukunft mit aller massiver Gewalt von seinem Grund und Boden zu werfen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat das Amtsgericht Schwerte zutreffend angenommen, dass die Bezeichnung des Vollzugsbeamten als „Verbrecher“ eine Beleidigung darstellt. Mit der Bezeichnung als „Verbrecher“ hat der Angeklagte den Bereich der Auseinandersetzung in der Sache verlassen, indem er den Beamten mit einem gefährlichen Kriminellen gleichgesetzt hat. Zudem hat der Angeklagte dem Beamten unabhängig von der Rechtmäßigkeit künftiger Handlungen für den Fall des erneuten Betretens seines Grundstücks massive Gewalt angedroht. Diese Drohung verwirklicht darüber hinaus den Straftatbestand einer versuchten Nötigung. Der Angeklagte durfte auch bei vermeintlich rechtswidrigen Vollstreckungsmaßnahmen nicht unter Ausschaltung des Gewaltmonopols des Staates zur Selbsthilfe greifen.
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