Die zunehmende Professionalisierung des Coachings stellt nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich eine Herausforderung dar. Besonders brisant wird die Frage, ob Coaching eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit darstellt, wenn dies über Steuerpflichten, Zulassungen oder sogar berufsrechtliche Verbote entscheidet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg (Au 4 K 08.799) vom 23.12.2008 gibt einen aufschlussreichen Einblick in die maßgeblichen Abgrenzungskriterien – mit einer klaren, wenngleich ernüchternden Botschaft für die Coachingbranche.
Sachverhalt
Ein Kläger, dem wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit und mehrfacher Betrugsdelikte sämtliche gewerblichen Tätigkeiten untersagt worden waren, begehrte vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung, dass seine geplante Tätigkeit als Coach nicht als Gewerbe, sondern als freier Beruf einzustufen sei. Er berief sich auf eine „dienstleistende Tätigkeit höherer Art“ sowie auf seine berufliche Erfahrung und frühere Studien an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie. Das Gericht wies die Klage ab.
Juristische Analyse
Abgrenzungskriterien: Gewerbe vs. freier Beruf
Zentraler Maßstab ist die Definition des freien Berufs als „Dienstleistung höherer Art“, die regelmäßig ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder vergleichbare Qualifikation erfordert. Entscheidend ist dabei nicht die Berufsbezeichnung – die rechtlich nicht geschützt ist – sondern die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit.
Essenz: Coaching ist nicht automatisch ein freier Beruf – es kommt auf die konkrete Ausübung und die persönliche Qualifikation an.
Die Rechtsprechung stellt dabei auf folgende Aspekte ab:
- Art der Tätigkeit: Wissenschaftliche, schriftstellerische oder künstlerische Komponenten sprechen für einen freien Beruf.
- Persönliche Voraussetzungen: Der Coach muss über eine „höhere Bildung“ verfügen, was regelmäßig ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium bedeutet.
- Ideelle Komponente: Freie Berufe zeichnen sich durch Eigenverantwortlichkeit, Unabhängigkeit und Gemeinwohlbezug aus – bloßes Gewinnstreben ist kein Leitmotiv.
Entscheidung des VG Augsburg
Das Gericht stellte fest, dass:
- Keine höhere Bildung nachgewiesen war – das angeblich absolvierte Studium wurde nicht abgeschlossen.
- Die Tätigkeit als Coach nicht konkret fassbar beschrieben wurde, insbesondere fehlten Anhaltspunkte für eine systematische, methodisch fundierte Wissensvermittlung.
- Auch der Rückgriff auf private Seminare und „Zertifizierungen“ (z. B. HelfRecht-Institut) genügte nicht zur Qualifikation für eine freiberufliche Tätigkeit.
- Schließlich sei auch angesichts der einschlägigen Vorstrafen zweifelhaft, ob die Ausübung des Coachings ideellen Kriterien freiberuflicher Tätigkeiten genüge.
Kurzfassung: Ein Coaching-Angebot stellt nur dann eine freiberufliche Tätigkeit dar, wenn es durch eine wissenschaftlich fundierte Methode getragen wird, eine höhere Bildung voraussetzt und persönlich-ideellen Einsatz verlangt. Fehlt es daran, ist Coaching – selbst bei inhaltlich ambitionierter Aufmachung – ein Gewerbe.
Konklusion
Das Urteil macht deutlich: Wer als Coach tätig werden möchte, muss bei der rechtlichen Einordnung seines Berufsfeldes sorgfältig zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit differenzieren. Die bloße Bezeichnung „Coach“ genügt nicht, um dem gewerberechtlichen Regime zu entkommen.
Daher: Wer die rechtlichen Privilegien freier Berufe in Anspruch nehmen möchte, sollte über eine einschlägige akademische Qualifikation verfügen und sein Leistungsspektrum methodisch klar definieren. Gerade in der Coachingbranche herrscht Nachholbedarf an jurischer Selbstreflexion – die Grenze zum Gewerbe ist schnell überschritten.