Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einer Entscheidung vom 11. Juni 2024 (Az.: 1 ORs 52/24) die Frage der Drohung mit einem empfindlichen Übel im Kontext einer versuchten Erpressung diskutiert.
Der Fall betraf einen Vorfall am Flughafen E./I. im Sommer 2022, bei dem ein „Line-Manager“ von einem Fluggast Geld verlangte, um diesen an der Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle vorbeizuführen. Die Entscheidung beleuchtet verschiedene Aspekte der rechtlichen Bewertung von Drohungen und deren Auswirkungen auf die Strafbarkeit gemäß § 253 StGB.
1. Die Ankündigung, ein rechtlich nicht gebotenes Handeln zu unterlassen, als Drohung
Das OLG Köln stellte klar, dass auch die Ankündigung, ein rechtlich nicht gebotenes Handeln zu unterlassen, als Drohung mit einem empfindlichen Übel verstanden werden kann. Dies bedeutet, dass selbst wenn eine Person nicht verpflichtet ist, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, die Ankündigung, diese Handlung zu unterlassen, unter bestimmten Umständen als Drohung gewertet werden kann.
2. Empfindlichkeit des angedrohten Übels
Ein weiteres zentrales Kriterium der Entscheidung war die Bewertung, ob das angedrohte Übel „empfindlich“ im Sinne von § 253 StGB ist. Ein Übel ist nur dann empfindlich, wenn von dem Bedrohten nicht erwartet werden kann, dass er der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält. In diesem Fall befand das Gericht, dass das angedrohte Unterlassen des Vorbeiführens an der Warteschlange kein empfindliches Übel darstellte, da der Zeuge, ein Polizeibeamter, in der Lage war, der Drohung standzuhalten. Das Gericht argumentierte, dass es dem Zeugen freistand, seinen Platz in der Warteschlange zu behalten und dennoch seinen Flug zu erreichen.
3. Spezifischer Fall: Fluggast am Flughafen E./I.
Im konkreten Fall ging es darum, dass der Zeuge B., ein Polizeibeamter, am Flughafen E./I. von einem „Line-Manager“ 50 Euro verlangt bekam, um an der Warteschlange vorbeigeführt zu werden. Der Zeuge lehnte das Angebot ab und entschied sich, seinen Platz in der Warteschlange zu behalten. Das Gericht stellte fest, dass es sich hierbei nicht um eine Drohung mit einem empfindlichen Übel handelte, da der Zeuge in besonnener Selbstbehauptung standhielt und keine signifikante Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfreiheit vorlag.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht, dass die Ankündigung eines rechtlich nicht gebotenen Unterlassens unter bestimmten Umständen als Drohung mit einem empfindlichen Übel gewertet werden kann.
Allerdings ist ein Übel nicht empfindlich, wenn von der betroffenen Person erwartet werden kann, dass sie der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält. Im vorliegenden Fall konnte der Zeuge dem Ansinnen des Angeklagten standhalten, weshalb keine Strafbarkeit wegen versuchter Erpressung gegeben war. Diese Entscheidung ist besonders relevant für die Praxis, da sie die Grenzen der strafrechtlichen Bewertung von Drohungen klarer definiert.
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