Corona-Bussgeld 2020: Bussgeldbescheid wegen Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO)

wegen Coronaschutzverordnung NRW („Corona-Bussgeld 2020“): Inzwischen treffen bei uns zunehmend Bussgeldbescheide der Kommunen ein, in denen Bürger wegen früher alltäglichem Verhalten nun mit einem Bussgeld belegt werden. Dabei zeigt sich eine ebenso harte wie teilweise unangemessene Linie im Vorgehen gegen die regelmäßig arglosen Bürger.

Lassen Sie sich als Betroffener nicht verunsichern, wenn Sie einen Bussgeldbescheid wegen eines angeblichen Verstosses gegen die Coronaschutzverordnung NRW 2020 erhalten haben. In vielen Fällen steht erhebliches Verteidigungspotential im Raum.

Bussgelder wegen Coronaschutzverordnung NRW

Um das deutlich vorab zu sagen: Wir nehmen die Corona-Krise ernst und machen uns um unsere Angehörigen genauso Sorgen, wie all die Menschen da draussen. Es geht nicht darum, gefährliches oder schlicht querulatorisches Verhalten zu verteidigen.

Aber: Als seinerzeit die NRW-Regierung ankündigte, man werde die Pandemie „bekämpfen wie die Clankriminalität“, zeigte sich bereits, dass man das Augenmaß verloren hatte: Wenn Menschen ein Eis auf der Strasse essen oder verzweifelte Angehörige in ein Altenheim möchten, um sich von einem sterbenden Verwandten zu verabschieden, dann gibt es gute Gründe für eine Isolation – aber diese Menschen mit „Clankriminalität“ zu vergleichen ist ebenso unpassend wie überzogen. Anders, wer die aktuelle Situation – sei es aus Unvernunft oder auch schlichter Boshaftigkeit – ignoriert und fleissig „Corona-Parties“ feiert. All diese Fälle über einen Kamm zu scheren liegt daneben und gerade ein modern entstehender Klassiker zeigt auf, dass die Behörden fleissig Verfahren produzieren, die durchaus streitig sind.

Auf keinen Fall wollen wir hier falsch verstanden werden: Die Corona-Schutzmaßnahmen werden von uns unterstützt, auch wenn wir sie kritisch begleiten und gerade nicht widerspruchslos hinnehmen. Aus genau dem Grund aber stehen wir hinter vielen der durchaus sinnvollen Maßnahmen, stehen aber auch denen bei, die vollkommen überzogen, ohne Augenmaß, verfolgt werden.

Wer sich bei uns meldet, der sich schlicht querulatorisch verhalten und dadurch andere gefährdet hat oder eine der diversen Verschwörungstheorien vertritt, wird als Mandant nicht angenommen – wir haben auch schon einige Anfragen abgelehnt, weil wir hier einfach nicht als Anwälte passen. Gerade die mitunter maßlose Verfolgung von Jugendlichen, wenn schlicht einmalig etwas schief lief oder wenn besonders schwierige persönliche Situationen von den Behörden vollkommen ausgeblendet werden – in all diesen Fällen stehen wir gerne zur Seite. Dabei profitieren unsere Mandanten eben auch dadurch, dass wir bekanntlich nicht „blind“ jedes Bussgeld zu verhindern versuchen, sondern schon bei der Mandatsannahme genau hinsehen.

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Jens Ferner

Rechtsanwalt

Corona-Bussgeld-Klassiker: Eis-Essen „zu nah“ an der Eisdiele

Der neue Klassiker der Coronaschutzverordnung scheint das Eis Essen in einem Abstand von weniger als 50 Metern zu sein. Diese Regel ist von ihrem Sinngehalt her – dem zerstreuen der Menschen und der Verhinderung von Ansammlungen – absolut sinnvoll. Allerdings ist die Regel ebenso willkürlich umgesetzt wie im Alltag nicht praktikabel. Ein einfacher Spaziergang durch die Stadt zeigt insoweit regelmässig Menschen, die sich zwar ernsthaft und nachhaltig entfernen, aber eben keine 50 Meter, sondern manchmal „nur“ 30 oder 40 Meter. Denn: 50 Meter sind viel mehr, als viele glauben. Und ein 50M-Maßband hat man seltenst dabei (der Bürger sowenig wie das Ordnungsamt).

Corona-Bussgeld: Bussgeldbescheid wegen Verstoss gegen Coronaschutzverordnung NRW 2020
Beispiel eines Bussgeldbescheides wegen des Verspeisen von Lebensmitteln näher als 50 Meter an der Gaststätte, es gibt mehrere dieser Art …

Der wahre Unsinn der gesamten Regel offenbart sich in Innenstädten grösserer Städte recht zügig: Wenn Sie sich ein Eis an der Eisdiele A holen, sich 55 Meter entfernt auf eine Wiese setzen und das Eis lecken – dabei aber in Ihrem Rücken, nunmehr nur 20 Meter entfernt, die Eisdiele B befindet (evt. auch von Ihnen unbemerkt), liegt kein Ordnungswidrigkeit vor. Denn maßgebend ist alleine die Eisdiele, bei der das Eis geholt wurde – der Sinn der Norm, das Verhindern von Bündeln von Menschen, wird aber gleichwohl offenkundig erzielt.

Gleichwohl – und jetzt beginnt die Unverschämtheit – habe ich bereits Rückmeldungen mehrerer Bürger die betroffen sind und teilweise sogar berichten, dass das Ordnungsamt allen Ernstes nicht nur bereits vor Ort war, sondern seelenruhig beobachtet, wie man sich entfernt, nicht weit genug entfernt und sobald man sich setzt oder isst, den unbescholtenen Bürger denn direkt mit Daten erfasst, anstelle schlicht zu verwarnen. Dabei gebietet das im OWI-Recht geltende Opportunitätsprinzip ja gerade, dass man abwägt, ob man es nicht bei einer Verwarnung belässt. Der Staat rechtfertigt dies mit einem „entschlossenen“ vorgehen, was aber nur Makulatur ist: Die Ordnungsbehörden sehen zu, wie ein Rechtsbruch (der in einem sonst üblichen Alltagsverhalten besteht!) von unbescholtenen Bürgern begangen wird und nutzt diese Situation dann aus. Das hat nichts mit Härte zu tun, sondern ist schlicht unangemessen. Der Staats sollte schon aus eigenem Interesse absehbare Ordnungswidrigkeiten, bei denen er zusieht, verhindern und nicht das Bussgeld abgreifen.

Falsche Kontaktdaten in Corona-Kontaktliste eingetragen

Die falsche Angabe von Kontaktdaten in einer Corona-Kontaktliste kann zu einem Bussgeld führen – es kommt aber auf den Einzelfall an: Insbesondere wenn der Gast am Ende identifiziert werden konnte steht erhebliches Verteidigungspotential im Raum, zumal der Gast durchaus ein eigenes Interesse an einem brauchbaren hat.

Veranstaltung ohne Genehmigung oder Schutzkonzept

Wer eine Veranstaltung ohne Genehmigung oder Schutzkonzept durchführt hat ein massives Problem, da schwer vorstellbar ist, wie dies sachlich zu vermitteln sein soll. Hier haben wir dann auch bisher alle Anfragen abgelehnt. Es wird aus unserer Sicht sehr stark auf den Einzelfall ankommen.

Corona-Bussgeld wegen öffentlichem Treffen

Besonders schwierig sind Corona-Bussgelder die wegen öffentlicher Versammlungen verhängt werden: Hier trifft es gerade junge Menschen und eine Vielzahl der bei uns bearbeiteten Fälle zeigt, dass hier mitunter maßlos aber auch sachfremd agiert wurde, teilweise nicht einmal die Beweislage überhaupt stimmig ist.


Erhebliches Verteidigungspotential

Ironischer Weise ist es gerade dieses vermeintlich so „harte“ Vorgehen der Ordnungsbehörden, das erhebliche Zweifel daran säht, wie lange viele Bußgelder im Gerichtssaal Bestand haben werden. Dass man das Opportunitätsprinzip gleich ganz ausser Acht lässt und normale Bürger bei alltäglichen Handlungen „mit aller Härte“ verfolgt, dürfte einiger Kritik begegnen. Insbesondere wenn folgende Umstände vorliegen gibt es erhebliches Diskussionspotential:

  • eine eigentlich alltägliche Handlung ist Gegenstand der Ordnungswidrigkeit
  • es liegt kein schlicht querulatorisches Verhalten vor
  • einmaliger Verstoß
  • eine Gefährdung war auch abstrakt bestenfalls nur denktheoretisch möglich
  • die Ordnungsbehörde hat sprichwörtlich „zugesehen“, insbesondere tatenlos bei bereits bekannter Risikogeneigheit (etwa bei bereits mehreren Verstößen hat man nicht die Örtlichkeiten neu strukturiert bzw. dies veranlasst)

Anders dagegen bei querulatorischen Verstößen von notorischen Besserwissern, bei gefährdendem Verhalten wie Zusammenkünften oder gar Partys, aggressiven Verstößen oder konkret gefährlichem Verhalten wie Quarantäne-Verstößen etc.

Viel Diskussionspotential bei Corona-Bussgeld

Unsere Kanzlei hat sich früh mit der Corona-Pandemie beschäftigt, wir haben es immer Ernst genommen und auch die kontaktreduzierenden Maßnahmen verteidigt – gleichzeitig aber haben wir schon jetzt viel Zeit in die verfassungsrechtliche Analyse gerade der Bußgeld-bewehrten Alltagshandlungen vorgenommen, die jeden von uns betreffen. Dabei zeigt sich aus unserer Sicht, dass in einigen Fällen – dazu gehört auch die 50 Meter Regel – erhebliches Diskussionspotential hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und damit letztlich Wirksamkeit der Norm besteht. Gerade, da zugleich Ordnungsämter auch gerne einmal sowohl juristisch fundiertes Arbeiten als auch das notwendige Augenmaß (nochmals: Opportunitätsprinzip) vermissen lassen, sollten Sie sich, jedenfalls wenn sie nicht böswillig agierten, zur Wehr setzen gegen einen „Bussgeldbescheid wegen Verstosses gegen die Coronaschutzverordnung 2020“.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.