Presserecht: Gegendarstellungsanspruch und seine Umsetzung

Die Gegendarstellung: Eine kurze Darstellung zum presserechtlichen Gegendarstellungsanspruch: Worum handelt es sich dabei, wie wird er geltend gemacht und wir ist er von den Medien umzusetzen.

Wer von einer Berichterstattung in der Presse persönlich betroffen ist, wird häufig einen Anspruch auf den Abdruck einer Gegendarstellung haben. Das Kammergericht (10 W 15/12) hat sich in einem aktuellen Beschluss zur Frage geäußert, wo genau eine solche Gegendarstellung zu platzieren ist.

Allgemeines in Kürze: Der presserechtliche Gegendarstellungsanspruch

Bei dem Anspruch auf den Abdruck einer Gegendarstellung handelt es sich letztlich um einen Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Kombination mit dem Gedanken der „Waffengleichheit“ im Medienrecht. Wer von einer Publikation in der Presse betroffen ist, sich mit dem in der Öffentlichkeit auseinandersetzen muss, was das Medium da verbreitet, der muss sich auch mit „gleicher “ wehren können. Beispiel: Wer etwa in der BILD zerrissen wird, aber sonst keine Öffentlichkeit bedient, muss sich schliesslich irgendwie wehren können. Hier kommt der Gedanke, dass eine „Gegendarstellung“, die das geschaffene Bild gerade rückt, abgedruckt werden muss.

Da es bei der Gegendarstellung alleine um Waffengleichheit geht, also nicht etwa um eine Richtigstellung, sondern nur um eine Klarstellung der eigenen Position, spielen Aspekte wie „Wahrheit„, „Unwahrheit“ oder „Rechtswidrigkeit“ der eigentlichen Publikation keine Rolle! Allerdings ist sie nur gegen Tatsachenbehauptungen, nicht auch gegen Meinungsäußerungen, möglich. Hierbei bietet sich aber etwas Spielraum an, so kann man sich mit der Gegendarstellung auch bei einer oder der Wiedergabe von Gerüchten wehren. Auch wenn eine streitgegenstandliche Äußerung sowohl als wie als Meinungsäußerung gesehen werden kann, ist ein Rückgriff auf die Gegendarstellung wohl möglich (Kammergericht, 9 U 215/04).

Gegendarstellung gegen den Eindruck

Schwieriger wird es, wenn man sich gegen einen „vermittelten Eindruck“ wehen möchte. Also nicht gegen das, „was da steht“, sondern gegen das, „was man da liest“. Auch hier ist ein Gegendarstellungsanspruch zwar möglich, mit dem BVerfG (1 BvR 967/05) aber nicht hinsichtlich jeder Deutungsmöglichkeit, sofern sie nicht einfach nur „nicht fernliegend ist“. Wohl aber dann, wenn sie sich dem Leser durchaus aufdrängt bzw. aufdrängen muss. Das OLG Dresden (4 W 558/17) drückt dies so aus:

Will der Anspruchsberechtigte einem mit der Erstmitteilung erweckten Eindruck entgegentreten, muss dies in einer entsprechenden Formulierung der begehrten Gegendarstellung zum Ausdruck kommen (OLG Köln, Beschluss vom 25. Juli 2013 – I-15 U 87/13 -, Rn. 69, juris; Seitz/Schmidt, aaO, Kap. 5 Rn 134). Darüber hinaus ist der beanstandete Kern der Erstmitteilung wiederzugeben und anzugeben, von welcher konkreten Behauptung dieser Eindruck ausgeht (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 19. Februar 2008 – 7 U 94/07 -, juris; OLG Köln aaO; OLG Stuttgart, ZUM 2000, 773 ff.) […] Unter dem Aspekt einer verdeckten Tatsachenbehauptung oder des sich im Zusammenspiel mehrerer Äußerungen für den Leser ergebenden Eindrucks nicht gegendarstellungsfähig sind hiernach Aussagen, bei denen lediglich eine „nicht fernliegende Deutung“ einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergäbe (OLG Köln, Beschluss vom 06. Februar 2013 – 15 W 9/13).

Diesem Anspruch sieht sich am Ende jedes „redaktionell aufbereitete Medium“ ausgesetzt – es geht also nicht alleine um Zeitungen oder „professionalität“. Gesetzliche Grundlage: Bei Publikationen in Zeitungen läuft das nach den Landespressegesetzen, hier findet man einen Anspruch auf den Abdruck einer Gegendarstellung (etwa: Art. 10 Bayerisches Pressegesetz; §10 Berliner Pressegesetz; §11 Pressegesetz NRW). Ansonsten gibt es verschiedene Normen, etwa im Rundfunkstaatsvertrag.

Wer den Gegendarstellungsanspruch geltend machen möchte, muss jedenfalls einige Formalia im Rahmen der Gegendarstellung (nicht im Rahmen des Veröffentlichungsverlangens – die zwei Dinge müssen getrennt betrachtet werden) beachten: So ist die Gegendarstellung schriftlich einzureichen, die eigentliche Gegendarstellung ist zudem eigenhändig zu unterzeichnen. Wichtig und immer wieder unterschätzt ist, dass die eingereichte Gegendarstellung druckreif sein muss. Also inhaltlich sinnvoll & lesbar sein – und nicht etwa aneinander gereihter kauderwelsch. Für Betroffene auf Grund des subjektiven Betrachtungswinkels kaum zu Leisten ist dann die Frage, ob noch ein aktueller Bezug besteht oder die Sache „abgelaufen“ ist. Wer etwa eine Gegendarstellung zu einem Thema verlangt, das bei den Lesern des Mediums zum Zeitpunkt der Geltendmachung nicht mehr präsent ist, der hat schon gar kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

Ebenfalls muss man darauf achten, eine Gegendarstellung einzureichen – wer mehrere einreicht, muss klar machen, welche abgedruckt werden soll (OLG Hamburg, 7 W 53/12). Der Abdruck einer Mehrzahl von Gegendarstellungen ist vom Gesetz nicht vorgesehen.

Bei der Geltendmachung des Anspruchs ist die Frist immer wieder ein Problem. Grundsätzlich gilt, dass „unverzüglich“ (also ohne schuldhaftes Zögern) der Anspruch geltend zu machen ist. Fast alle Landespressegesetze sehen allerdings auch eine Ausschlussfrist von 3 Monaten ab Veröffentlichung vor. Das ist damit zu erklären, dass bei dem unverzüglichen Handeln auf die Kenntnisnahme, nicht die Veröffentlichung abgestellt wird.

Mehrdeutige Äußerungen und die Gegendarstellung

Ein Gegendarstellungsanspruch besteht bei verdeckten, sich aus dem Zusammenspiel mit einer offenen Behauptung ergebenden Aussagen nur dann, wenn sich eine bestimmte Schlussfolgerung für einen Leser als unabweisbar oder zwingend aufdrängt, mehr dazu hier.

Wo ist die Gegendarstellung abzudrucken?

Exemplarisch kann §11 III S.1 NRW-PresseG dienen um klar zu stellen, wo eine Gegendarstellung abzudrucken ist:

Die Gegendarstellung muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen und Weglassungen abgedruckt werden;

Eigentlich selbsterklärend – aber: Was ist „der gleiche Teil des Druckwerks“? Genau damit hat sich nun das Kammergericht (10 W 15/12) beschäftigt und klargestellt, dass mit dem Wortlaut im gesetz sichergestellt werden soll, „dass die Gegendarstellung möglichst einen gleichen Leserkreis und den gleichen Grad an Aufmerksamkeit wie die beanstandete Meldung erreicht“.

Es geht also nicht darum, dass die gleiche Seitenzahl („Ich will weiter nach vorne“) ausgewählt wird. Das Interesse desjenigen der die Gegendarstellung verlangt, richtet sich objektiv ja dahin, den gleichen Leserstamm zu treffen, der sich hier ggfs. ein falsches Bild gemacht hat. Entsprechend ist inhaltlich zu betrachten, worüber berichtet wird. Wer etwa in einem Teil betroffen war, in dem es um lokalpolitische Themen ging, der muss in eben einen solchen Teil mit seiner Gegendarstellung präsentiert werden – und nicht auf Seite 1 oder auf der letzten Seite neben dem .

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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