Branchenbuch-Abzocke: BGH zur Täuschung durch „Angebotsschreiben“

Der Bundesgerichtshof vertritt beim Thema Branchenbücher die Auffassung, dass der hektische Alltag eines Kaufmanns zu berücksichtigen ist.

Der (I ZR 157/10, „ Berg“) hat dem Bereich der „Branchenbuch-Abzocke“ einen empfindlichen Dämpfer verpasst: Der BGH hat wohl mit der Argumentation des Landgerichts Düsseldorf (38 O 148/10, hier besprochen) keine Probleme, wenn man bei der Frage, ob eine Täuschung durch ein Branchenbuch-Formular vorliegt, berücksichtigen will, dass die angeschriebenen Unternehmer im typischen Büroalltag nur wenig Zeit haben und hier mit Fehlern kalkuliert wird.

Insofern kann auch dann, wenn (zumindest beiläufig) irgendwo am Rand oder im „Kleingedruckten“ auf tatsächlich entstehende Kosten hingewiesen wird, eine Verschleierung der Preisangaben im wettbewerbsrechtlichen Sinn vorliegen. Unter Rückgriff auf diese Argumentation sollte eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung nicht fernliegend sein.

Beachten Sie dazu auch bei uns: Abzocke nach Handelsregistereintrag – Übersicht

Wer eine arglistige Täuschung annimmt, darf nicht verkennen, dass diese nach §123 I BGB ein Anfechtungsrecht begründen mag – nicht jedoch eine Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat! Wer also die Sache einfach nur Aussitzen möchte, verspielt hier ggfs. Abwehrmöglichkeiten, da zur Erklärung der Anfechtung eine 1-jährige Frist besteht (§124 I BGB).

Der Bundesgerichtshof stellt dabei nochmals klar, dass es nicht ausreichend sein kann, ein Entgelt irgendwo formal zu erwähnen. Bei der Frage, ob eine Täuschung vorliegt, ist immer auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei ein „planmäßiges und systematisches Ausnutzen der Unaufmerksamkeit der Adressaten des Anschreibens“ ausreichend ist. Entscheidungen, wie die des AG Köln (Amtsgerichts Köln, 114 C 128/11) oder des AG Münster (hier besprochen) dürften angesichts derart klarer Worte des BGH ein kaum mehr vorhandene Relevanz besitzen.

Dabei hat der Bundesgerichtshof später ausdrücklich klar gestellt, dass ohnehin nicht zwingend mit einer Kostenpflicht gerechnet werden muss, weswegen das Verstecken von Kosten in AGB grundsätzlich unwirksam sein dürfte, mehr dazu hier bei uns.

Hinweis: Ich vertrete zahlreiche Betroffene in entsprechenden Angelegenheiten – lassen Sie sich nicht einschüchtern! Wehren Sie sich, auf unserer Informationsseite finden Sie weitere Hinweise zum Thema Anzeigenrecht und Branchenbücher.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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