Daten von Beschäftigten kein Geschäftsgeheimnis

Das OLG Dresden (4 U 1377/22) betont, dass Urlaubslisten eines Unternehmens kein darstellen.

Im vorliegenden Fall ging es um E-Mails, die Angaben zu Urlaubs- und Krankheitstagen verschiedener Mitarbeiter sowie Angaben darüber enthielten, welche Mitarbeiter Prämien in welcher Höhe erhalten hatten.

Dabei handelte es sich um Informationen, die nicht allgemein bekannt sind und an deren Geheimhaltung die Klägerin schon im Hinblick auf den Schutz der persönlichen Daten ihrer ein erhebliches Interesse hat. Einen wirtschaftlichen Wert im Sinne von § 2 Nr. 1a GeschGehG haben diese Informationen jedoch nicht.

Das Gericht führt aus, dass es sich bei dem Tatbestandsmerkmal „wirtschaftlicher Wert“ – anders, als der Wortlaut des § 2 Nr. 1a GeschGehG nahelegt – nicht um eine gesetzliche Vermutung handelt, wonach aus der fehlenden allgemeinen Bekanntheit oder Zugänglichkeit einer Information auf deren wirtschaftlichen Wert zu schließen ist (“daher“), sondern um ein eigenständiges Merkmal des Geheimhaltungsbegriffs, dessen Voraussetzungen gesondert festzustellen und vom Anspruchsteller zu beweisen sind.

Geschäftsgeheimnisse?

Rund um Geschäftsgeheimnisse beraten und verteidigen wir: Unternehmen beim Schutz von Geheimnissen und Arbeitnehmer, wenn der Vorwurf erhoben wird, Daten entwendet zu haben.

Allein aus der Konjunktion „daher“ im Gesetzeswortlaut kann auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens und der mit der Feststellung eines Geschäftsgeheimnisses verbundenen erheblichen Einschränkungen der Rechte Dritter, insbesondere im Geschäftsverkehr, nicht geschlossen werden, dass auch eine an sich wertlose Information allein dadurch, dass sie vom Berechtigten tatsächlich geheim gehalten wird, automatisch zu einem Geschäftsgeheimnis wird, auch wenn ihr objektiv kein Wert beizumessen ist:

Maßgeblich ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers, dass die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung der Information ohne Zustimmung des Inhabers dessen wirtschaftliches oder technisches Potential, geschäftliche oder finanzielle Interessen, strategische Position oder Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen kann (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28.04.2022 – 6 U 39/21, Rn. 56 – juris, unter Hinweis auf BT-Drucks. 19/4724, S. 24; Erwägungsgrund 14 RL EU 2016/943).

Eine Information weist daher einen wirtschaftlichen Wert auf, wenn sie über einen tatsächlichen oder künftigen Handelswert verfügt, Relevanz für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens hat oder wenn ihr Bekanntwerden für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt (vgl. Alexander a.a.O., § 2 Rn 40). Nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BAG (Beschluss vom 26.02.1987, 6 ABR 46/84 – juris) kann auch Lohn- und Gehaltsdaten als Teil der betriebswirtschaftlichen Kalkulation ein solcher wirtschaftlicher Wert zukommen, weil die Geheimhaltung dieser Daten für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebs insoweit von Vorteil sein kann, als die Konkurrenz mit dieser Kenntnis ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern könnte (so BAG a.a.O. Rn. 18). Vorliegend ist aber nicht ersichtlich, welchen wirtschaftlichen Wert die in den streitgegenständlichen Mail enthaltenen Angaben über die abgeleisteten Urlaubszeiten von Mitarbeitern der Klägerin für Dritte haben könnten, erlauben sie doch weder einen Rückschluss auf den Personalbestand noch auf die Urlaubs- oder Gehaltsstruktur der Klägerin.

Bei der weiteren von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (Beschluss vom 14.05.1987 – 6 ABR 39/84 – juris) ging es um das Einsichtsrecht des Betriebsrates in die Bruttolohn- und Gehaltsdaten der Mitarbeiter. Nachdem der Betriebsrat eine Aufstellung über Löhne und Gehälter veröffentlicht hatte, hat das Bundesarbeitsgericht es nicht beanstandet, das grundsätzlich bestehende Einsichtsrecht wegen des treuwidrigen Verhaltens des Betriebsrates einzuschränken.

Diese Entscheidung gibt für den vorliegenden Fall nichts her, denn es geht nicht um Löhne und Gehälter sämtlicher Mitarbeiter. Auch die anderen von der Klägerin zitierten Entscheidungen sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Gegenstand des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11.03.2021 (15 U 6/20 – juris) waren CAD Konstruktionszeichnungen, bei denen es sich fraglos um Geschäftsgeheimnisse handelt. In dem vom entschiedenen Fall vom 01.07.1960 (I ZR 72/59 – juris) ging es um Pläne für eine Wurftaubenpresse. Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.05.1996 (II ZR 190/95 – juris) waren abgetretene Vergütungsansprüche eines Geschäftsführers einer .

OLG Dresden, 4 U 1377/22
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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