Bußgeld wegen Verstoß gegen §16 Abs. 1 BetrSichV

Nach § 16 Abs. 1 BetrSichV hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass überwachungsbedürftige Anlagen nach Maßgabe der in Anhang 2 genannten Vorgaben wiederkehrend auf ihren sicheren Zustand hinsichtlich des Betriebs geprüft werden. Zusammen mit Anhang II Abschnitt 2 Nr. 4.1 und 4.3 sind so etwa Aufzugsanlagen regelmäßig wiederkehrend von einer zugelassenen Überwachungsstelle zu prüfen – hierzu konnte sich das Oberlandesgericht Hamm, 5 RBs 107/21, äussern.

Hauptprüfung und Zwischenprüfung

Die Frist für die Hauptprüfung ist hierbei vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen festzulegen und darf zwei Jahre nicht überschreiten. Die Zwischenprüfung nach Anhang II Nr. 4.3 ist hingegen in der Mitte des für die Hauptprüfung bestimmten Zeitraums vorzunehmen und ist vom Prüfungsumfang reduziert. Sie umfasst Sicht- und einfache Funktionsprüfungen sicherheitstechnischer Einrichtungen sowie die Prüfung ausgewählter sicherheitsrelevanter Bauteile. Wegen des unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkts und Prüfkatalogs unterscheidet sich die Tatbegehung in Tatzeit und Tatbild. Ein einheitlicher Lebensvorgang, der Voraussetzung für die Annahme einer einheitlichen prozessualen Tat im Sinne von § 264 StPO wäre, ist somit zu verneinen.

Verjährung

Das Überschreiten der Zwischen- und Hauptprüfungsfrist nach § 16 Abs. 1  BetrSichV i.V.m. Anhang II Nr.  4.1 und 4.3 stellt mit dem OLG – vergleichbar der Überschreitung der Anmeldefrist für die Kfz-Hauptuntersuchung nach § 29 Abs. 1 S. 1 StVZO, § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO, § 24 StVG – eine Dauerordnungswidrigkeit durch Unterlassen dar.

Bei Dauerordnungswidrigkeiten beginnt die nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich mit Beendigung des ordnungswidrigen Zustandes, also mit Vornahme der gebotenen Handlung. Etwas anderes muss aber mit dem OLG ausnahmsweise für die Zwischenprüfung gelten: Deren Vornahme macht mit Fälligkeit der Hauptprüfung keinen Sinn mehr, da der Aufzug ab dann einer viel umfassenderen Prüfung zu unterziehen ist. Abweichend von dem oben geschilderten Grundsatz tritt Beendigung beim Verstoß gegen das Gebot, eine Zwischenprüfung vornehmen zu lassen, spätestens mit Fälligkeit der Hauptprüfung ein, so dass in diesem Zeitpunkt die Verfolgungsverjährung beginnt.

Ausgehend von diesem Maßstab beginnt mit der vorliegenden Entscheidung die Verfolgungsverjährung daher in Bezug auf die Zwischenprüfung bereits mit Fälligkeit der Hauptprüfung!

Delegation der Pflicht

In diesem Fall hatte der die Verpflichtung auch nicht wirksam delegiert, womit das OLG einige Zeilen zu dem Thema schreiben konnte:

  • Selbst wenn einer bestellten Sicherheitsfachkraft die Aufgaben des § 6 ASiG übertragen werden, findet sich im Aufgabenkatalog des § 6 ASiG als Aufgabe der Sicherheitsfachkraft neben beratenden und beobachtenden Aufgaben zwar konkret die sicherheitstechnische Prüfung von Betriebsanlagen (§ 6 S. 2 Nr. 2 ASiG). Hiermit ist indes nicht die Hauptprüfung nach § 16 Abs. 2 BetrSichV i.V.m. Anhang 2 Abschnitt 4.1 gemeint, da diese durch eine zertifizierte Überwachungsstelle durchzuführen ist!
  • Zudem ist daran zu erinnern, dass allein eine schriftliche Verpflichtung eines sorgfältig ausgewählten und mit den notwendigen Weisungen versehenen Beauftragten nicht ausreichend ist: Vielmehr hat der Delegierende durch gelegentliche – auch überraschende – Stichproben sicherzustellen, dass die übertragenen Aufgaben auch erfüllt werden.
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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