Die Abmahnung an sich – das wird in der digitalen Welt schnell vergessen – dient nach einer Rechtsverletzung der Vorbeugung weiterer Verletzungen. Keinesfalls ist sie beschränkt auf urheberrechtliche Fragen und kann uns überall dort begegnen, wo fremde Rechte verletzt werden. Das mag das unerlaubte Filesharing sein, aber auch Sachbeschädigungen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Beispiel: Beleidigung) – und natürlich auch das unerlaubte Parken.
Wer nämlich auf fremden Stellplätzen unerlaubt parkt, der greift in ein fremdes Recht ein – ausdrücklich festgestellt wurde dies zuletzt nochmals im Jahr 2009 durch den Bundesgerichtshof (hier nachzulesen). Bisher gingen Betroffene vor allem im Wege des Abschleppens dagegen vor und forderten später die dadurch verursachten Kosten, so auch noch beim Bundesgerichtshof im letzten Jahr. Das Abschleppen aber ist recht aufwändig, kostet relativ viele Ressourcen, und ist daher für manchen Parkplatzbetreiber entweder nicht sinnvoll – oder aber er arbeitet mit Unternehmen zusammen, die mitunter Zweifelhafte Methoden anwenden und dadurch dem Parkplatzbetreiber einen Image-Schaden zufügen können (Ich hatte hier berichtet).
Allerdings gibt es „glücklicherweise“ die Abmahnung und mir war schon zu Ohren gekommen, dass nicht nur zickige Rechtsanwälte Autofahrer abmahnen, die den gebuchten Stellplatz bei Gericht unerlaubt blocken – sondern dass es auch Parkplätze geben soll, die damit arbeiten. In der Thüringischen Allgemeinen bin ich nun fündig geworden: Dort wird (von einem privaten Parkplatzbetreiber) mit 160 Euro abgemahnt, wenn man unerlaubt parkt. Dabei ist zu beachten, dass der Betreiber ein sehr sozialverträgliches Modell anbietet, das eine kostenlose „Karenzzeit“ wegen anliegender Läden und Kindergarten vorsieht.
Dennoch zeigt das Beispiel auch, dass selbst bei einem durchdachten Modell irgendwo etwas schief gehen kann:
Das hat ihm schon einmal öffentlichen Ärger eingebracht, als im vergangenen Jahr eine schwerbehinderte Urgroßmutter 160 Euro zahlen musste, weil sie ihr Urenkelchen aus dem Kindergarten abholte und die zugebilligten zehn Minuten kostenlose Parkzeit überschritt. Kühn räumt heute ein, dass seine damaligen Geschäftspartnerin, einer Ilmenauer Rechtsanwältin, da ein wenig mehr Fingerspitzengefühl hätte beweisen können.
Solche Image-Probleme können durchaus empfindlich sein, insofern sind Betreiber sehr gut beraten, sich von Anfang an „Problemfälle“ zu überlegen und klar mit ihrem Rechtsanwalt abzusprechen, wie man in „Problemfällen“ vorgeht. Für Betroffene wie Betreiber bleibt das Problem des Nachweises, worauf der Artikel leider nicht eingeht: Wie wird erfasst, ob jemand – der ohne Parkschein die 10 Minuten nutzt – auch tatsächlich mehr als 10 Minuten dort steht? Und wird dem Betroffenen mit der Abmahnung dieser Beweis schon mitgeteilt, oder wird das offen gelassen – was der Abmahnung natürlich eine besondere Note gäbe.
Letztlich sieht man hier ein schönes Beispiel für die Tatsache, der Entwicklung der Abmahnung hin zum alltäglichen Rechtsinstrument. Zur Rechtsdurchsetzung ist sie dabei sehr gut geeignet, man merkt es hier, da man ohne nennenswerten Aufwand bei erheblichen psychischem Druck (unter dem Damoklesschwert der Klage) einen Anspruch geltend machen kann. Wobei der Abgemahnte, bei entsprechend klug gewähltem Betrag, sich in der Regel einem vollkommen unvernünftigem Klagerisiko ausgesetzt sieht. Von der latenten Angst, wenn man einmal „nur kurz“ unberechtigt irgendwo parkte, später irgendwann teure Post zu erhalten, mal ganz zu schweigen – der Druck, sich Regelkonform zu verhalten ist da doch beachtlich.
Anmerkung: Die Möglichkeit der Abmahnung von Parkverstößen steht m.E. nicht den Behörden offen. Im öffentlichen Raum ist damit also nicht zu rechnen, es geht alleine um „private“ Stellplätze/Parkplätze.
Zum Thema:
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