Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2024 (Az. 2 StR 453/23) die Rechtslage zur Untreue und dem Umgang mit Schmiergeldzahlungen im geschäftlichen Verkehr präzisiert. Im Kern ging es um die Frage, ob die Zahlung von Schmiergeldern im Rahmen von Geschäftsbeziehungen auch eine strafbare Untreue nach § 266 StGB darstellt.
Sachverhalt
Der Angeklagte war Leiter der Abteilung Technik einer Wohnungsgenossenschaft in Bonn und für die Vergabe von Aufträgen an Handwerksbetriebe zuständig. Zwischen 2011 und 2014 erhielt er Schmiergelder in Höhe von mindestens 143.298 Euro vom Geschäftsführer der R GmbH (Rö.), die er im Gegenzug bevorzugt mit Aufträgen bedachte. Diese Einkünfte verschwieg er dem Finanzamt. Die Schmiergeldzahlungen führten zu einer deutlichen Erhöhung des Auftragsvolumens für die R GmbH bei der Wohnungsgenossenschaft.
Das Landgericht Bonn verurteilte den Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB), verneinte aber eine Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 StGB), da keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen Vermögensnachteil der Genossenschaft durch die Schmiergeldzahlungen vorlagen.
Rechtliche Würdigung
- Schmiergelder und Untreue (§ 266 StGB):
Der BGH hob hervor, dass bei der Vereinbarung von Schmiergeldern regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vorliegt. Die Argumentation beruht auf der Überlegung, dass mindestens der Betrag, der für Schmiergelder ausgegeben wurde, auch als Preisnachlass hätte gewährt werden können. Ein Nachteil entsteht insbesondere, wenn die Schmiergeldzahlungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn einfließen. Hier hätte der Vertragspartner, der die Schmiergelder zahlt, möglicherweise die Leistung auch zu einem günstigeren Preis angeboten, wenn keine Schmiergelder geflossen wären. - Kritik an der Entscheidung des Landgerichts:
Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass keine überhöhten Preise vereinbart wurden, die den Wert der Gegenleistung überstiegen. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft unterlassen, festzustellen, ob die Aufträge auch zu einem niedrigeren Preis hätten vergeben werden können. Diese Unterlassung führte zur Aufhebung des Urteils durch den BGH, da die Möglichkeit bestand, dass die Genossenschaft durch die Schmiergeldzahlungen einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten hat. - Begründung der Aufhebung durch den BGH:
Der BGH entschied, dass die fehlenden Feststellungen zur Frage der Vermögensschädigung durch überhöhte Preise oder entgangene Preisnachlässe das Urteil beeinflussten und daher aufzuheben waren. Das Gericht führte weiter aus, dass die getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht ausreichend waren, um eine Strafbarkeit wegen Untreue auszuschließen.
Fazit
Der BGH hat klargestellt, dass Schmiergeldzahlungen im geschäftlichen Verkehr häufig nicht nur eine Bestechlichkeit, sondern auch eine Untreue darstellen können, wenn sie zu einem Nachteil für den Geschäftsherrn führen. Die Entscheidung verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Beweisführung und die Feststellung eines wirtschaftlichen Nachteils im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen.
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