Die Sache mit dem Gerichtsstand

Dr. Ulrike Unger spricht im Beck-Blog einen sehr bedeutenden Punkt an, den immer noch viel zu viele nicht beachten: In einem einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum kann der Gerichtsstand im Streitfall sehr schnell zur teuren Falle werden, wenn man nämlich plötzlich merkt, dass man als in Deutschland ansässiger Lieferant wenn, dann im Ausland klagen muss. Da sind nicht nur die „üblichen Aufwendungen“ gleich merklich teurer, auch die Suche nach einem Spezialisten für diesen Rechtskreis kann zum Problem werden.

Es ist dabei fatal, als (vermeintlich) „kleiner Unternehmer“ zu glauben, man sei von diesem Problemkreis nicht betroffen: Schon kleinere Computershops haben heute Onlineshops und versenden gerne auch ins Ausland. Speziell in unserer grenznahen Region sind grenzüberschreitende Lieferungen seit je her kaum etwas Besonderes, selbst Dienstleistungen werden hier ja grenzüberschreitend gebucht (etwa wenn ein Niederländer einen Maler aus Deutschland beauftragt und dieser in den Niederlanden dann arbeitet), wobei sich hier das Problem glücklicherweise seit je her aufdrängt. Wie weit das gehen kann, hatte ich bereits an Hand eines Faxes verdeutlicht, mit dem man unglückseliger Weise sehr schnell und unbemerkt einen Grenzüberschreitenden teuren Vertrag abschliessen kann.

Heute sind – mitunter komplizierte – Probleme dabei wirklich (man kann es nicht oft genug betonen) längst Teil des geschäftlichen Alltags. Ich denke da etwa an einen Mandanten, der (als Reseller) aus dem Ausland seit je her sehr hohe Stückzahlen (Millionenbereich) an CD-Rohlingen kaufte und hier plötzlich ein Streitfall auftrat, ob bei einem Werbeaufdruck ein vorlag und wie dies rückabzuwickeln sei. Oder ein anderes Beispiel: Da sollte ein Lizenzvertrag zur Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke mit einem im Ausland sitzenden Unternehmen geschlossen werden. In beiden Fällen war man sich des Problemkreises nicht bewusst – bis das Problem auftrat und man schwitzte, nach welchem Recht die Sache zu entscheiden sein soll. (Dabei war beides letztlich problemlos zu klären)

Was heisst das für Unternehmer? Zuerst einmal ganz klar: Vorsorgen mit ordentlichen Verträgen, was im Einzelfall alles andere als einfach sein wird, schliesslich hat auch der Vertragspartner ein Interesse, den Gerichtsstand bei sich zu halten; zumal bei Verträgen mit Verbrauchen der gestalterische Spielraum ohnehin eher minimal ist. Darüber hinaus muss man darauf achten, dass der beauftragte Jurist sich des Problems überhaupt bewusst ist. Wirklich gefährlich ist es inzwischen, dass das Thema derart unterschätzt wird, sicherlich auch weil – was ja an sich positiv ist – der grenzüberschreitende Dienstleistungs- und Warenverkehr seit Jahren Realität ist.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für Strafrecht & Fachanwalt für IT-Recht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für Strafrecht & Fachanwalt für IT-Recht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Strafverteidigung und dem IT-Recht, speziell Softwarerecht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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