Kürzlich war ich erneut bei einem Amtsgericht, um gegen den Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu verteidigen – der Mandant hatte bereits drei laufende Bewährung und war von der Polizei erneut am Steuer eines Fahrzeugs angetroffen worden, für das man eine Fahrerlaubnis braucht. Entsprechend negativ war die Erwartung, denn die Strafe beim Fahren ohne Fahrerlaubnis ist nach erster laufender Bewährung regelmäßig eine erneute kurze Freiheitsstrafe.
Die Situation ist nicht neu für mich, ich hatte vor Jahren schon einmal beschrieben, wie ich die dritte Bewährung erkämpft hatte und die StA in der Revision scheiterte. Leider ist es keine Seltenheit, dass diejenigen, die ohne Fahrerlaubnis unterwegs sind, zumindest eine gewisse Zeit Wiederholungstäter werden – denn meistens gibt es keinen Anlass, der etwa in den Lebensumständen liegt, der zu den erneuten Taten führt.
Der Widerruf von Bewährungen und der Kampf um Bewährungen gehört zu unserem strafprozessualen Alltag – und wir sind hier sehr erfolgreich, denn: nach unserer Erfahrung steckt hier viel verborgenes Potenzial – das wegen der kurzen Beschwerdefrist oft untergeht! Gerade Amtsgerichte unterschätzen die besonderen Umstände und nehmen gerne vorschnell, etwa bei nur mangelndem Kontakt mit dem Bewährungshelfer, einen Widerrufsgrund an. Beachten Sie dazu unseren zusammenfassenden Beitrag zum Thema Bewährungswiderruf sowie den Beitrag zur mehrfachen Bewährung.
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Bewährung für Fahren ohne Fahrerlaubnis
In den vergangenen Jahren habe ich daher häufiger diese Fälle gehabt und kann zufrieden feststellen, dass ich jedenfalls bisher zu verhindern wusste, dass jemand beim zweiten oder dritten Mal des Fahrens ohne Fahrerlaubnis einen Knast von innen sieht – es gab immer Bewährungen.
Dabei ist zuvorderst daran zu erinnern – was durchaus überraschen darf – dass das Fahren ohne Fahrerlaubnis ein absolutes Bagatelldelikt ist, das eine Maximalstrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe vorsieht. Bedauerlicherweise kommen die Menschen oft nicht mit der ersten, sondern erst zweiten oder dritten Anklage zu mir, sodass ich hinterher nur mit Frust feststellen muss, dass schon die erste Bewährung sehr kritisch hinterfragt werden muss. Denn: Bei Bagatelldelikten muss man sehr genau prüfen, wann die Freiheitsstrafe wirklich angezeigt ist. Ich führe dazu regelmäßig und gerne erfolgreiche Revisionen!
Die dritte Bewährung beim Fahren ohne Fahrerlaubnis ist sicherlich schwierig zu erarbeiten – aber nicht so unmöglich, wie viele glauben. Es kommt darauf an, wie viel man bereit ist zu tun!
Kampf um die Bewährung beim Fahren ohne Fahrerlaubnis
Wer um die zweite oder dritte Bewährung kämpft, hat kein leichtes Spiel. Zuerst einmal muss man realisieren, dass es ein „Kampf“ ist und nicht weniger. Auch macht es keinen Sinn, die Augen vor Tatsachen zu verschließen: Wer sich – in der Verzweiflung nachvollziehbar – darauf konzentrieren möchte, zu bestreiten, ob man gefahren ist, verschenkt nur Boden. So nachvollziehbar die Verzweiflung ist, liegt hier ein Grundfehler, den auch manche Anwälte gerne bedienen: Wer auf verbranntem Boden kämpft, verbrennt nur noch mehr Fläche. Wer beim Fahren kontrolliert oder von Zeugen erkannt wurde und einen aussichtslosen Streit führt, dem glaubt man auch nicht mehr dort, wo es drauf ankommt – bei der Person.
Wenn die Situation aussichtslos ist, der Vorwurf nicht zu bestreiten ist und man auch keinen – im juristischen Sinne – rechtfertigenden Grund hatte zu fahren, dann macht Streit hier keinen Sinn. Und wenn ein Anwalt die Courage hat, das zu sagen, sollte man dankbar sein.
Aber: genau hier geht der Kampf erst los. Viele Gerichte und auch Staatsanwaltschaften neigen dazu, genau jetzt schon den Fall zu schließen. Doch am Ende geht es schließlich um die Schuld, die persönliche Vorwerfbarkeit, und die ist das Einfallstor wenn man zu einer Bewährung möchte. Denn hier geht es nicht nur um die Tat und die Persönlichkeit insgesamt, sondern auch um die Entwicklung der Person nach der Tat. Und hier kann gearbeitet werden; tatsächlich liegt der erhebliche Teil der Verteidigungstätigkeit außerhalb des Verfahrens, in der Arbeit an der Person des Betroffenen. Im Gerichtssaal muss dann „nur“ noch kommuniziert werden, warum dies den Ausschlag gibt.
Fazit: Ohne persönliche Einsicht geht es nicht
In den vergangenen Jahrzehnten hatte ich viele verzweifelte Menschen vor mir sitzen und habe in dutzenden Fällen dieser Art noch gerettet, woran vorher keiner glauben wollte oder konnte. Die andere Seite der Münze ist aber auch, dass ich viele Mandate abgelehnt habe, denn der Kampf um die Bewährung ist immer die Arbeit an der Person. Wer uneinsichtig ist, glaubt, dass juristische Kniffe oder ein markantes Auftreten ausreichen und zunächst der Welt erklärt, warum alle andere Schuld sind, mit dem ist in dieser Situation nichts zu erreichen. Das ist so, wie sonst beim Kampf um Bewährungen auch: Man muss es wollen und bereit sein, den Preis zu zahlen. Denn Bewährungen gibt es schlicht nicht geschenkt.
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