Der Bundesgerichtshof (1 StR 247/20) hat in einer durchaus beachtlichen Entscheidung am Rande die Frage des Besitzes von Betäubungsmitteln „aufgeweicht“. Bisher ist die Rechtsprechung hier recht rigide, nunmehr führt der BGH neben altbekannten Ausführungen aus:
Besitz im Sinne der § 29a Abs. 1 Nr. 2 Variante 4, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG setzt ein tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und einen Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (…). Allein eine ʺfreie Zugänglichkeitʺ des Rauschgifts genügt nicht (…)
Da der Angeklagte lediglich zwecks Eigenkonsums sich am Cannabisvorrat bedienen wollte, musste er dafür B. s Verfügungsgewalt nicht in Frage stellen. Solange B. den – nicht übermäßigen – Mitkonsum des Lebensgefährten seiner Gehilfin duldete, musste der Angeklagte keinen Besitzwillen entwickeln. Unter diesen Umständen begründet der bloße Eigenkonsum an ʺOrt und Stelleʺ noch keinen Besitz.
Der letzte Teilsatz ist in der Tat neu und wäre bisher durch Instanzgerichte wohl (wie hier!) anders beurteilt worden. Der Bundesgerichtshof öffnet zumindest die Türe nun dahingehend, dass die schlicht zum (straflosen) Konsum notwendige Besitzbegründung nicht immer ein Besitz im Sinne des BtMG sein muss. Das bietet Verteidigungspotential, hängt aber stark an den Gegebenheiten des Einzelfalls.
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