Kündigungserklärung per Geschäftsbrief: Mit Urteil vom 18. März 2025 (Az. II ZR 77/24) hat der Bundesgerichtshof eine grundsätzliche Entscheidung zur Auslegung von Kündigungserklärungen in GmbH-Verhältnissen getroffen – und dabei klargestellt, welche rechtlichen Anforderungen an die Vertretung einer Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer bei der Abgabe einseitiger Willenserklärungen zu stellen sind. Der Fall betraf die Frage, ob ein auf dem Briefpapier der Gesellschaft abgegebenes Schreiben, in dem eine fristlose Kündigung erklärt wurde, zugleich eine Erklärung des Geschäftsführers im Namen der Gesellschaft darstellt – obwohl dies nicht ausdrücklich so gekennzeichnet war.
Der rechtliche Kontext
Im Streit stand die Wirksamkeit einer Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags eines Mitgesellschafters. Die Satzung der GmbH sah ausdrücklich vor, dass eine solche Kündigung nur durch gleichzeitige Mitwirkung der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung erfolgen könne. Die Kündigung wurde durch einen Gesellschafter erklärt, der zugleich auch Geschäftsführer war – allerdings unter Verweis auf einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafter und ohne eine klare Bezeichnung seiner Funktion im Schreiben selbst. Die Vorinstanzen hielten das nicht für ausreichend und sahen die Kündigung deshalb als unwirksam an.
Die Sicht des Bundesgerichtshofs
Der BGH widerspricht dieser formalistischen Sichtweise und hebt die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf. Aus Sicht des Senats ist entscheidend, wie ein Erklärungsempfänger ein auf dem Briefpapier der Gesellschaft verfasstes Schreiben objektiv verstehen darf – insbesondere wenn dieses von einer Person unterzeichnet ist, die auf dem Briefkopf als Geschäftsführer bezeichnet wird. Der objektive Erklärungswert einer solchen Konstellation sei regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Unterzeichner in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer handelt – selbst wenn der Zusatz “Geschäftsführer” nicht neben der Unterschrift erscheint.
Der BGH beruft sich hierbei auf die allgemeingültigen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Danach ist nicht allein der Wortlaut einer Erklärung maßgeblich, sondern auch ihr Gesamtzusammenhang, die äußeren Umstände und der erkennbar verfolgte Zweck. Ein auf dem offiziellen Geschäftsbrief einer GmbH erklärter Kündigungswille, ausgesprochen durch eine dort explizit als Geschäftsführer benannte Person, ist demnach grundsätzlich als Erklärung im Namen der Gesellschaft zu werten. Nur wenn konkrete Umstände vorliegen, die dies ausschließen, könne etwas anderes gelten – solche Umstände waren hier jedoch nicht festgestellt.
Darüber hinaus verweist der BGH auf die praktische Lebenserfahrung, wonach geschäftsleitende Erklärungen auf dem offiziellen Briefpapier einer Kapitalgesellschaft regelmäßig in gesellschaftlicher Vertretung abgegeben werden. Die Tatsache, dass das Schreiben neben der Kündigung auch ein Hausverbot enthielt – eine Maßnahme, die typischerweise der Geschäftsführung obliegt – stützte die Annahme zusätzlich, dass das Schreiben nicht bloß im Namen der Gesellschafter, sondern auch durch den Geschäftsführer der Gesellschaft verfasst wurde.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für den Umgang mit geschäftsleitenden Erklärungen innerhalb von Gesellschaften, insbesondere in Situationen, in denen eine Person sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer ist. Sie verhindert, dass formale Unklarheiten bei der Unterzeichnung von Geschäftsbriefen unnötige Zweifel an der Wirksamkeit rechtserheblicher Erklärungen aufwerfen. Auch für die Praxis der gerichtlichen Kündigungsstreitigkeiten bedeutet das Urteil eine klarere Linie: Wer als Geschäftsführer auf offiziellem Papier handelt, erklärt in aller Regel auch im Namen der Gesellschaft – es sei denn, er erklärt ausdrücklich etwas anderes.
Fazit
Die Kernaussage des Urteils liegt in der – letztlich wenig überraschenden – Klarstellung, dass der äußere Anschein geschäftlicher Vertretung auf offiziellem Gesellschaftspapier regelmäßig für eine rechtswirksame Erklärung im Namen der Gesellschaft spricht – selbst wenn der Vertretungswille nicht ausdrücklich in der Unterschrift bezeichnet ist. Der Bundesgerichtshof stellt damit den pragmatischen und rechtsverkehrsschützenden Ansatz in den Vordergrund und betont, dass Rechtssicherheit im Gesellschaftsrecht nicht an unnötiger Förmelei scheitern darf. Ein Urteil mit erheblicher Wirkung für die rechtssichere Gestaltung von Kündigungen und anderen einseitigen Erklärungen in GmbH-Strukturen.
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