Das Oberlandesgericht Hamm, 4 RVs 55/20, hat hinsichtlich der Frage der Bewährungsprognose bei Erstverbüßer in anderer Sache geäussert und klargestellt:
Der von der Strafhaft ausgehende Warneffekt lässt bei einem Erstverbüßer allgemein erwarten, dass das der bloßen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht vergleichbare Erlebnis von deren Vollstreckung seine Wirkung nicht verfehlt und den Täter befähigt, künftigen Tatanreizen zu widerstehen. Diese (widerlegbare) Vermutung greift regelmäßig nur dann, wenn die Führung während des Vollzugs keinen Anlass zu gewichtigen Beanstandungen gegeben hat.
Weiter führte das OLG aus:
Anders als bei der Strafzumessung berücksichtigt das Landgericht hier nicht, dass der Angeklagte seit nunmehr nahezu fünf Jahren strafrechtlich nicht mehr erneut in Erscheinung getreten ist. Es berücksichtigt vor allem nicht, dass der Angeklagte nunmehr erstmals eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe (ein Jahr und sechs Monate abzüglich des nach § 35 BtMG anzurechnenden Teils) in anderer Sache verbüßt und welche Wirkungen die Vollstreckung dieser Strafe auf die Prognose hat. Der von der Strafhaft ausgehende Warneffekt lässt bei einem Erstverbüßer allgemein erwarten, dass das der bloßen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht vergleichbare Erlebnis von deren Vollstreckung seine Wirkung nicht verfehlt und den Täter befähigt, künftigen Tatanreizen zu widerstehen (KG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2019 – (3) 161 Ss 20/19 (11/19) –, Rn. 4 – 5, juris; vgl. auch: BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 – 2 StR 210/12 – juris; BGH, Beschluss vom 21. März 2012 – 1 StR 100/12 – juris). Diese (widerlegbare) Vermutung greift zwar regelmäßig nur dann, wenn die Führung während des Vollzugs keinen Anlass zu gewichtigen Beanstandungen gegeben hat (OLG Hamm, Beschluss vom 10. März 2020 – 3 Ws 66/20 –, Rn. 14, juris). Der Umstand, dass der Angeklagte offenbar aus dem offenen in den geschlossenen Vollzug verlegt wurde, könnte deshalb dafür sprechen, dass die Strafvollstreckung ihre Wirkung noch nicht erzielt hat. Hintergründe dazu teilt das angefochtene Urteil aber nicht mit.
Oberlandesgericht Hamm, 4 RVs 55/20