Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen grundsätzliches zur Strafzumessung im Betäubungsmittelstrafrecht geäußert und dem Wunsch, bei kleinen Mengen hohe Strafen auszuwerfen, einen Riegel vorgeschoben.
So führte der BGH (2 StR 626/13) aus:
Das Landgericht hat für den Besitz von 0,5 Gramm Marihuana eine Frei- heitsstrafe von drei Monaten verhängt und deren Vollstreckung nicht zur Be- währung ausgesetzt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist und unter Bewährung stand, bleibt die Strafkammer den Nachweis schuldig, dass diese Strafe noch einen gerechten Schuldausgleich für das begangene Tatunrecht darstellt. Bewegt sich ein Konsumentenfall, um den es hier augenscheinlich geht, im untersten Bereich der geringen Menge, sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 90, 145, 188 ff.) besonders zu beachten. Bei einem derartigen Bagatelldelikt mag zwar die Ab- lehnung eines Absehens von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG hinzunehmen sein, wenn der Angeklagte wie hier ca. neun Monate zuvor wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
Die Verhängung einer nicht zur Bewährung ausgesetzten kurzfristigen Freiheitsstrafe steht aber in keinem angemessenen Verhältnis zu dem abgeurteilten Tatun- recht (vgl. Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 13, Rn. 74), wenn nicht besondere Umstände gerade auch die Anordnung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unter sechs Monaten, die eingehend auch unter Berücksichtigung des § 47 StGB zu begründen wäre, rechtfertigen (Patzak, a.a.O., Rn. 75). Solche Umstände aber hat das Landgericht nicht dargetan. Dass der Angeklagte „dreist und unbelehrbar“ (UA S. 30) sein soll, wird von den kargen Feststellungen zur abgeurteilten Tat nicht belegt. Allein der (erneute) Verstoß gegen Vorschriften des BtMG neun Monate nach einer Verurteilung, der sich offensichtlich in dem Eigenkonsum geringer Mengen (die auf dem Wohnzimmertisch aufgefunden wurden) erschöpft, rechtfertigt diese moralisierende Einschätzung des Landgerichts nicht. Zusätzliche Gesichtspunkte, die diese Wertung tragen könnten, hat das Landgericht nicht vorgebracht. Soweit es anführt, der Angeklagte sei auch nicht dadurch entlastet, dass er, wie es sonst oft der Fall sei, drogenabhängig gewesen wäre und es sich nicht um einen geringfügigen Rückfall gehandelt habe, stellt dies keinen strafschärfenden Umstand dar. Vielmehr lassen diese Formulierungen besorgen, das Landgericht habe das Fehlen strafmildernder Umstände nachteilig zu Lasten des An- geklagten gewichtet.
Weiterhin führt der BGH (2 StR 300/14) unter Bezugnahme auf obige Entscheidung aus:
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die zu verhängenden Strafen einen gerechten Schuldausgleich für die begangene Tat darstellen müssen und insoweit eine Freiheitsstrafe von einem Jahr in keinem Verhältnis mehr für das durch geringe Handelsmengen (von zum Teil lediglich 3 Gramm Marihuana) bei einer Wirkstoffkonzentration von nur 2 % THC ge- prägte Tatunrecht steht (vgl. BGH, StV 2014, 611).
- Lesetipp: Wie der Data Act die Zukunft der Robotik revolutioniert - 4. Oktober 2024
- CSRD-Umsetzung: Was Unternehmer jetzt wissen müssen - 4. Oktober 2024
- Internationaler Schlag gegen Glasaal-Schmuggel - 4. Oktober 2024