Betäubungsmittelstrafrecht: Nicht geringe Menge Khat (Cathinon)

Der (4 StR 59/04) hatte sich 2004 mit der hier immer noch nicht allzu verbreiteten Droge „“ (Wirkstoff: Cathinon) beschäftigt und entschieden, dass bei Khat-Pflanzen die „“ bei einem Wirkstoffgehalt von 30 g Cathinon beginnt. Hintergrund sind die Besonderheiten des Khat, die der Bundesgerichtshof sehr differenziert betrachtet.

Zum Khat muss man folgendes mit dem BGH wissen:

Khat (botanischer Name catha edulis) ist ein Strauchgewächs, das ursprünglich aus Äthiopien stammt und sich von dort bis Südafrika sowie in den arabischen Raum verbreitet hat. Die Blätter des Strauchs enthalten als natürli- che Alkaloide (sog. Kathamine) die das Zentralnervensystem anregenden Wirkstoffe Cathinon und Cathin. Dabei ist Cathinon in seinen pharmakologisch-toxikologischen Eigenschaften am ehesten mit dem vergleichbar. Cathinon übt – dem Amphetamin ähnlich – überwiegend zentrale, das Nerven- system beeinflussende, jedoch auch periphere, auf Herz- und Kreislaufsystem gerichtete Wirkungen aus. Objektiv manifestiert sich die Wirkung allgemein als Zustand leichter Euphorie, die durch Rededrang und Hyperaktivität gekenn- zeichnet ist. […]

In islamischen Kulturen, vor allem in Ostafrika und im arabischen Raum, wird Khat traditionell als Teil des religiösen und gesellschaftlichen konsumiert […]

Der Konsum, der die Kommunikationsfähigkeit steigern und die Phantasie und Vorstellungskraft anregen soll, findet regelmäßig im Rahmen sog. Khat- Sitzungen in Gruppen statt. Im Lauf einer Sitzung, die drei bis sechs Stunden und länger dauern kann, werden pro Person 1 bis 2 Khat-Bündel (ca. 100 bis 200 g Blattmasse) verbraucht. Dabei werden entweder die jungen Blätter der Pflanze abgezupft oder bei jungen Schossen die Rinde oder die ganzen Triebspitzen abgestreift, in den Mund geschoben und kurz angekaut; das angekaute Drogenmaterial wird gut eingespeichelt und für die weitere Extraktion in eine Backentasche geschoben (für den Khatkonsum typische „Hamsterbacke“). In den traditionellen Konsumländern wird Khat fast ausschließlich als Frischdroge konsumiert; eine Bevorratung erfolgt daher grundsätzlich nicht. […]

Der Wirkstoffgehalt der Khat-Blätter schwankt je nach Herkunft, Anbau- gebiet und Qualität erheblich. Hinzukommt die chemische Instabilität des Cathinon, das durch enzymatische Reduktion beim Welken, Trocknen, Lagern oder unsachgemäßes Verarbeiten innerhalb weniger Tage fast vollständig zu dem etwa achtmal schwächeren Cathin bzw. Ephedrin umgewandelt wird. Dies erweist sich auch im vorliegenden Fall, in dem ein Wirkstoffanteil von durch- schnittlich nur noch 0,006 Gewichtsprozent gemessen wurde […]

Diese Besonderheiten, gerade die Tatsache, dass kein konzentrierter, sondern nur ein auf lange Dauer gerichteter Konsum vorhanden ist, bei extrem niedrigem Wirkstoff-Anteil, führte dazu, dass man eine gefühlt sehr hohe Menge als nicht geringe Menge klassifiziert.

Übersicht: Beachten Sie auch unsere Übersicht zum Thema „nicht geringe Menge“!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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