Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Verfahren StB 7-9/22 betrifft die Auslegung und Anwendung des § 108e StGB, der die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern regelt. Die Entscheidung des BGH klärt insbesondere, welche Handlungen eines Abgeordneten unter die Tatbestandsmerkmale „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ fallen. Dieser Beitrag beleuchtet die wesentlichen rechtlichen Aspekte dieser Entscheidung und ihre Implikationen.
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Fall wurde mehreren Abgeordneten vorgeworfen, sich in ihrer Funktion als Mandatsträger bestechen zu lassen, indem sie gegen Zahlung eines Geldbetrags Einfluss auf Entscheidungen von Behörden nahmen. Die Abgeordneten sollen ihre Stellung und die durch ihr Amt geknüpften Beziehungen genutzt haben, um Entscheidungen zugunsten eines privaten Unternehmens zu beeinflussen. Die Vorinstanzen hatten Haft- oder Arrestanordnungen gegen die Beschuldigten abgelehnt.
Rechtliche Analyse
Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandates“
Der BGH stellt klar, dass das Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ eng auszulegen ist. Dieses Merkmal erfasst die Mandatstätigkeit als solche, d.h., das Wirken des Abgeordneten im Parlament, in den Ausschüssen oder anderen parlamentarischen Gremien.
Außerparlamentarische Tätigkeiten
Die Entscheidung betont, dass allein die Berufung eines Abgeordneten auf seinen Status zur Beeinflussung von Behördenentscheidungen bei außerparlamentarischen Aktivitäten nicht ausreicht, um eine Strafbarkeit nach § 108e StGB zu begründen. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit bestehen.
Unterschied zu Amtsträgern
Ein wichtiger Unterschied zu den Vorschriften, die die Bestechung von Amtsträgern betreffen, ist die fehlende genau umgrenzte Dienstpflicht bei Mandatsträgern. Während Amtsträger konkrete Dienstpflichten haben, für deren Verletzung sie Vorteile fordern oder annehmen können, fehlt eine solche Regelung für Abgeordnete. Diese vertreten legitime Partikularinteressen und haben keine positiv festgelegten Dienstpflichten.
Schutzgut des § 108e StGB
Das Schutzgut des § 108e StGB wird überwiegend in der Sicherung der Sachbezogenheit und Legitimität politischer Entscheidungsprozesse gesehen. Die Norm soll die Integrität des parlamentarischen Meinungsbildungsprozesses vor unlauteren Manipulationen schützen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Mandatsinhaber bewahren.
Vergleich mit außerstrafrechtlichen Verhaltensregeln
Die Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB wird von den außerstrafrechtlichen Verhaltensregeln im Abgeordnetengesetz ergänzt. Diese gehen jedoch weiter als die Strafnorm und sehen disziplinarrechtliche Sanktionen vor, wenn gegen Verhaltensregeln verstoßen wird. Die Strafnorm soll hingegen die strafrechtliche Flankierung der Verfassungsnorm sicherstellen.
Ausblick
Die Entscheidung des BGH zu § 108e StGB konkretisiert die Anforderungen an die Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Entscheidend ist, dass die unlautere Einflussnahme in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit steht.
Damit wird klargestellt, dass außerparlamentarische Tätigkeiten, die nur auf die Stellung und Beziehungen eines Abgeordneten zurückgreifen, nicht ausreichen, um eine Strafbarkeit nach § 108e StGB zu begründen. Diese enge Auslegung dient dem Schutz der Integrität des parlamentarischen Prozesses und der Unabhängigkeit der Mandatsträger.
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